Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Fettnaepfchenfuehrer Italien

Fettnaepfchenfuehrer Italien

Titel: Fettnaepfchenfuehrer Italien
Autoren: Sandro Mattioli
Vom Netzwerk:
her kommt es nicht an
    Paul Weiss hatte sich gegen die Pajata und für Spaghetti Cacio e pepe entschieden, auch ein typisch römisches Gericht. Franziska bestellte Fettucine mit einer Sauce aus frischen Tomaten. Die Portionen waren hier nicht so groß wie in dem Lokal in San Giovanni, dafür hübsch drapiert. Da sie aber eh das ganze Programm essen würden, spielte die Größe des Primo keine große Rolle.

    Just als das Secondo aufgetragen wurde, klingelte Paul Weiss‘ Telefon. Er hatte vergessen, es stumm zu schalten, doch der Klingelton war nicht allzu laut, also ließ er es läuten. Er hielt es für unhöflich, während des Essens zu telefonieren. Und es war auch gut, denn gerade, als das Klingeln verstummte, kam Jacopo Trombetta mit einem freudigen Strahlen im Gesicht zur Tür herein und schnurstracks auf den Tisch zu, an dem die Vier saßen. Franziska und Paul Weiss schauten sich verwundert an.
    »Siehst Du, ich hab‘s doch gesagt, das legt sich schnell wieder bei ihm«, sagte Stefano Lo Mele. Tania wollte wissen, was er damit meinte, doch Stefano gab ihr zu verstehen, dass sie jetzt besser nicht länger nachfragen sollte.
    »Guten Abend«, sagte Trombetta und begrüßte alle mit Handschlag. Vor Tania verbeugte er sich leicht, so gut es sein Körperbau zuließ. »Ah, Sie sind also das Töchterchen von Paul Weiss!« sagte er zu Franziska und gab ihr die Hand.
    »Die bin ich, ja«, antwortete Franziska auf Italienisch.
    »Angenehm.«
    Trombetta rief in recht hoher Lautstärke und mit seiner recht hohen Stimme einem vorbei eilenden Ober zu, er möge ihm doch bitte einen Stuhl an den Tisch bringen.
    »Wird gemacht«, sagte der Ober.
    Kurze Zeit später saß Trombetta. Er schaute demonstrativ in die Runde, damit auch alle merkten, dass er eine Neuigkeit mitbrachte. Franziska, die sich eben noch mit Tania unterhalten hatte, verstummte.
    »Ich habe soeben noch einen großen Auftrag bekommen«, sagte Trombetta schließlich begeistert. »Meine Herren, wir schauen in eine positive Zukunft.«
    »Das ist schön«, sagten Stefano Lo Mele und Paul Weiss quasi unisono.
    Trombetta saß da, hielt die Hände vor der Brust verschränkt, wie er es oft tat, blickte Weiss mit einem durchdringenden Blick an und sagte schließlich: »Herr Weiss, ich habe über ihre Kritik nachgedacht. Sie haben recht, es muss sich wirklich etwas ändern im Betrieb.«
    Paul Weiss konnte nicht verhindern, dass ein leichtes Grinsen der Zufriedenheit und der Erleichterung über sein Gesicht huschte.
    Trombetta hob den Zeigefinger und schwenkte ihn, wie man es tut, wenn man kleine Kinder ermahnt.
    »Aber das nächste Mal besprechen wir Probleme erst einmal unter uns, okay?«
    »Geht klar«, sagte Paul Weiss. »So es noch mal Probleme geben sollte!« Dann brach er in Lachen aus.
    »Da wird meine Belegschaft schon dafür sorgen«, sagte Trombetta.
    »Wir?« fragte Stefano Lo Mele. »Das wäre das erste Mal!« Dann musste auch er lachen.

    Am Ende, als das Essen vorbei war, ließ Trombetta die Rechnung kommen und zeigte, dass die Kritik an ihm doch eine kleine Spur hinterlassen hatte: Er rechnete schnell aus, wie viel pro Kopf zu zahlen wäre und legte den entsprechenden Betrag in die Mappe.
    Was ist diesmal schief gelaufen?
    Herr Weiss hätte den Anruf ruhig entgegen nehmen können. Telefonieren im Restaurant ist in Italien durchaus erlaubt. Freilich schadet es auch nicht, das Telefon einfach klingeln zu lassen, gibt das doch den Menschen am Tisch das Gefühl, wichtiger als der Anruf zu sein. Wie schon gesagt, Italiener mögen demonstratives Verhalten.
    Im Kino kann das zuweilen stören, doch Italiener haben wenig Hemmungen, auch an Orten zu telefonieren, wo andere sich dafür schämen würden: in Universitäts-Vorlesungen unter der Bank, beim romantischen Abendessen mit dem Freund oder der Freundin oder im Kino, während andere den Film sehen wollen. Im Kino allerdings ist es durchaus legitim, sich dann zu beschweren, wenn jemand zu laut oder zu ausdauernd telefoniert. SMS hingegen sind zu dulden.
    Zuguterletzt: Dass Jacopo Trombetta den Essenspreis auf die Anzahl der Mitesser umrechnet, ohne zu berücksichtigen, wer was gegessen hat, ist in Italien ein übliches Verfahren. Man nennt das »Bezahlen a la romana« . Und damit wird auch klar: Selbst beim Geld hört die Freundschaft nicht auf, ist der Gruppenfaktor von großer Bedeutung.
    Was können Sie besser machen?
    Sie sehen, selbst wenn man etwas ordentlich daneben geht, es muss nicht immer ein Drama
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher