Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Fettnaepfchenfuehrer Italien

Fettnaepfchenfuehrer Italien

Titel: Fettnaepfchenfuehrer Italien
Autoren: Sandro Mattioli
Vom Netzwerk:
bitte«) oder »Mi scusa« bei Kindern, Jugendlichen und Freunden (»Entschuldige mich bitte«) geht es okay. Keinesfalls sollten Sie das deutsche »Entschuldigung« wörtlich übersetzen und das Substantiv »scusa« benutzen. Denn damit würden Sie zugleich alle, die Ihnen im Weg stehen, duzen. Und das ist nicht höflich, ja, es kann sogar als beleidigend empfunden werden.

Wie Paul Weiss sich als Tourist outet
    Essen im Stehen, nicht im Gehen
    Paul Weiss merkte erst jetzt, da er die spanische Treppe hinter sich gelassen hatte, dass er einen gewaltigen Hunger hatte. Es war immer so, wenn er aufgeregt war, schaltete sein Körper um auf Funktionieren. Dann spürte er keinen Hunger, musste nicht auf die Toilette und auch nichts trinken. Aber wenn dann die Aufregung geschwunden war, meldete sich sein Körper umso kräftiger zurück, dann musste er sofort etwas essen oder einen Liter Wasser trinken. Oder eben auf die Toilette.
    Was er eben noch doof fand, nämlich die große Auswahl der Pizza-al-taglio-Anbieter, kam ihm nun zugute: Gleich drei Sorten bestellte er für sich, alle zum Mitnehmen, er hatte keine Lust, sich hinzusetzen. Paul Weiss nahm zwei Servietten vom Stapel – Servietten musste man in Italien zu jedem Essen haben, das hatte er inzwischen gelernt – und ging aus dem Lokal.
    Die Pizza schmeckte wirklich lecker: Die Margherita schön saftig, die Kartoffelpizza war ziemlich gehaltvoll und dazu war der Käse genau richtig gebacken, nicht zu dunkel und nicht zu weich. Und selbst Pizza mit Sardellen und Kapern gab es vom Blech. Kurzzeitig überlagerte die Freude über das leckere Essen den Ärger über den Tag. Schon kurz vor der Fontana di Trevi, die nun wirklich nicht weit entfernt von der Spanischen Treppe liegt, war alles gegessen.
    Paul Weiss verweilte kurz vor dem Brunnen, dem größten Roms, und überlegte, ob er auch eine Münze hineinwerfen solle. Doch Geld wegzuwerfen, war ihm zuwider, und so ging er in Richtung seines Hotels ohne einen Zehn-Cent-Stück über seine Schulter ins Wasser geworfen zu haben.

    Dieser Brauch hat eine weit zurückreichende Geschichte: Es heißt, man kehre in die Ewige Stadt zurück, wenn man eine Münze über seine Schulter in das Becken des Brunnens schleudert. Seine Wurzel hat dieser Brauch vermutlich in Opfergaben, die man früher in heilige Brunnen geworfen hat. In Rom kommen so pro Jahr rund 600.000 Euro zusammen, die die Kommune an die Wohltätigkeitsorganisation Caritas weiterreicht, aber auch ab und an ein Gebiss. Früher gab es auch private Geldeinsammler, die sogar in einer Protestaktion gegen das Vorgehen der Stadtverwaltung gegen sie Touristen mit Geld bewarfen.
    Berühmt wurde die Fontana di Trevi in aller Welt mit einer Szene von Federico Fellinis Film »La dolce Vita«. Die blonde Schwedin Anita Ekberg steigt darin in das Becken und nimmt ein Bad. In der Folgezeit wurde das Baden in römischen Brunnen bei Touristen so beliebt, dass die Stadtverwaltung drastische Strafen dafür verhängen musste: Bis zu 1.500 Euro kann so ein Bad kosten. Die Verwaltung hat auch gute Gründe dafür: So hat ein Tourist einer Pferdestatue, die Teil des berühmten Vier-Ströme-Brunnens auf der Piazza Navona ist, ein Stück des Fußes abgerissen. Am 9. Juli 2006 wurden in Rom aber viele, viele Augen von den Offiziellen zugedrückt: Italien war eben Fußball-Weltmeister geworden. In der Fontana di Trevi tobte daraufhin eine wilde Badeorgie, das Wasser färbte sich durch die Schminke der Fans der Squadra Azzurra tiefblau. Wenn es um Fußball geht, werden sämtliche Autoritäten in Italien nachlässig. So leuchteten alle Ampeln in Rom gelb-rot gleichzeitig und damit in den Vereinsfarben des Fußballclubs AS Roma. Die Roma – der traditionelle Gegenspieler der SS Lazio – war eben Meister geworden. Und ein Verkehrschaos hätte es auch mit funktionierenden Ampeln gegeben!

    Was ist diesmal schief gelaufen?
    Die Italiener halten es mit dem Essen wie mit dem Trinken: nie im Gehen, maximal im Stehen. Essen ist viel zu wichtig, als dass es im (Vorbei)gehen passieren könnte.
    Was können Sie besser machen?
    Achten Sie einmal darauf, wie viele Menschen in deutschen Städten im Gehen essen: Sie werden verblüfft sein, wie hoch die Quote ist! Und dann machen Sie die Probe: Essen Sie einmal im Gehen und einmal gemütlich im Sitzen. Was genießen Sie mehr? Was gibt Ihnen mehr das Gefühl, nicht nur Nahrung aufgenommen, sondern gegessen zu haben?
    Essen Sie also in Ihrem eigenen Interesse
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher