Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Fettnaepfchenfuehrer Italien

Fettnaepfchenfuehrer Italien

Titel: Fettnaepfchenfuehrer Italien
Autoren: Sandro Mattioli
Vom Netzwerk:
in Deinem Fall?«
    »Keine Ahnung. Wenn es aber ein ganz schlimmes Vergehen gewesen wäre, wäre er wohl noch auf der Stelle, auf der Konferenz explodiert, vermute ich.«
    »Es besteht also noch Hoffnung, dass sich die Wogen wieder glätten!« sagte Franziska und versuchte aufmunterungsvoll zu lächeln.
    »So ist es wohl«, sagte Paul Weiss ohne eine Regung in seinem Gesicht.
    »Sollen wir uns was zu trinken kaufen? Ich habe eben eine Menge Pizza gegessen und etwas Durst.« Paul Weiss deutete auf einen der mobilen Getränkestände an einer Straßenecke.
    Franziska nickte. »Aber lass uns besser zu einer Bar gehen oder einem Pizzaiolo , da ist es deutlich billiger.«
    »Geht klar. Pizzaiolo ist vermutlich so ein Laden, der Pizzastücke verkauft, oder?«
    »Genau genommen ist damit der Pizzabäcker selbst gemeint. Kommt im Endeffekt aber aufs Gleiche raus.«
    »Woher weißt Du denn das alles?«
    »Cristiano ist ein guter Lehrer.«
    Franziska blieb vor einer Modeboutique stehen und schaute in das Schaufenster. Ihr Vater stellte sich hinter sie. »Ein Freund von mir sagte immer, die beste Schule, um eine Sprache zu lernen, ist die horizontale«, sagte er.
    Franziska fing an zu grinsen, Paul Weiss sah es in der Spiegelung auf der Scheibe. »Solche Freunde hast Du!« sagte sie.
    »Naja, es war eher ein Bekannter«, antwortete ihr Vater.

    Schließlich kamen Franziska und ihr Papa mit reichlich Getränken beladen wieder dort an, wo sie vorher losgegangen waren: an der Kirche Santa Maria Maggiore. Inzwischen war die Sonne fast schon hinter der Häuserreihe neben dem Platz vor der Kirche verschwunden. Es war aber noch warm, weshalb sich die beiden mit ihren Flaschen auf die Kirchenstufen setzten.
    »Ich glaube, Du solltest einfach abwarten, wie sich die Lage entwickelt«, sagte Franziska zu ihrem Vater. »Und selbst wenn Trombetta künftig zickt: Was kann er Dir schon anhaben?«
    »Seine Belegschaft gegen mich aufhetzen beispielsweise.«
    »Ach, Du alter Schwarzmaler. Zur Not fragst Du einfach Stefano Lo Mele, was Du tun kannst, der scheint ja auf Deiner Seite zu stehen.«
    »Das sowieso.« Paul Weiss überlegte. »Komm doch morgen mit zum Essen, dann lernst Du ihn mal kennen!« sagte er schließlich.
    »Schauen wir mal. Ich habe noch nicht darüber nachgedacht, was ich morgen Abend mache. Weißt Du, in Erasmuskreisen läuft das alles ziemlich spontan ab.«
    »Aber jetzt erzähl doch mal von Cristiano! Was macht er, wie ist er, ist er Dein Freund?«
    »So einfach ist das alles nicht«, sagte Franziska und setzte zu einem langen Monolog an. Er sei nicht direkt ihr Freund, aber irgendwas sei schon zwischen ihnen, sagte sie. Dann berichtete sie, dass er Journalist sei, sogar ganz offiziell, er sei in das nationale Journalistenverzeichnis eingetragen. Sie erzählte, dass er recht sportlich sei und einmal die Woche joggen gehe, was für einen Italiener schon viel sei. Er könne ganz gut kochen, wohne leider in EUR, einem hässlichen Viertel, aber in einer netten WG.

    Journalisten
    Journalist zu sein ist in Italien ein sehr prestigeträchtiger Beruf, auch wenn Journalisten oft als parteiisch wahrgenommen werden – und es häufig auch sind. So beschwerte sich einmal ein Redakteur einer angesehenen Nachrichtenagentur darüber, dass ein Kollege von ihm von einem Politiker ins Bordell eingeladen werde. Das Motiv für seine Klage war aber nicht, dass er dessen Unabhängigkeit gefährdet sah, sondern dass er selbst bei den Einladungen stets übergangen wurde. Generell genießt das schöne (und ausschweifende) Reden in Italien einen hohen Stellenwert, sich gewählt ausdrücken zu können, gilt als wichtig. Daraus folgert auch, dass Experten in Italien in höherem Maße bedeutend sind und geachtet werden, als das in Deutschland der Fall ist. Natürlich wird – gerade etwa bei den Fußballexperten, die nach Spielen jede Szene zerlegen und bis ins letzte Detail ausdiskutieren – erhitzt darüber diskutiert, wer jetzt besser Bescheid weiß. Aber das ändert nichts daran, dass man grundsätzlich das Expertentum schätzt und damit letztlich auch Journalisten, die ebenfalls als Experten gelten. Journalist zu werden ist in Italien recht schwer. Man muss eine bestimmte Anzahl von Artikeln veröffentlicht haben und eine Prüfung ablegen, um in den »Albo«, das staatliche Journalistenregister, aufgenommen zu werden. Bekommt man anschließend eine Stelle mit einem richtigen Vertrag – es gibt in Italien natürlich immer Wege, Vorschriften zu
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher