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Fest der Fliegen

Fest der Fliegen

Titel: Fest der Fliegen
Autoren: Gerd Heidenreich
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mir selbst gesagt. Heute hörte ich, dass ein Vincent Menendez sich in der Gefängniszelle einer griechischen Polizeistation erhängt hat. Sie haben ihn also verhört. Und er hat sich selbst gerichtet. Was er von uns berichtet hat, kann niemand wissen. Erkennst du die Zeichen?« De Cupis verbarg sein Entsetzen. »Möge der Herr ihren Seelen gnädig sein.« Burton kniete in der Bank nieder. »Und den unsrigen. Virgo sacrata. Da mihi virtutem contra hostes tuos!« De Cupis betete: »Sancta Maria, Heilige Jungfrau, gib mir Macht über deine Feinde! Amen.« »Amen«, sagte Burton und fuhr in seinen Anweisungen fort. »Vier Namen, vier Adressen, vier Telefonnummern. Du lernst sie hier und jetzt auswendig. Nimm dir die ersten vier Perlen deines Rosenkranzes als Merkhilfen. Und wenn du sie mir fehlerfrei dreißig Mal in verschiedener Reihenfolge nennst, weiß ich, dass du sie in dir trägst. Derjenige, der in meinen Briefen als mein Nachfolger steht, wird dich nach einem fünften Namen fragen, den ich dir jetzt nenne. Nur dem Nachfolger darfst du ihn weitergeben. Es ist ein Name, den du nicht unter Schmerzen und nicht in Todesangst preisgeben darfst. Er ist der geheimste Name, Domenico. Der Name, von dem das Glück der Gottesmutter unter uns Menschen abhängen wird. Ihn merkst du dir als fünfte Perle deines Rosenkranzes. Ich nenne dir nur den Vornamen und seine Telefonnummer in Rom.« Carafa rückte von ihm ab. »Warum hast du mich gewählt? Ich bin vielleicht zu schwach für die Aufgabe, es gibt Legionäre, die würdiger sind!« Petrus Venerandus sah ihn lange stumm an. »Du, Domenico de Cupis, bist der auserwählte Bote. Der Erzengel Michael selbst hat es mir verkündet.«
    Der Mönch war die Treppe nicht mehr heraufgekommen. Martina hatte ein Glas klingen gehört und hoffte, dass der Kerl sich unten in der Küche betrank. Keine weiteren Stimmen. Allmählich schrumpfte der dumpfe Druck zwischen ihren Schläfen, der jeden klaren Gedanken verhindert hatte. Jemand zog die Watte hinter ihrer Stirn langsam wieder heraus. Ihr war die Gefahr bewusst, in der sie schwebte, aber sie fand keinen einsichtigen Grund, weshalb der Ire aus der Staff-Villa sie hierher verschleppt hatte. Er konnte nicht wissen, wie gut sie Gottfreunds Mühle seit ihrer Kindheit kannte. Was hatten sie mit ihr vor? Lösegeld? Bei den Matts gab es Wohlstand, keinen Reichtum. Warum zum Teufel Burton? Er hatte doch eigentlich gute Manieren. Hatte er sich unsterblich in sie verliebt? Sie lachte und freute sich über ihr Lachen. Das ging also wieder. Die Hände? Ein Kribbeln, das aus den Knochen zu kommen schien. Die Finger wachten auf und folgten dem Willen. Sie starrte auf die Pflasterstreifen mit dem Venenkatheter und brauchte ein paar Sekunden, bis sie begriff, dass sie von dieser Kanüle in Gefangenschaft gehalten wurde. Und dass durch den Kunststoffschlauch, der in der Ader steckte, irgendwann wieder ein Betäubungsmittel in ihr Blut eingeleitet werden würde. Ihr war kalt. Sie musste planen und handeln, bevor der Mönch zurückkam. Auf der linken Seite des Zimmers, wo die umlaufenden halbhohen Regale eine Lücke von etwa einem Meter aufwiesen, war in der mit Brettern verschalten Wand die Tür, die Johanna und sie als Kinder benutzt hatten, wenn sie vom Garten und vom Spielen mit den Tieren schnell heraufkommen wollten, weil Peter Gottfreund versprochen hatte, vorzulesen. Es gab dort eine hölzerne Außenstiege. Die Tür wurde innen von einem nageldünnen, rostigen Fallhaken zugehalten. Noch war an Weglaufen nicht zu denken. Die Beine schienen länger zu schlafen als die Arme. Immerhin konnte sie die Fußzehen einkrallen und strecken. Und sie hatte ein Gefühl in den Knien: Kälte, die bis tief in die Oberschenkel reichte. Sie fasste ihr Gesicht an: kalt. Ihr ganzer Kopf fühlte sich kalt an. Was hatten die Mönche ihr gespritzt? Sie löste die Heftpflasterstreifen und sah die bläuliche Verfärbung mit einem dunklen Punkt in der Mitte, wo die Plastikkanüle in ihrer Armvene verschwand. Sie griff nach dem verkapselten gelben Anschlusshahn und zog den Katheter heraus, der im herabhängenden Pflaster kleben blieb. Sie presste die Mullkompresse auf die Einstichstelle, wie sie es als Patientin bei Blutabnahmen gelernt hatte. Es kam wenig Blut und es drang nur durch die untere der beiden Kompressen. Dann legte Martina den Katheter außen auf die Haut ihres Arms, bedeckte ihn mit dem Mull und klebte die weißen Pflasterstreifen über den Halte-flügeln des
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