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Ferne Ufer

Titel: Ferne Ufer
Autoren: Diana Gabaldon
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Sicherheit. Der Mann, der uns gefunden hat, hat eine Viertelmeile südlich ein kleines Schiff an Land gehen sehen. Ein paar Leute sind losgezogen, um zu helfen und die Männer herzubringen.«
    Er nahm einen Schluck Wasser, spülte sich damit den Mund, ging zum Fenster und spuckte aus.
    »Ich habe Sand zwischen den Zähnen«, sagte er mit einer Grimasse, als er zurückkam, »in den Ohren und in der Nase. Zwischen den Pobacken wahrscheinlich auch.«
    Ich streckte den Arm aus und nahm seine Hand. Sie war schwielig und voller Blasen.
    »Wie lange waren wir im Wasser?« fragte ich, während ich zärtlich die Linien auf seiner Handfläche nachfuhr. Das kleine »C« auf seiner Daumenwurzel war kaum noch sichtbar, aber wie immer konnte ich es ertasten. »Wie lange hast du mich festgehalten?«
    »Solange es nötig war«, erwiderte er schlicht.
    Er lächelte vage und drückte meine Hand, obwohl seine sicher weh tat. Plötzlich wurde mir bewußt, daß ich keine Kleider trug, daß die Leinentücher weich und glatt auf meiner Haut lagen und daß sich unter dem dünnen Stoff meine Brustwarzen abzeichneten.
    »Was ist mit meinen Kleidern?«
    »Sie waren so schwer, daß sie dich in die Tiefe gezogen hätten. Soviel Kraft hatte ich nicht, und deshalb mußte ich sie zerreißen. Den Rest aufzubewahren hätte sich nicht gelohnt«, erklärte er.
    »Ich verstehe«, antwortete ich. »Aber was ist mit dir, Jamie? Wo ist dein Rock?«
    Er zuckte die Achseln und lächelte bedauernd. »Mit meinem Dolch auf dem Grund des Meeres, nehme ich an«, sagte er. Und mit den Bildern von Brianna und Willie.

    »O Jamie, das tut mir aber leid!« Ich nahm seine Hand und drückte sie. Um Fassung ringend, sah er zur Seite.
    »Ach«, sagte er leise. »Ich werde schon nicht vergessen, wie sie aussehen. Und wenn doch, dann gucke ich einfach in den Spiegel.« Ich lachte auf, doch es klang eher nach einem Schluchzen. Jamie schluckte schwer.
    Er sah an seinen zerrissenen Kniehosen hinunter. Dann schien ihm etwas einzufallen, und er griff in die Tasche.
    »Mit leeren Händen stehe ich aber nicht vor dir.« Er zog ein verschmitztes Gesicht. »Obwohl ich das hier gern gegen die Bilder eintauschen würde.«
    Als er die Hand öffnete, sah ich es zwischen den Blasen und Hautabschürfungen funkeln und glitzern. Edelsteine der ersten Ordnung, kunstvoll geschliffen, wie man sie für einen Zauber braucht. Ein Smaragd, ein Rubin - wohl männlich -, ein stolzer Opal von dem gleichen Türkisgrün wie das Meer, das ich durchs Fenster sah, ein goldener Stein, der das wie Honig schimmernde Sonnenlicht gefangen hatte, und einer von Geillis’ seltsam reinen schwarzen Kristallen.
    »Du hast den Adamant!« wunderte ich mich, während ich zärtlich darüberstrich. Er war kühl, obwohl Jamie ihn am Körper getragen hatte.
    »Ja.« Aber er sah nicht auf den Stein, sondern mit einem leichten Lächeln auf mich. »Was war es noch, was der Adamant einem zeigt? Die Freude, die in den Dingen liegt.«
    »So hieß es.« Ich hob die Hand an sein Gesicht und streichelte es sanft, so daß ich die festen Knochen und das warme Fleisch spürte - die größte Freude, die es gab auf der Welt.
    »Wir haben Ian«, sagte ich leise. »Und wir haben uns.«
    »Aye, das ist wahr.« Seine Augen wurden weich. Er ließ die Edelsteine auf den Tisch kullern und nahm meine Hände.
    Ich spürte, wie ich trotz der Erschöpfung, der Wunden und der Schmerzen in meinem Bein von einem tiefen Frieden umfangen wurde. Wir waren am Leben, in Sicherheit und beieinander, und sonst zählte kaum noch etwas - weder die Kleider noch ein gebrochener Unterschenkel. Das würde sich im Laufe der Zeit schon wieder richten lassen. Jetzt gab ich mich damit zufrieden, meinem Atem zu lauschen und Jamie anzusehen.

    So saßen wir schweigend da und betrachteten den blauen Himmel durch die von der Sonne beschienenen Vorhänge. Es konnten ebensogut zehn Minuten wie eine Stunde vergangen sein, als ich vor der Tür leise Schritte hörte und dann ein vorsichtiges Klopfen.
    »Herein«, rief Jamie. Er richtete sich auf, ohne meine Hand loszulassen.
    Die Tür öffnete sich, und eine Frau kam herein. Obwohl sie zur Begrüßung freundlich lächelte, konnte sie nicht verbergen, wie neugierig sie war.
    »Guten Morgen«, sagte sie ein wenig schüchtern. »Bitte entschuldigen Sie, daß ich mich nicht schon eher nach Ihren Wünschen erkundigt habe, aber ich war in der Stadt und habe gerade erst von Ihrem - von Ihrer Ankunft erfahren.«
    »Aber ich bitte
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