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Ferien mit Oma

Ferien mit Oma

Titel: Ferien mit Oma
Autoren: Ilse Kleberger
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beleidigende Anrede nicht.
    „Du, ich muß dir was erzählen“, sagte er wichtig.
    „Hab’ keine Zeit“, erwiderte Brigitte und drängte sich an ihm vorbei.
    „Also, hör doch mal, es ist was ganz Tolles.“
    „Hab’ keine Zeit“, wiederholte Brigitte. „Ich muß dem Einbrecher sein Frühstück bringen.“ Sie öffnete mit dem Ellenbogen die Tür zum Fremdenzimmer und schob sich mit dem Tablett hinein.
    Sie wußte also schon, was passiert war. Jan war enttäuscht. Er ging in die Küche, wo Oma gerade Waffeln backte. Sie schob ihm einen Teller mit dem goldbraunen Gebäck hin.
    „Tu dir Sirup drauf“, sagte sie.
    Jans Stimmung besserte sich wieder. Er setzte sich an den Küchentisch und begann, die Waffeln zu essen. Schließlich hatte er noch mehr Geschwister. Gleich nachher wollte er dem kleinen Peter von dem Einbrecher erzählen. Was würde der für Augen machen! „Wo ist Peter?“ fragte er.
    „Im Wagen“, antwortete Oma und kratzte den letzten Teig aus der Schüssel.
    Jan hörte auf zu kauen. „Wo?“ Oma zeigte mit dem Teiglöffel zum Fenster. „Im Zirkuswagen.“ Mit einem Satz war Jan am Fenster. Ja, dort auf dem Hof stand der Wagen, an der gleichen Stelle, wo sie ihn gestern nacht gelassen hatten. Jetzt, im hellen Tageslicht, konnte man ihn erst richtig betrachten. Er war leuchtend grün angestrichen, hatte zwei winzige Fenster mit weißen Gardinen und eine gelbe Tür, zu der eine kleine Treppe hinaufführte. Er sah lustig und gemütlich aus. Eben tat sich die Tür auf, und Heiner, Jans großer Bruder, kam heraus. Unter dem Arm hatte er einen Buschen Heu. Er ging die Treppe hinab, als wäre das gar nichts Besonderes, überquerte den Hof und verschwand im Stall. Jan ging langsam zu seinen Waffeln zurück.
    Obgleich sonst seine Lieblingsspeise, wollten sie ihm nicht so recht schmecken. Alle im Hause wußten schon, was geschehen war. Er konnte niemandem sein großes Abenteuer erzählen.
    Als er mit dem Frühstück fertig war, blieb er sitzen und malte mit der Gabel Figuren auf den Tisch.
    Oma sah ihn von der Seite an. „Willst du dem Einbrecher nicht guten Morgen sagen?“ fragte sie.
    Jan schüttelte stumm den Kopf. Eine Weile klapperte Oma mit Geschirr. Schließlich sagte sie: „Ach bitte, geh in den Wagen und sag Peter, er soll sofort herkommen und frühstücken. Er hat seine Milch noch nicht getrunken.“
    Nun, es war ganz gut, mit einem Auftrag in den Wagen zu gehen und nicht zu zeigen, daß man neugierig war, ihn von innen anzuschauen. Daß die Geschwister ihn vor Jan in Besitz genommen hatten, schmerzte ihn. Langsam ging er das Treppchen hinauf und öffnete die Tür. In dem dämmrigen Raum standen ein winziger Kochherd, ein Stuhl und ein Tisch zwischen zwei Betten. Eigentlich waren es vier Betten, denn jedes bestand aus einem oberen und einem unteren Stockwerk. Auf dem rechten Oberbett saß Peter, umgeben von mindestens fünfzehn Stofftieren.

    „Du sollst zu Oma kommen, frühstücken“, sagte Jan und wollte zu ihm hinauf klettern.
    „Nein, nein“, schrie Peter, „das ist mein Bett.“
    „Puste dich nicht so auf“, sagte Jan ärgerlich. „Dann nehme ich eben das andere.“
    „Das andere Oberbett gehört Brigitte“, piepste Peter.
    Wirklich spreizte sich auf dem Kopfkissen Brigittes Puppe Heidi und starrte Jan mit ihren dummen Glasaugen an.
    „Du sollst sofort zu Oma frühstücken kommen“, rief Jan wütend, packte Peter an einem Bein und wollte ihn vom Bett herunterziehen. Peter schrie, als ob er am Spieß steckte, und krallte sich in Jans Borstenhaar fest. Schließlich landete er mit einem Krach auf dem Tisch und verließ heulend, sich ein Bein reibend, den Wagen, um sich bei Oma über Jan zu beklagen.
    Jan warf sich auf eins der unteren Betten. Manchmal war es eine Last, Geschwister zu haben. Sie taten so, als ob der grüne Zirkuswagen ihnen gehörte. Dabei gehörte er doch dem Einbrecher und ein bißchen vielleicht Jan und Oma, besonders Jan, weil er den Einbrecher aus großer Gefahr gerettet hatte und auf die gute Idee gekommen war, dem Pferd Max auf dem Kamm „Hopp, hopp, hopp“ vorzuspielen. Sonst würde es wahrscheinlich jetzt noch mit dem Wagen am Waldrand stehen.
    Plötzlich sprang Jan auf. Er mußte sehen, wie es dem Pferd ging. Im Stall klapperten Eimer. Heiner war dabei, die Ziege zu melken. Sonst machte das die Mutter, aber weil sie mit Vater verreist war und Oma schon genug zu tun hatte, hatte Heiner diese Pflicht übernommen. Die Ziege ließ sich heute nur
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