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Felidae 3 - Cave Canem: Ein Felidae-Roman

Felidae 3 - Cave Canem: Ein Felidae-Roman

Titel: Felidae 3 - Cave Canem: Ein Felidae-Roman
Autoren: Akif Pirinçci
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lassen.
    Dazu frönte er einem teuren Hobby - wenn man Menschen, die ohnehin nicht arbeiten, ein solches überhaupt nachsagen kann. Nachdem er beim Snowboarden mehrmals in Gletscherspalten gestürzt und diverse Bergwachten wegen der kostspieligen Rettungsaktionen in Konkurs getrieben, sich beim Inlineskaten beide Arme und Beine, bedauerlicherweise jedoch nicht das Genick gebrochen und sich durch exzessives Piercing irreparable Schäden an der Afterschließmuskulatur zugezogen hatte, ist er ans Internet-Surfing geraten. Angeblich Kommunikation total, quasi der Puff des Wissens schlechthin, halte ich diese Errungenschaft für das Überflüssigste, was der Mensch je geschaffen hat. Daten und solch bedeutsame Botschaften wie Geburtstagsgrüße werden so lange um den Globus hin und her geemailt, bis der Info-Depp vor dem Monitor ganz den Grund seines Anliegens vergessen hat. Gerade wollte er sich über ein seltenes Erz kundig tun, fünf Stunden später stellt er plötzlich fest, daß er durch Querverweise das Genital von Tümmlern studiert oder Tiefgründiges mit einem einbeinigen Sambatänzer aus Sao Paulo austauscht. Reine Zeitverschwendung!
    Zum Glück gibt es aus unserer maroden Villa Kunterbunt auch etwas Angenehmes zu berichten. Im Winter ist Professor Amöbius Mars in das Obergeschoß eingezogen, ein Bekannter Gustavs. Um genau zu sein, war es dieser Gelehrte gewesen, der Gustav den Posten des Institutsleiters zugeschanzt hatte. Der gute Mann ist nämlich staatlicher Koordinator für diverse kulturelle Angelegenheiten, so auch zuständig für die Altertumsforschung. Er selbst betreibt das Fach der Ethnologie, um zu solch profunden Erkenntnissen zu gelangen wie beispielsweise, daß Buschmenschen im brasilianischen Urwald ebenso wie ihre Artgenossen in Manhattan die süßesten Früchte lieber selbst verzehren, als sie mit ihren Nachbarn zu teilen. Der alte Herr mit dem schlohweißen Haarkranz und der eckigen Goldrandbrille ist die Güte in Person und ein Ausbund an asketischem Lebensstil. Nie sah ich ein Menschenwesen einen Anzug von der Stange so erhaben tragen, als wandle er im päpstlichen Ornat, und auch nie erblickte ich eine spartanischere Wohnung als die seine. Es schien, als bestehe der Ort ausschließlich aus Bücherregalen, sonderbar isoliert wirkenden Exponaten wie der Jugendstilbadewanne mit güldenen Löwenpfoten oder einer echten Galionsfigur aus Captain Cooks Tagen und ansonsten der Abwesenheit jeglicher Kommunikationstechnologie. Ja, man war sogar geneigt zu glauben, daß er sich ausschließlich von den stapelweise abonnierten Zeitungen ernährte. Denn selbst die Küche war ein reiner Symmetrieexzeß aus gruftschwarzen Granitplatten und Chrominstrumentarium, welches man in ihrer Reduzierung auf bloße Funktionalität eher in einem Hochsicherheitslabor vermutet hätte als an einem Platz, wo es etwas zu Fressen gab. Dafür konnte man hier, anders als in den vom Design-Stalinismus oktroyierten Rumpelkammern, frei atmen und sich an sonnigen Tagen auf den honigfarbenen Dielenbrettern vor Wohlbehagen wälzen.
    Was unglücklicherweise nicht gestattet war, denn Herr Mars war leider, leider mit der Krankheit geschlagen, die durch meinesgleichen ausgelöst wird (1). Deshalb gab es, was mich anging, auch kaum Kontakte zwischen dem Parterre und dem Obergeschoß, denn die hätten für ihn im schlimmsten Falle sogar tödlich enden können. Nichtsdestotrotz hegte der Mann überhaupt keinen Groll gegen meine Art, im Gegenteil, er bedauerte zutiefst den Mangel eines Haustieres.
    Wie oft sah ich diesen herzensguten Menschen unseren Liliputanergarten an der Rückseite des Hauses auf Vordermann bringen, stets bewaffnet mit der stählernen Jätekralle, obwohl die grüne Zierde eher der Markierungsmarotte meiner Rasse dienlich ist als dem Botanikgenuß des Homo sapiens. Das Fleckchen Erde mit der Mammuteiche im Zentrum ist nämlich von unserem Balkon aus gar nicht zu sehen, weil sich gleich darunter eine rissig gewordene Betonterrasse erstreckt, die als Decke der Weiterführung des Kellers dient. Erst zweieinhalb Meter tiefer kommt das verborgene Grün zum Vorschein.
    Auch ich selbst war seit geraumer Zeit mit der Natur in völligem Einklang. Der Grund hierfür hieß Roxy und war eine Van. Sie stammte vom Clan der Angora, jener türkischen Rasse mit der eleganten Körperform und dem seidigen, schneeweißen Fell, die als erste die Langhaarigen unserer Art in Europa bekannt gemacht hat. Während die Angora nach der
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