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Felidae 3 - Cave Canem: Ein Felidae-Roman

Felidae 3 - Cave Canem: Ein Felidae-Roman

Titel: Felidae 3 - Cave Canem: Ein Felidae-Roman
Autoren: Akif Pirinçci
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türkischen Stadt Angora benannt wurde, dem heutigen Ankara, stammt die Bezeichnung »Van« vom Van-See, in dessen Nähe sich Roxysgleichen als reine Rasse entwickelten. Meine Geliebte funkelte silbern im Licht und hatte kastanienbraune Flecken um die Ohren und am Schwanz. Diese Art Zeichnung ist sehr selten und hat deshalb auch die Benennung Van-Zeichnung erhalten. Die Vans sind nicht nur für ihre atemberaubende Schönheit berühmt, sondern auch für ihre Angewohnheit, in seichten Gewässern zu schwimmen.
    In meinem Alter - und eher küsse ich eine Ratte als mich auf eine Zahl festzulegen - ist die Wahrscheinlichkeit, daß man sich in eine Dame mit Haut und Schnurrhaaren verliebt, etwa so hoch, wie in der Arktis von einer herabsausenden Kokosnuß erschlagen zu werden. Aber, ja aber - diese Augen! Das eine capriblau, das andere kupferfarben. Das eine verhieß Versenkung im Ozean vollendeten Gleichklangs, das andere immerwährendes Inferno der Wollust. Wie konnte ein alter Zausel wie ich dem gebieterischen Peitschen dieses flammendrot leuchtenden Büschelschwanzes widerstehen, wenn die Dame geruhte, sich in der Sonne auf einer Mauer zu positionieren, um ihre Wirkung auf den lokalen Testosteronspiegel zu testen? Und wie konnte ich je Schlaf finden, wenn ihr Liebesgesang bei Mondennächten im Karree der Gärten eine Echo-Odyssee startete? Nein, das konnte ich nicht. Denn ich war zwar alt - aber keineswegs tot!
    So hatte ich kürzlich unter den Legionen meiner geifernden Mitbewerber mittels würdelosen, bedauerlicherweise jedoch unabdingbaren Gockelgehabes das Rennen gemacht und mit ihr nach und nach angebandelt. An diesem Mittag stand das erste Rendezvous bevor, das bestimmt zu einer mehrtägigen Hochzeit ausarten würde, prognostizierte doch mein unfehlbares Naschen seit geraumer Zeit, daß sie genau heute in Hitze geraten würde. O wie leicht es ältlichen Knaben fiel, die Spottfigur des jugendlichen Springinsfelds zu geben, wenn das Feld nur in vollem Saft stand! Anderseits war meine süße Roxy eine Schande wert. Vielleicht auch zehntausend.
    Wer erdreistete sich also, meinen Schönheitsschlaf vorzeitig zu beenden, jenen komatösen Bewußtseinszustand, ohne den jemand in meinem Alter wirklich alt aussieht? Ich zog die Pupille auf Schärfe ...
    Blaubart! Natürlich. Ich hätte es mir denken können. Der Henker der guten Laune, der Sensenmann eines jeden sonnigen Tages. Gerade, wenn man allmählich zu der Überzeugung gelangte, daß die Magenverstimmung von gestern wohl doch kein Indiz für beginnenden Darmkrebs gewesen war, oder man zu glauben anfing, das Leben könnte vielleicht tatsächlich einen Sinn besitzen, da platzte stets Blaubart in diese erbaulichen Betrachtungen und verkündete den Weltuntergang. Schwer zu sagen, ob diese Eigenschaft daher rührte, daß der zottelige Methusalem von einem Maine-Coon als Kind das Opfer widerlicher Laborversuche geworden war, welche wie ein düsteres Karma seine gesamte Vita überschatteten. Dem Erscheinungsbild einer aus allen Nähten platzenden Mülltüte nicht unähnlich, sämtliche unserer Gattung eigenen Fellfarben aufweisend, wobei der schwarze Ton dominierte, aus nur einem Auge stierend, weil das andere längst einer eingeschrumpelten Wunde gewichen war, die rechte Pfote arg verstümmelt und infolge eines nervösen Hackebeilchens ganz und gar schwanzlos - so stand Blaubart vor mir und machte ein derart betroffenes Gesicht, als hätte ich Sympathien für einen vegetarischen Lebenswandel bekundet. Ein leiser, meine Lauscher streichelnder Luftzug ließ mich schlußfolgern, daß er durch das Toilettenfenster in die Wohnung gestiegen war, das Gustav nach seiner Morgenentleerung gewöhnlich für eine Weile offenließ. Leider nie lange genug.
    »Ist doch immer wieder faszinierend zu beobachten, wie manch einer sich furzlocker ins Delirium reinpennen kann, während draußen das große Schlachten fröhlich fortschreitet. Scheiße ja!«
    Tja, was sollte man darauf antworten? Ich bete jede Nacht für den Weltfrieden?
    Blaubart senkte den Kopf, der aus der Nähe wie ein aufgeplatztes Kissen mit kunterbunten Federn aussah, und schnupperte mit seinem von unzähligen Kämpfen zerfurchten Zinken angewidert an der muffelnden Matratze.
    »Das große Schlachten?« Ich krümmte die Kollektion meiner müden Knochen zu einem Halbkreis und begann mich mit der linken Hinterpfote hinterm Ohr zu krallen. »Bei deinem gesegneten Appetit müßtest du eigentlich ein glühender Anhänger von
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