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Feinde der Zeit: Roman (German Edition)

Feinde der Zeit: Roman (German Edition)

Titel: Feinde der Zeit: Roman (German Edition)
Autoren: Julie Cross
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aufschlug, wusste ein Teil von mir gleich, dass dies nicht die Wirklichkeit war. Es war nicht echt, sondern eher wie ein Traum. Ich stand allein auf einem Gehsteig. Mein Arm lag in einer Schlinge und tat höllisch weh. Eine Sekunde später verschwand der Gehweg, und meine Füße landeten auf einer Türschwelle. Es war Hollys Elternhaus. Noch ehe ich es mir erlauben konnte, mir über die Bedeutung dieses Ortes und dieses Tages Gedanken zu machen, wurde die Tür aufgerissen.
    Träume ich, oder bin ich tot? Tot – argh. Die Möglichkeit bestand auf jeden Fall. Ich hob den Blick und sah sie – Holly . Lächelnd und braungebrannt. Sie trug ihre Haare offen und hatte ein gelbes Kleid an.
    Was geht denn hier ab?
    »Du bist zu früh«, sagte sie.
    Ich klappte den Mund auf, um ihr zu antworten, aber sie schlang ihre Arme um meinen Hals und musste sich dafür auf die Zehenspitzen stellen. »Holly?«
    Sie ließ mich los und machte schnell einen Schritt zurück. »O Gott, entschuldige! Hab ich dir weh getan?«
    Zu mehr als einem Kopfschütteln war ich nicht imstande. Sie führte mich in ihr Zimmer und machte die Tür hinter uns zu.
    »Setz dich besser hin.« Sie schob mich in Richtung Sofa. »Die ganzen Schmerzmittel benebeln dich wahrscheinlich.«
    »Ja, wahrscheinlich.«
    Sie setzte sich neben mich und legte meinen gesunden Arm um ihre Schultern. »Ich bin so froh, dass du gekommen bist. Meine Mom regt sich wegen des Wochenendes schon derart auf, dass sie mich umbringt, wenn ich schon wieder das Haus verlasse.«
    Ich betastete mit der Hand meine Schulter, von der aus der Schmerz bis in meinen Arm strahlte. »Ich hab eine Schussverletzung?«
    Das hier war definitiv nicht echt. Das Portal zu dieser Welt war für immer ausgelöscht worden.
    Hollys Augen weiteten sich, und sie legte ihre Hand an meine Wange. »Ja, geht es dir gut? Du wirkst ganz schön durcheinander. Vielleicht brauchst du ein bisschen Schlaf.«
    Das hier war wie der Geist der vergangenen Weihnacht oder so. Mein Leben, wenn ich mich nicht von ihr verabschiedet hätte.
    Sie sah mir immer noch prüfend ins Gesicht, aber als ich ein kleines Lächeln zustande brachte, entspannte sie sich. Mit meiner gesunden Hand fuhr ich durch ihre Haare. Sie rückte näher heran und blickte mir tief in die Augen. Sie war wie ein offenes Buch. Sie vertraute mir vollkommen.
    Und dann küsste sie mich.
    Die Schlinge verschwand sogleich von meinem Arm. Hollys Lippen waren auf meinen, ihre Hände in meinen Haaren und auf meinem Gesicht.
    Es war so gut, so wahnsinnig perfekt, dass sich meine Augen mit Tränen füllten. Tod, Himmel, Hölle, Traum – das war mir alles völlig egal. Ich genieße es, was auch immer es ist.
    »Ich liebe dich«, flüsterte ich in ihre Haare. »Ich liebe dich, ich liebe dich über alles.«
    Sie lachte und legte den Kopf in den Nacken, um mein Gesicht sehen zu können. »Wird es einfacher, wenn du es öfter sagst?«
    »Ich weiß nicht.« Ich schloss die Augen und küsste ihren Hals. »Ich liebe dich, liebe …«
    »In Ordnung«, sagte sie und lachte noch mehr. »Ich glaub’s dir.«
    Ich sah sie lange an und küsste sie dann weiter ab. Sie war ganz Holly, mit ihren Lippen, ihrer Zunge, ihren Zähnen – meine Holly, genau wie ich sie in Erinnerung hatte.
    Ich riss die Augen auf und erstarrte. Mein Gefühl sagte mir, dass noch jemand im Raum war. Der Schmerz kehrte in meinen Arm und nach überall sonst zurück, und ich hätte fast laut geschrien, als ich die Person erkannte, die hinter dem Sofa stand.
    Ich.
    Die unrasierte, wahnsinnig wirkende Version meiner selbst. Mit einem Mal fühlten sich meine Arme und Beine wie von mir losgelöst an, als hätte ich die Kontrolle über sie verloren, und ich konnte seine Bewegungen und seine Absichten spüren.
    »Nein!«, schrie ich, aber ich war mir nicht sicher, ob ich das für mich oder für mein anderes Ich tat.
    Die Pistole erschien aus dem Nichts. Eine Kugel löste sich und traf Holly. Der laute Knall fiel mit meinem Aufschrei zusammen.
    Hollys Körper sackte erschlaffend auf mich. Rotes Blut drang durch das gelbe Kleid und färbte es hellorange. Mein anderes Ich ließ die Waffe sinken und starrte seine Hand an, als würde sie nicht zu ihm gehören. Mir fiel auf, dass ich die gleiche Bewegung machte, und ich konnte nicht sagen, wer von uns das getan hatte.

28
    »Jackson! Komm zu dir, Mann!« Irgendjemand schlug mir ins Gesicht.
    Ich schreckte hoch. »Holly!«
    »Da drüben«, sagte Mason und zeigte auf Holly, die
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