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Feindbild Islam - Thesen gegen den Hass

Feindbild Islam - Thesen gegen den Hass

Titel: Feindbild Islam - Thesen gegen den Hass
Autoren: Juergen Todenhoefer
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Mitbürger. Und sie sind stolz darauf. Der jüdische Parlamentsabgeordnete und Direktor des jüdischen Krankenhauses in Teheran, Ciamak Moresadegh, brachte es auf eine für Europa peinliche Formel: »Antisemitismus ist kein islamisches, sondern ein europäisches Phänomen.«
    Das ist keine Entschuldigung für die bewussten Provokationen Ahmadinedschads, der mit außenpolitischem Getöse mehrfach versucht hat, von innenpolitischen Problemen abzulenken. Das konservative iranische Blatt »Jomhuri-ye Eslami« warf ihm im Februar 2007 vor, sein Ton sei »so widerwärtig, dass die internationale Öffentlichkeit völlig unnötig den Eindruck von Feindseligkeit gewinnt«. Er solle endlich mit »seiner Phrasendrescherei und seinen Pöbeleien« aufhören.
    Das repressive iranische System ist inzwischen bei der iranischen Jugend äußerst unbeliebt. Es wird als Fortschrittsbremse, als Relikt der Vergangenheit empfunden. Das revolutionäre religiöse Feuer der späten 70er- und frühen 80er-Jahre ist längst erloschen.
    Vor Ahmadinedschad hatte der Iran übrigens mit Mohammed Chatami acht Jahre lang einen weltoffenen, reformbereiten Regierungschef. Er stand für Demokratie, Menschenrechte und für eine Stärkung der Rechte der Frauen. Aber er war zum Ärger der US-Regierung ein unabhängiger Kopf und keine Marionette. Die USA haben ihm nie eine Chance gegeben.
    Die außen- und innenpolitische Erfolglosigkeit Chatamis war einer der Hauptgründe für die massive Wahlenthaltung der reformbereiten Mittelschicht, die 2005 zur überraschenden Wahl Ahmadinedschads führte. Der Westen ist am Aufstieg dieses Volkstribuns nicht unschuldig. Trotzdem hat der Iran, diese große Kulturnation mit ihren liebenswerten und vornehmen Menschen, eine weltoffenere, tolerantere, menschenrechtsfreundlichere Regierung verdient. Aber gilt das nicht auch für manches westliche Land?
    Die westliche Ignoranz gegenüber der muslimischen Welt zeigt sich auch in viel banaleren Fragen als dem Irankonflikt – zum Beispiel in der vor allem in Europa verbreiteten Einstufung des muslimischen Kopftuchs als »Kampftuch« oder als »Symbol für die Unterdrückung der Frau«. Die USA sind in dieser Frage viel toleranter. Das US-Justizministerium nennt die Intoleranz, die sich im Kopftuchverbot zeige, »unamerikanisch und moralisch verwerflich«.
    »Wer fünf muslimische Frauen mit Kopftuch befragt«, amüsiert sich die Wochenzeitung »Die Zeit« über den Kreuzzug für ein kopftuchfreies Europa, »wird fünf verschiedene Botschaften finden. Die eine trägt ihr Kopftuch für Gott, die andere, weil es so gut zu ihren H&M-Klamotten passt. Die dritte Kopftuchträgerin wird sich als vehemente Feministin entpuppen, die vierte verweist auf die dörfliche Sitte, der fünften schließlich hat es ihre ultrasäkulare Mutter verboten, also trägt sie es erst recht.«
    Natürlich ist der Zwang, ein Kopftuch zu tragen, nicht hinnehmbar. Aber gilt das Gleiche nicht auch für den Zwang, das Kopftuch abzunehmen? In Vietnam maskieren sich im Sommer alle Frauen vom Scheitel bis zur Sohle. Kein Stück Haut soll erkennbar sein. Aber nicht aus religiösen Gründen, sondern weil sie nicht braun werden wollen. Weiß gilt dort als schön. Wie gut für Vietnams Frauen, dass ihr Land keine französische Kolonie mehr ist und Sarkozy nicht ihr Präsident.
    Auch die Diskussion über die Zwangsehe, die Beschneidung der Frau oder den Ehrenmord wird auf einem erschreckend niedrigen Kenntnisniveau geführt. Über diese völlig inakzeptablen frauenfeindlichen Praktiken steht nichts im Koran. Sie stammen aus vorislamischer, patriarchalisch-heidnischer Zeit.
    Teilweise sind sie mehrere tausend Jahre alt – wie etwa die grauenvolle »pharaonische« Beschneidung der Frauen. Diese brutale Verstümmelung findet nicht nur in einigen muslimischen Ländern wie Ägypten und Sudan statt, sondern auch in überwiegend christlichen Staaten wie Äthiopien und Kenia. Ihre Opfer sind Musliminnen, Christinnen, jüdische Falashas und Angehörige anderer Religionen.
    Sogenannte Ehrenmorde gibt es leider auch unter Christen, etwa in den christlichen Ländern Brasilien, Argentinien oder Venezuela. Die meisten muslimischen und christlichen Regierungen gehen zu Recht gesetzlich gegen diese Unsitten und Verbrechen vor, die nichts mit dem Islam oder dem Christentum zu tun haben.
    In manchen muslimischen Ländern ist die »Frauenförderung« in Teilbereichen weiter fortgeschritten als im Westen. In Ägypten sind 30 Prozent
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