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Feind

Feind

Titel: Feind
Autoren: Robert Corvus
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sollten.
    »Halte dich fern, Judrion! Komm seiner Kälte nicht zu nah …«
    Helion würzte mit einer Prise Kersalz nach. Das würde die Poren
öffnen. Er nahm die Kelle, rührte kräftig um und schöpfte die dampfende
Flüssigkeit in einen Teller. Er stellte sie auf dem Tisch ab, damit er beide
Hände frei hatte, um das Schwert zu gürten. Das war eine der vielen Lektionen,
die der Meister ihn gelehrt hatte. Gehe nirgendwohin ohne
dein Schwert. Zehn Schritt sind acht zu viel.
    Als er die Suppe nach nebenan trug, wanderte sein Blick über die
Waffen, die sich in ihren Halterungen an den Wänden drängten. Ihre Kate war
klein, bot nur diese zwei Zimmer, und dasjenige, das er jetzt betrat, diente
ihnen beiden nicht nur als gemeinsames Schlafgemach, sondern auch als
Rüstkammer. Äxte, Lanzen, ein Morgenstern, verschiedene Keulen, Schwerter aller
Art. Unter Helions Bett waren die Kisten mit den Armbrustbolzen und Pfeilen
geschoben, unter das von Treaton diejenigen, die sie mit allem gefüllt hatten,
was man für die Pflege von Waffen und Rüstungen brauchte. Lappen, Öl,
Schleifsteine, Holz und Metall für Ausbesserungen, sogar ein Schmiedehammer,
auch wenn sie eines der umliegenden Dörfer aufsuchen mussten, wenn ihre
Arbeiten echte Hitze erforderten. Die Waffen, die der Orden seinem Meister
übergeben hatte, hingen neben der Tür. Rechts der Tropfenschild, auf dem ein
silberner Bulle dem Betrachter entgegenstürmte, daneben das Schwert, dessen
Mondsilberklinge in einer schlichten Scheide steckte, die mit dem Rubin im
Knauf kontrastierte. Linker Hand die Teile der Rüstung, Harnisch, Beinschienen,
Helm, Handschuhe, all die Verbindungsstücke … Insgesamt ein halbes Hundert.
Alle waren mit silbernen Einlegearbeiten gegen die Zauber der Schattenherren
gewappnet.
    Vor fünfzehn Jahren hatte das nicht viel genutzt. Mit schwacher
Stimme gab Treaton dem Drang nach, von den vergangenen Ereignissen zu
berichten, während Helion ihm geduldig den Löffel zwischen die fahlen Lippen
schob.
    »Gadior hat sich auf uns vorbereitet. Es ist keine Falle, aber er
war klug genug, das Haus seines alten Bundesgenossen als Treffpunkt zu wählen.
Ich habe richtig geraten, als Quinda mir die Sache gestand. Die dunkle Brut
kehrt immer an die Stätten ihres Wirkens zurück. Es ist wie ein fauler Odem,
der nicht von diesen Orten weichen will. Zauberei vergeht niemals ganz. Sie ist
eine Beleidigung von allem, was die Götter geschaffen haben. Ein Frevel, an den
sich die Natur immer erinnert. Darum zeigt das Mondsilber die Farbe des Blutes,
wenn man sich der verdorbenen Magie nähert.
    Die Ghoule haben uns lange genug aufgehalten, damit Gadior das
Ritual ausführen konnte, für das er den Nebenraum vorbereitet hat. Er hat seine
zauberischen Symbole auf den Boden gemalt, Schnörkel und Linien, die das Auge
beleidigen, den Verstand verhöhnen. Manche sind gerade und doch gebogen, andere
heben sich aus der Fläche des Bodens. Diese Kreide trotzt den Gesetzen der
greifbaren Welt.«
    Helion unterbrach seinen Meister nicht, obwohl er die Geschichte
schon kannte. Er wusste, dass Treaton ruhiger würde, wenn er erst zum Ende
gekommen wäre. Zwischen den Sätzen nahm er die Suppe zu sich. Helion war froh,
dass er sie bei sich behielt.
    »Ich will nicht zu schnell vorgehen. Die Ghoule haben schon Kazzar
zerrissen. Ich will nicht mehr Männer verlieren als nötig.
    Als wir durchkommen, ist das Ritual schon beendet. Unser Mondsilber
ist flammend rot. Das Blut der Paladine darin regt sich, schreit auf gegen den
Frevel an den Göttern. Das Tor ins Nebelland hat sich aufgetan. Endorns
gequälter Geist kriecht daraus hervor wie eine Echse, die aus einem Ei
schlüpft. Man kann die menschliche Gestalt erkennen, auch wenn das blaue
Leuchten sie überstrahlt. In diesem Licht sehen wir Gadior, das fahle Kind auf
dem Arm. Er lächelt uns an. Er weiß, dass wir nicht schnell genug sein werden,
um ihn aufzuhalten.
    Endorn hat sich noch nicht in der stofflichen Welt orientiert, aber
seine Kälte ist schon bei uns. Reif legt sich auf unsere Rüstungen.«
    Treatons Wangen waren eingefallen, aber immerhin schien er heute
keine Mühe zu haben, die Worte zu finden.
    »Judrion will ihn nicht entkommen lassen. Als Gadior sich abwendet,
stürmt er auf ihn zu. Eine Zunge von Eis schießt über den Boden. Judrion
rutscht aus. In voller Rüstung geht er zu Boden.«
    Helion hatte oft geübt, sich in einer Rüstung zu erheben. Wenn man
erst einmal wusste, wie es ging, war es gar
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