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Feind des Feindes

Feind des Feindes

Titel: Feind des Feindes
Autoren: Jan Guillou
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war die Djursholm-Villa der PLO acht Stunden lang überwacht worden, jedoch ohne Erfolg. Etwa eine Woche nach der Flucht »wurden die Grenzen gesperrt«.
    Etwa so war der Verlauf der Ereignisse.
    Juri Tschiwartschew seufzte. Wenn man sich damit begnügte, den vordergründigen Tatsachenverlauf zu analysieren, war nur eine Schlußfolgerung möglich. Kein Sicherheitsdienst der ganzen Welt, nicht einmal der schwedische, konnte derart inkompetent auftreten. Demnach hatten sie ihren Spion umgedreht und mit dem Selbstmordauftrag nach Moskau geschieht, Zentral zu unterwandern.
    Es gab jedoch auch eine Version, die das Gesamtbild in einem völlig anderen Licht erscheinen ließ.
    Die schwedischen Behörden und die Regierung hatten sich in einem komplizierten Spiel um die Verantwortung verheddert, bei dem jeder einzelne davonzukommen versuchte, ohne als letzter mit dem Schwarzen Peter in der Hand dazusitzen.
    Die Strafvollzugsbehörde hatte betont, sie sei nur für die Überwachung des Spions im Haus zuständig gewesen. Außerhalb des Hauses sei er in den Zuständigkeitsbereich der Sicherheitspolizei gefallen.
    Dies war von der Säpo entschieden verneint worden. Dort hatte man betont, als einzelne Behörde habe man Entscheidungen einer anderen Behörde nicht überprüfen können, da dies nur der Regierung möglich sei.
    Darauf erwiderte die Strafvollzugsbehörde, die Regierung sei über die Umstände des Hafturlaubs unterrichtet gewesen, was vom Justizministerium zunächst entschieden abgestritten wurde.
    Später stellte sich jedoch heraus, daß das Justizministerium ein auf dem Amtsweg mit Eingangsstempel bestätigtes Schreiben erhalten hatte, dessen Ausgang bei der Strafvollzugsbehörde ordnungsgemäß registriert worden war und in dem es hieß, Sandström werde zu seinem fünfzigsten Geburtstag einen nur teilweise überwachten Hafturlaub erhalten.
    Der Beamte, der das Schreiben entgegengenommen hatte, hatte es in die Schublade gesteckt, ohne es zu lesen, und war anschließend in Urlaub gegangen. Immerhin hatte er seinem Chef eine Aktennotiz hinterlassen, in der es hieß, er habe das Schreiben nicht gelesen.
    Sein Chef las es ebenfalls nicht und war folglich außerstande, seinem Chef, dem Justizminister, darüber Meldung zu machen. Dies führte nach einiger Zeit sowohl zum erzwungenen Rücktritt des Justizministers wie zu der vorzeitigen Pensionierung der beiden Beamten.
    Diese letzte Tatsache war für Jurij Tschiwartschew von entscheidender Bedeutung. Denn wenn das Ganze eine Operation des schwedischen Nachrichtendienstes war - die Sicherheitspolizei kam wegen ihrer mangelnden Kompetenz nicht in Frage -, wäre ein Arrangement nicht mehr glaubhaft, das die Köpfe mehrerer politisch verantwortlicher Personen gekostet hatte. Denn um die Geschichte zu decken, hätten rund zehn Bürokraten und Politiker von Anfang an mit allem einverstanden sein müssen, was dann geschehen war.
    Eine solche Operation wäre folglich viel zu riskant gewesen. Nicht mal der Alte oder einer seiner jungen Gehilfen in der geheimen Abteilung des Nachrichtendienstes hätte solche Risiken auf sich nehmen können oder wollen.
    Ferner hätte das ganze Unternehmen hinter dem Rücken des Sicherheitsdienstes vom Nachrichtendienst durchgeführt werden müssen. Einen solchen Plan hätte der Alte nicht gebilligt. Nicht einmal er durfte von der vollständigen Unfähigkeit des schwedischen Sicherheitsdienstes ausgehen. Wem sollte es gelingen, einen Plan aufzuziehen, bei dem eine der wichtigsten Voraussetzungen dann bestand, daß sich der eigene Sicherheitsdienst bei der Bewachung eines Spions zum Narren machte?
    Niemand, nicht mal die schwedische Militärführung, die sich einem harten Läuterungsprozeß hatte unterziehen müssen, würde mit einem derartigen Verhalten rechnen können.
    Folglich blieb jetzt nur eine einzige und entscheidende Frage übrig. War der schwedische Sicherheitsdienst mit einer umfassenden Operation einverstanden gewesen, die die eigene Öffentlichkeit, die Staatsführung und den sowjetischen Nachrichtendienst gleichermaßen in die Irre geführt hatte?
    Diese Möglichkeit konnte Jurij Tschiwartschew guten Gewissens ausschließen. In keinem westlichen Sicherheitsdienst war das GRU so zahlreich vertreten wie beim schwedischen. Eine komplizierte Aufdeckungsaktion bei der schwedischen Säpo hätte ohne jeden Zweifel dazu geführt, daß das GRU Berichte über die geplante Operation erhalten hatte.
    Die Berichte, die man jetzt erhalten hatte,
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