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Feenzorn

Feenzorn

Titel: Feenzorn
Autoren: Jim Butcher
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wie du hier stehen und das Mädchen sterben lassen kannst.« Ich ließ es einen Moment wirken, ehe ich leise hinzufügte: »Und ich begreife erst recht nicht, wie du mich so enttäuschen kannst. Schon wieder.«
    »Kann gut sein, dass es jetzt zum dritten Mal passiert«, antwortete Elaine. »Vielleicht lasse ich die Dornen auf halbem Wege zusammenfallen und töte dich für sie.«
    »Vielleicht«, sagte ich. »Aber das kann ich nicht glauben, Elaine. Wir haben uns mal geliebt. Ich weiß, dass du weder ein Feigling noch eine Mörderin bist. Ich will glauben, dass dir das, was zwischen uns war, etwas bedeutet hat, auch heute noch. Ich will dir mein Leben anvertrauen, wie du mir deines anvertrauen kannst.«
    Darauf stieß sie ein bitteres kleines Lachen aus. »Du weißt gar nicht, was ich heute bin.« Dann sah sie mich an. »Aber ich glaube dir. Ich weiß, dass ich dir vertrauen kann.«
    »Dann hilf mir.«
    »Du musst dich beeilen«, sagte sie nickend. »Ich bin nicht so stark wie du, und hierfür braucht man viel Kraft. Ich kann den Zauber nicht lange aufheben.«
    Zweifel nagten an mir. Was, wenn sie mich noch einmal hinters Licht führte? Elaine war nicht gerade sehr aufrichtig gewesen. Daher beobachtete ich sie genau, während sie sich konzentrierte. Ihr hübsches Gesicht verlor jeden Ausdruck, als sie die Kraft bündelte und die Arme vor der Brust kreuzte, die Hände auf die Schultern gelegt wie eine ägyptische Mumie.
    Zum Teufel, ringsherum gab es zehn Millionen Möglichkeiten zu sterben. Warum sollte ich einer davon den Vorzug geben? Wenigstens würde ich so bei dem Versuch umkommen, etwas Sinnvolles zu tun. Also drehte ich mich um, bückte mich und schleppte die Arzttasche und den Stab mit.
    Elaine murmelte etwas, der Wind regte sich und zauste ihr die Haare. Dann öffnete sie die Augen, auch wenn sie nach wie vor in weite Fernen blickte, und spreizte die Finger beider Hände.
    Auf einer anderthalb Meter breiten Front fegte der Wind in die Dornenhecke hinein, die bebte und schließlich nachgab und vor Elaines Spruch zurückwich.
    »Geh«, keuchte sie. »Beeile dich.«
    Ich rannte los.
    Der Wind raubte mir die Sicht, daher musste ich gebückt laufen und hoffen, dass nicht irgendwo doch noch ein Stachel meine Haut erwischte. Einmal spürte ich einen scharfen Ruck, aber der Dorn hatte sich nur in der Jacke verfangen und war nicht durchgedrungen. Elaine ließ mich nicht im Stich. Nach ein paar Sekunden war ich durch und kam wohlbehalten vor dem Steintisch auf dem Hügel heraus.
    Der Tisch stand noch an der gleichen Stelle, allerdings erstrahlten die Runen und Symbole jetzt in einem goldenen Licht. Aurora fummelte davor hektisch mit dem Auflöser herum und presste die Fäden auf den Kopf des versteinerten Mädchens, das auf dem Tisch kniete. Ich wich ein wenig zur Seite aus, damit sie mich nicht aus den Augenwinkeln bemerkte, und hastete hinauf.
    Als ich nur noch wenige Schritte entfernt war, explodierte der Auflöser in einer Flut von kaltem weißem Licht. Wie eine Welle strömte das Licht über die Statue, und als es vorbeizog, verwandelte sich kalter weißer Marmor in warmes Fleisch, und das steinerne Haar zerfiel in grüne Locken. Lily öffnete die Augen, keuchte und sah sich benommen um.
    Aurora packte das Mädchen sofort an der Kehle, presste es mit einer Hand auf den Steintisch und zückte mit der anderen ein Messer.
    Es war nicht sehr höflich, aber ich drosch der Sommerlady meinen Stab mit voller Wucht in den Rücken.
    In diesem Augenblick erreichten die Sterne offenbar die richtige Position, es war Mitternacht, und damit war der Höhepunkt der Macht des Sommers überschritten. Nun wechselten auch die glühenden Runen auf dem Tisch die Farbe und strahlten nicht mehr golden, sondern in einem kalten, unwirtlichen Blau.
    Der Schlag riss Aurora das Messer aus der Hand, das auf den Tisch fiel. Lily stieß einen Schrei aus und ließ sich vom Tisch fallen, um sich vor Aurora in Sicherheit zu bringen.
    Nun wandte Aurora sich so schnell, wie es nur die Sidhe können, an mich, stützte sich am Tisch ab und stieß mit beiden Füßen nach meiner Brust. Ihr harter Tritt warf mich um, und während ich noch rollte, schoss sie eine Feuerlanze auf mich ab. Ich kam auf die Knie, hob den Stab und bündelte gerade rechtzeitig meine Willenskraft, um den Angriff abzuwehren und die Flammen in den dunstigen Himmel abzulenken.
    Der rote Schein erfasste ein grünes Feenross, das über die Dornen sprang. Es sprang jedoch nicht weit
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