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FebruarNachtsTraum

FebruarNachtsTraum

Titel: FebruarNachtsTraum
Autoren: Nicole Sowade
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sagen kann, schießt Katharina los. Als hätte sie auf den Anruf von mir gelauert.
    »Kathi?« Ob sie noch einen Schwall loslässt oder ob ich was sagen kann?
    »Ja?«
    Ich imitiere die Taktik meiner Mama: »Du bist zu Hause, bleibst zu Hause und hast mein Handy?«
    Für einen Moment bleibt es still und ich ertappe mich dabei, wie ich an einem meiner todschick manikürten Silvester-Fingernägel herumkaue.
    Dann höre ich sie durch den Hörer lächeln. »Gleich drei Fragen auf einmal, das geht wirklich nicht!« Gott sei Dank, die Frau hat ihren Humor wieder!
    »Die Antwort lautet also Ja?«
    »In guten wie in schlechten Zeiten: Ja!«
    Was für Katharina nur ein Scherz ist, dreht mir aus irgendwelchen Gründen den Magen um. Mir wird heiß und kalt. Mein Herz rast plötzlich. Je schneller ich erfahre, was überhaupt los ist, desto besser.
     
     

- 2 -
     
    Auf dem Weg zu Katharina wird mir mulmiger. Was müssen wir so dringend besprechen, dass sie es gleich dreimal erwähnt? Ich warte auf dem Bahnsteig und meine Zehen frieren in den Boots langsam ein. Die S-Bahn, die kommt, hat an jedem Wagon ein grellgelbes Schild. ›Wagen heizt nicht‹. Na toll.
    Als ich bei Katharina klingle, habe ich nicht nur ein komisches Gefühl, sondern auch blaue Lippen. Selbst anstrengende vier Etagen Friedrichshainer Altbau ändern daran nichts!
    Katharina öffnet die Tür einen Spalt breit. Keine Regung. Nichts. Darf ich rein oder nicht?
    »Ich bin ganz sicher nicht der Postbote.«
    Bei meinen Witz lacht Katharina nicht. Ihr Blick bleibt finster und frostiger als der Berliner Winter draußen. Wortlos bittet sie mich nach einer gefühlten kalten Ewigkeit endlich herein, schließt hinter mir die Tür, legt die Sicherheitskette davor und betrachtet mich reserviert. Ich weiß nicht, was ich sagen soll. Ich komme mir schuldig vor, aber ich kenne nicht mal das Verbrechen, das ich begangen habe.
    »Was ist los? Was hast du?« Ich schlüpfe aus meinen Sachen und folge der stummen Katharina ins Wohnzimmer. Kann mir einer erklären, was hier überhaupt vorgeht? Ich versuche, mein Handy zu entdecken, aber ich werde das Gefühl nicht los, dass Katharina es extra gut versteckt hält und mir erst aushändigt, wenn, was auch immer gleich kommt, vorbei ist.
    Unsere Blicke treffen sich. Ihre blauen Augen werden größer. »Ich fass es nicht!« Sie kann sich ein Kichern nicht verkneifen. »Alle machen sich wie wahnsinnig Sorgen und du hängst mit nem Typen ab!« Sie holt Schokolade, Salzstangen, Cola und Wein, als hätte sie ihre Diagnose getroffen und das sei die richtige Behandlung: ein Mädelsabend oder ein Mädelsnachmittag, je nachdem, wie genau man es nimmt.
    »Was mache ich?« Ich bin verblüfft. Katharina hält mit ihrer Meinung selten hinterm Berg. Ein Grund, weshalb ich sie mag. Aber mir gleich einen Freund anzudichten! Nach nur zwei Minuten von Angesicht zu Angesicht! Das schockiert mich.
    Ich spiele auf Zeit und knabbere an einer Salzstange. Ich dachte, wir lassen gemeinsam den Abend Revue passieren. Als ich nach der nächsten Salzstange greife und auf weitere stumme Minuten hoffe, ist Katharina schneller und schiebt den Knabber-Mix außer Reichweite.
    »Hey!«
    »Komm schon, Lizzy, es steht dir fett ins Gesicht geschrieben, dass du hammergeilen Sex hattest. Raus mit der Sprache, mit wem? Wie heißt er? Wann triffst du ihn wieder? Du triffst ihn doch wieder? Mach schon, oder du kannst dich von deinem Handy für immer verabschieden!«
    Wie gut, Katharina hat ihren vertrauten Ton angeschlagen und sie ist nur ein ganzkleinwenig sauer. Wahrscheinlich, weil sie nicht alle Details kennt. Bloß, was soll ich ihr sagen? Genau genommen weiß sie viel mehr als ich.
    Am besten beginne ich mit der Frage, die mir am meisten unter den Nägeln brennt: »Wer ist eigentlich der Latino?« Ich meine, oh mein Gott! Selbst meine Eltern wissen von ihm. Bestimmt haben sie für das nächste Essen ein Gedeck mehr eingeplant und zur Sicherheit für drei Personen mehr eingekauft. Und selbst wenn ich nicht mit ihm auftauche, werden sie Fragen über Fragen stellen. Wie soll ich das überstehen? Auf keinen Fall werde ich meinen Eltern gestehen, dass ich mich an einen ganzen Tag nicht erinnern kann.
    »Lenk nicht ab!«, droht Katharina scherzhaft.
    Doch ich kann nicht so recht lachen. Meine Panik ist echt.
    »Du willst es wohl nicht sagen?« Katharinas bohrender Blick stochert in den Abgründen meines leer gefegten Ichs, Es' und Überichs herum. Sie wartet ab, hält den
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