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Faust: Der Tragödie erster Teil

Faust: Der Tragödie erster Teil

Titel: Faust: Der Tragödie erster Teil
Autoren: Johann Wolfgang von Goethe
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(kommt):
  Ach, Schelm, so neckst du mich! Treff ich dich!
  (Er küßt sie.)
      MARGARETE (ihn fassend und den Kuß zurückgebend):
  Bester Mann! von Herzen lieb ich dich!
  (Mephistopheles klopft an.)
      FAUST (stampfend):
  Wer da?
      MEPHISTOPHELES:
  Gut Freund!
      FAUST:
  Ein Tier!
      MEPHISTOPHELES:
  Es ist wohl Zeit zu scheiden.
      MARTHE (kommt):
  Ja, es ist spät, mein Herr.
      FAUST:
  Darf ich Euch nicht geleiten?
      MARGARETE:
  Die Mutter würde mich- Lebt wohl!
      FAUST:
  Muß ich denn gehn? Lebt wohl!
      MARTHE:
  Ade!
      MARGARETE:
  Auf baldig Wiedersehn!
  (Faust und Mephistopheles ab.)
      MARGARETE:
  Du lieber Gott! was so ein Mann
  Nicht alles, alles denken kann!
  Beschämt nur steh ich vor ihm da
  Und sag zu allen Sachen ja.
  Bin doch ein arm unwissend Kind,
  Begreife nicht, was er an mir findt.
  (Ab.)
    Wald und Höhle
    Faust allein.
      Erhabner Geist, du gabst mir, gabst mir alles,
  Warum ich bat. Du hast mir nicht umsonst
  Dein Angesicht im Feuer zugewendet.
  Gabst mir die herrliche Natur zum Königreich,
  Kraft, sie zu fühlen, zu genießen. Nicht
  Kalt staunenden Besuch erlaubst du nur,
  Vergönnest mir, in ihre tiefe Brust
  Wie in den Busen eines Freunds zu schauen.
  Du führst die Reihe der Lebendigen
  Vor mir vorbei und lehrst mich meine Brüder
  Im stillen Busch, in Luft und Wasser kennen.
  Und wenn der Sturm im Walde braust und knarrt,
  Die Riesenfichte stürzend Nachbaräste
  Und Nachbarstämme quetschend niederstreift
  Und ihrem Fall dumpf hohl der Hügel donnert,
  Dann führst du mich zur sichern Höhle, zeigst
  Mich dann mir selbst, und meiner eignen Brust
  Geheime tiefe Wunder öffnen sich.
  Und steigt vor meinem Blick der reine Mond
  Besänftigend herüber, schweben mir
  Von Felsenwänden, aus dem feuchten Busch
  Der Vorwelt silberne Gestalten auf
  Und lindern der Betrachtung strenge Lust.
      O daß dem Menschen nichts Vollkommnes wird,
  Empfind ich nun. Du gabst zu dieser Wonne,
  Die mich den Göttern nah und näher bringt,
  Mir den Gefährten, den ich schon nicht mehr
  Entbehren kann, wenn er gleich, kalt und frech,
  Mich vor mir selbst erniedrigt und zu Nichts,
  Mit einem Worthauch, deine Gaben wandelt.
  Er facht in meiner Brust ein wildes Feuer
  Nach jenem schönen Bild geschäftig an.
  So tauml ich von Begierde zu Genuß,
  Und im Genuß verschmacht ich nach Begierde.
  (Mephistopheles tritt auf.)
      MEPHISTOPHELES:
  Habt Ihr nun bald das Leben gnug geführt?
  Wie kann's Euch in die Länge freuen?
  Es ist wohl gut, daß man's einmal probiert
  Dann aber wieder zu was Neuen!
      FAUST:
  Ich wollt, du hättest mehr zu tun,
  Als mich am guten Tag zu plagen.
      MEPHISTOPHELES:
  Nun, nun! ich laß dich gerne ruhn,
  Du darfst mir's nicht im Ernste sagen.
  An dir Gesellen, unhold, barsch und toll,
  Ist wahrlich wenig zu verlieren.
  Den ganzen Tag hat man die Hände voll!
  Was ihm gefällt und was man lassen soll,
  Kann man dem Herrn nie an der Nase spüren.
      FAUST:
  Das ist so just der rechte Ton!
  Er will noch Dank, daß er mich ennuyiert.
      MEPHISTOPHELES:
  Wie hättst du, armer Erdensohn
  Dein Leben ohne mich geführt?
  Vom Kribskrabs der Imagination
  Hab ich dich doch auf Zeiten lang kuriert;
  Und wär ich nicht, so wärst du schon
  Von diesem Erdball abspaziert.
  Was hast du da in Höhlen, Felsenritzen
  Dich wie ein Schuhu zu versitzen?
  Was schlurfst aus dumpfem Moos und triefendem Gestein
  Wie eine Kröte Nahrung ein?
  Ein schöner, süßer Zeitvertreib!
  Dir steckt der Doktor noch im Leib.
      FAUST:
  Verstehst du, was für neue Lebenskraft
  Mir dieser Wandel in der Öde schafft?
  Ja, würdest du es ahnen können,
  Du wärest Teufel gnug, mein Glück mir nicht zu gönnen.
      MEPHISTOPHELES:
  Ein überirdisches Vergnügen.
  In Nacht und Tau auf den Gebirgen liegen
  Und Erd und Himmel wonniglich umfassen,
  Zu einer Gottheit sich aufschwellen lassen,
  Der Erde Mark mit Ahnungsdrang durchwühlen,
  Alle sechs Tagewerk im Busen fühlen,
  In stolzer Kraft ich weiß nicht was genießen,
  Bald liebewonniglich in alles überfließen,
  Verschwunden ganz der Erdensohn,
  Und dann die hohe Intuition-
  (mit einer Gebärde)
  Ich darf nicht sagen, wie- zu
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