Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Faust: Der Tragödie erster Teil

Faust: Der Tragödie erster Teil

Titel: Faust: Der Tragödie erster Teil
Autoren: Johann Wolfgang von Goethe
Vom Netzwerk:
in der Breite gleich gewonnen,
  Ihr seid ein vielgeliebter Mann.
  Die Masse könnt Ihr nur durch Masse zwingen,
  Ein jeder sucht sich endlich selbst was aus.
  Wer vieles bringt, wird manchem etwas bringen;
  Und jeder geht zufrieden aus dem Haus.
  Gebt Ihr ein Stück, so gebt es gleich in Stücken!
  Solch ein Ragout, es muß Euch glücken;
  Leicht ist es vorgelegt, so leicht als ausgedacht.
  Was hilft's, wenn Ihr ein Ganzes dargebracht?
  Das Publikum wird es Euch doch zerpflücken.
      DICHTER:
  Ihr fühlet nicht, wie schlecht ein solches Handwerk sei!
  Wie wenig das dem echten Künstler zieme!
  Der saubern Herren Pfuscherei
  Ist. merk ich. schon bei Euch Maxime.
      DIREKTOR:
  Ein solcher Vorwurf läßt mich ungekränkt:
  Ein Mann, der recht zu wirken denkt,
  Muß auf das beste Werkzeug halten.
  Bedenkt, Ihr habet weiches Holz zu spalten,
  Und seht nur hin, für wen Ihr schreibt!
  Wenn diesen Langeweile treibt,
  Kommt jener satt vom übertischten Mahle,
  Und, was das Allerschlimmste bleibt,
  Gar mancher kommt vom Lesen der Journale.
  Man eilt zerstreut zu uns, wie zu den Maskenfesten,
  Und Neugier nur beflügelt jeden Schritt;
  Die Damen geben sich und ihren Putz zum besten
  Und spielen ohne Gage mit.
  Was träumet Ihr auf Eurer Dichterhöhe?
  Was macht ein volles Haus Euch froh?
  Beseht die Gönner in der Nähe!
  Halb sind sie kalt, halb sind sie roh.
  Der, nach dem Schauspiel, hofft ein Kartenspiel,
  Der eine wilde Nacht an einer Dirne Busen.
  Was plagt ihr armen Toren viel,
  Zu solchem Zweck, die holden Musen?
  Ich sag Euch, gebt nur mehr und immer, immer mehr,
  So könnt Ihr Euch vom Ziele nie verirren
  Sucht nur die Menschen zu verwirren,
  Sie zu befriedigen, ist schwer—
  Was fällt Euch an? Entzückung oder Schmerzen?
      DICHTER:
  Geh hin und such dir einen andern Knecht!
  Der Dichter sollte wohl das höchste Recht,
  Das Menschenrecht, das ihm Natur vergönnt,
  Um deinetwillen freventlich verscherzen!
  Wodurch bewegt er alle Herzen?
  Wodurch besiegt er jedes Element?
  Ist es der Einklang nicht, der aus dem Busen dringt,
  Und in sein Herz die Welt zurücke schlingt?
  Wenn die Natur des Fadens ew'ge Länge,
  Gleichgültig drehend, auf die Spindel zwingt,
  Wenn aller Wesen unharmon'sche Menge
  Verdrießlich durcheinander klingt-
  Wer teilt die fließend immer gleiche Reihe
  Belebend ab, daß sie sich rhythmisch regt?
  Wer ruft das Einzelne zur allgemeinen Weihe,
  Wo es in herrlichen Akkorden schlägt?
  Wer läßt den Sturm zu Leidenschaften wüten?
  Das Abendrot im ernsten Sinne glühn?
  Wer schüttet alle schönen Frühlingsblüten
  Auf der Geliebten Pfade hin?
  Wer flicht die unbedeutend grünen Blätter
  Zum Ehrenkranz Verdiensten jeder Art?
  Wer sichert den Olymp? vereinet Götter?
  Des Menschen Kraft, im Dichter offenbart.
      LUSTIGE PERSON:
  So braucht sie denn, die schönen Kräfte
  Und treibt die dichtrischen Geschäfte
  Wie man ein Liebesabenteuer treibt.
  Zufällig naht man sich, man fühlt, man bleibt
  Und nach und nach wird man verflochten;
  Es wächst das Glück, dann wird es angefochten
  Man ist entzückt, nun kommt der Schmerz heran,
  Und eh man sich's versieht, ist's eben ein Roman.
  Laßt uns auch so ein Schauspiel geben!
  Greift nur hinein ins volle Menschenleben!
  Ein jeder lebt's, nicht vielen ist's bekannt,
  Und wo ihr's packt, da ist's interessant.
  In bunten Bildern wenig Klarheit,
  Viel Irrtum und ein Fünkchen Wahrheit,
  So wird der beste Trank gebraut,
  Der alle Welt erquickt und auferbaut.
  Dann sammelt sich der Jugend schönste Blüte
  Vor eurem Spiel und lauscht der Offenbarung,
  Dann sauget jedes zärtliche Gemüte
  Aus eurem Werk sich melanchol'sche Nahrung,
  Dann wird bald dies, bald jenes aufgeregt
  Ein jeder sieht, was er im Herzen trägt.
  Noch sind sie gleich bereit, zu weinen und zu lachen,
  Sie ehren noch den Schwung, erfreuen sich am Schein;
  Wer fertig ist, dem ist nichts recht zu machen;
  Ein Werdender wird immer dankbar sein.
      DICHTER:
  So gib mir auch die Zeiten wieder,
  Da ich noch selbst im Werden war,
  Da sich ein Quell gedrängter Lieder
  Ununterbrochen neu gebar,
  Da Nebel mir die Welt verhüllten,
  Die Knospe Wunder noch versprach,
  Da ich die tausend Blumen
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher