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Faust: Der Tragödie erster Teil

Faust: Der Tragödie erster Teil

Titel: Faust: Der Tragödie erster Teil
Autoren: Johann Wolfgang von Goethe
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      FAUST:
  Pfui über dich!
      MEPHISTOPHELES:
  Das will Euch nicht behagen; Ihr habt das Recht, gesittet pfui zu sagen.
  Man darf das nicht vor keuschen Ohren nennen,
  Was keusche Herzen nicht entbehren können.
  Und kurz und gut, ich gönn Ihm das Vergnügen,
  Gelegentlich sich etwas vorzulügen;
  Doch lange hält Er das nicht aus.
  Du bist schon wieder abgetrieben
  Und, währt es länger, aufgerieben
  In Tollheit oder Angst und Graus.
  Genug damit! Dein Liebchen sitzt dadrinne,
  Und alles wird ihr eng und trüb.
  Du kommst ihr gar nicht aus dem Sinne,
  Sie hat dich übermächtig lieb.
  Erst kam deine Liebeswut übergeflossen,
  Wie vom geschmolznen Schnee ein Bächlein übersteigt;
  Du hast sie ihr ins Herz gegossen,
  Nun ist dein Bächlein wieder seicht.
  Mich dünkt, anstatt in Wäldern zu thronen,
  Ließ' es dem großen Herren gut,
  Das arme affenjunge Blut
  Für seine Liebe zu belohnen.
  Die Zeit wird ihr erbärmlich lang;
  Sie steht am Fenster, sieht die Wolken ziehn
  Über die alte Stadtmauer hin.
  "Wenn ich ein Vöglein wär!" so geht ihr Gesang
  Tage lang, halbe Nächte lang.
  Einmal ist sie munter, meist betrübt,
  Einmal recht ausgeweint,
  Dann wieder ruhig, wie's scheint,
  Und immer verliebt.
      FAUST:
  Schlange! Schlange!
      MEPHISTOPHELES (für sich):
  Gelt! daß ich dich fange!
      FAUST:
  Verruchter! hebe dich von hinnen,
  Und nenne nicht das schöne Weib!
  Bring die Begier zu ihrem süßen Leib
  Nicht wieder vor die halb verrückten Sinnen!
      MEPHISTOPHELES:
  Was soll es denn? Sie meint, du seist entflohn,
  Und halb und halb bist du es schon.
      FAUST:
  Ich bin ihr nah, und wär ich noch so fern,
  Ich kann sie nie vergessen, nie verlieren
  Ja, ich beneide schon den Leib des Herrn,
  Wenn ihre Lippen ihn indes berühren.
      MEPHISTOPHELES:
  Gar wohl, mein Freund! Ich hab Euch oft beneidet
  Ums Zwillingspaar, das unter Rosen weidet.
      FAUST:
  Entfliehe, Kuppler!
      MEPHISTOPHELES:
  Schön! Ihr schimpft, und ich muß lachen. Der Gott, der Bub' und Mädchen
  schuf,
  Erkannte gleich den edelsten Beruf,
  Auch selbst Gelegenheit zu machen.
  Nur fort, es ist ein großer Jammer!
  Ihr sollt in Eures Liebchens Kammer,
  Nicht etwa in den Tod.
      FAUST:
  Was ist die Himmelsfreud in ihren Armen?
  Laß mich an ihrer Brust erwarmen!
  Fühl ich nicht immer ihre Not?
  Bin ich der Flüchtling nicht? der Unbehauste?
  Der Unmensch ohne Zweck und Ruh,
  Der wie ein Wassersturz von Fels zu Felsen brauste,
  Begierig wütend nach dem Abgrund zu?
  Und seitwärts sie, mit kindlich dumpfen Sinnen,
  Im Hüttchen auf dem kleinen Alpenfeld,
  Und all ihr häusliches Beginnen
  Umfangen in der kleinen Welt.
  Und ich, der Gottverhaßte,
  Hatte nicht genug,
  Daß ich die Felsen faßte
  Und sie zu Trümmern schlug!
  Sie, ihren Frieden mußt ich untergraben!
  Du, Hölle, mußtest dieses Opfer haben.
  Hilf, Teufel, mir die Zeit der Angst verkürzen.
  Was muß geschehn, mag's gleich geschehn!
  Mag ihr Geschick auf mich zusammenstürzen
  Und sie mit mir zugrunde gehn!
      MEPHISTOPHELES:
  Wie's wieder siedet, wieder glüht!
  Geh ein und tröste sie, du Tor!
  Wo so ein Köpfchen keinen Ausgang sieht,
  Stellt er sich gleich das Ende vor.
  Es lebe, wer sich tapfer hält!
  Du bist doch sonst so ziemlich eingeteufelt.
  Nichts Abgeschmackters find ich auf der Welt
  Als einen Teufel, der verzweifelt.
    Gretchens Stube.
    Gretchen (am Spinnrad, allein).
      GRETCHEN:
  Meine Ruh ist hin,
  Mein Herz ist schwer;
  Ich finde sie nimmer
  und nimmermehr.
      Wo ich ihn nicht hab,
  Ist mir das Grab,
  Die ganze Welt
  Ist mir vergällt.
      Mein armer Kopf
  Ist mir verrückt,
  Meiner armer Sinn
  Ist mir zerstückt.
      Meine Ruh ist hin,
  Mein Herz ist schwer,
  Ich finde sie nimmer
  und nimmermehr.
      Nach ihm nur schau ich
  Zum Fenster hinaus,
  Nach ihm nur geh ich
  Aus dem Haus.
      Sein hoher Gang,
  Sein edle Gestalt,
  Seines Mundes Lächeln,
  Seiner Augen Gewalt,
      Und seiner Rede
  Zauberfluß,
  Sein Händedruck,
  Und ach! sein Kuß!
      Meine Ruh ist hin,
  Mein Herz ist schwer,
  Ich finde sie nimmer
  und nimmermehr.
      Mein Busen drängt
  Sich nach ihm hin,
  Ach dürft ich fassen
  Und
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