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Fauler Zauber

Fauler Zauber

Titel: Fauler Zauber
Autoren: Glen Cook
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aus dem Zoo. Eine häßliche, versteht sich, zum Beispiel eine Donnerechse.
    Manchmal denke ich fast selbst, ich gehöre zu einer dieser aussterbenden Gattungen.
    »Danke, Amiranda. Nehmen Sie Platz, Mr. Garrett.« Das ›Mister‹ strapazierte ihre Kiefermuskeln beträchtlich. Sie war es nicht gewohnt, zu meinesgleichen freundlich zu sein.
    Ich setzte mich. Sie auch. Amiranda blieb unschlüssig stehen.
    »Das ist alles, Amiranda.«
    »Domina …«
    »Das ist alles.«
    Amiranda ging, wütend und verletzt. Ich überflog rasch die verstreuten Papiere auf dem Schreibtisch der Sekretärin, während sie das Mädchen mit einem bösen Blick verfolgte.
    »Was halten Sie von Amiranda, Mr. Garrett?« Ihr Kiefer knirschte beinahe.
    Ich versuchte, es feinfühlig auszudrücken. »Männer können schon ins Träumen geraten bei einer Frau mit ihren …«
    »Schon klar.« Sie sah mich finster an. Offenbar hatte ich den Test nicht bestanden.
    Was mir vollkommen egal war. Ich mochte Domina Willa Dount nicht besonders. »Sie haben mich aus einem bestimmten Grund kommen lassen?«
    »Wieviel hat Amiranda ihnen erzählt?«
    »Genug, um meine Neugier zu wecken.« Sie versuchte, mich mit ihrem Blick einzuschüchtern. Ich hielt dem Blick stand. »Gewöhnlich können die aus der Oberstadt nicht mit meinem Mitleid rechnen. Wenn das Schicksal bei ihnen zuschlägt, sage ich nur: Sie haben es nicht anders verdient, immer drauf. Aber bei Kidnapping mache ich eine Ausnahme.«
    Sie musterte mich mürrisch. Eins mußte ich der Frau lassen – ihr Stirnrunzeln war erste Sahne. Jede Gorgone wäre stolz darauf gewesen. »Was hat sie Ihnen noch erzählt?«
    »Das war alles, und es hat einige Mühe gekostet, soviel aus ihr herauszukitzeln. Vielleicht können Sie mir ja mehr erzählen.«
    »Ja. Wie Amiranda Ihnen bereits sagte, wurde der jüngere Karl entführt.«
    »Nach allem, was ich gehört habe, gibt es nicht viele, die es mehr verdient hätten.« Angeblich benahm Karl Junior sich trotz seiner dreiundzwanzig wie ein verbockter und sehr verzogener Dreijähriger. Und es konnte keinen Zweifel daran geben, welchem Teil der Familie er nachschlug. Domina Dount war zurückgelassen worden, um es im Rahmen zu halten oder zu vertuschen.
    Willa Dount preßte die Lippen zu einem schmalen Strich zusammen. »Wie auch immer. Wir sind nicht hier, um Ihre Meinung über Höherstehende einzuholen, Mr. Garrett.«
    »Weshalb sind wir hier?«
    »Sturmwächterin Styx wird bald zurückkehren. Ich will sie nicht ahnungslos in eine solche Situation hineinlaufen lassen. Bevor sie ankommt, soll die Sache geklärt und vergessen sein. Wollen Sie sich keine Notizen machen, Mr. Garrett?« Sie schob mir Schreibzeug hin. Vermutlich hielt sie mich für einen Analphabeten und wollte ihre Überlegenheit genießen, wenn ich es zugeben mußte.
    »Sicher, sobald Sie etwas sagen, das aufzuschreiben lohnt. Haben Sie eine Nachricht von den Kidnappern erhalten? Etwas, was Ihnen Grund zu der Annahme gibt, daß Karl nicht einfach auf einer seiner Abenteuertouren ist?«
    Statt zu antworten zog sie ein Lumpenbündel aus ihrem Schreibtisch und schob es mir über die Tischplatte zu. »Das wurde heute nacht beim Pförtner abgegeben.«
    Ich wickelte die Lumpen auf, und ein Paar silberbeschlagene Schuhe kam zum Vorschein. In einem steckte ein gefaltetes Blatt Papier. »Seine?«
    »Ja.«
    »Und der Bote?«
    »Können Sie sich denken. Ein Straßenbengel, ungefähr sieben oder acht Jahre alt. Der Pförtner hat mir das Bündel erst nach dem Frühstück gebracht. Da war das Kind natürlich schon zu weit weg, um es noch erwischen zu können.«
    Offenbar hatte sie doch so etwas wie Humor.
    Ich untersuchte die Schuhe gründlich. Es funktioniert zwar nie, aber man sucht immer nach dem Stäubchen seltenen purpurnen Schlamms oder dem verräterischen grünen Grasflecken, der dich zu einem Genie macht. Auch diesmal fand ich nichts davon. Ich entfaltete das Papier.
     
    Wir haben Ihren Karl. Wenn Sie ihn wiederhaben wollen, müssen Sie machen, was man Ihnen sagt. Reden Sie mit niemandem darüber. Man wird Ihnen später sagen, was Sie zu tun haben.
     
    Ein Haarbüschel lag dabei. Ich hielt es gegen das helle Fenster hinter dem Schreibtisch der Sekretärin. Das Büschel hatte die Farbe von Juniors Haaren, soweit ich mich erinnerte, jedenfalls. Ich hatte Junior nur selten zu Gesicht bekommen. »Fühlt sich gut an.«
    Diese Bemerkung brachte mir wieder ein Stirnrunzeln von Willa Dount ein. Ich achtete nicht darauf,
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