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Faszination Menschenfresser

Faszination Menschenfresser

Titel: Faszination Menschenfresser
Autoren: Mario Ludwig
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Menschenfleisch ernährt hatte, während FMNH 23 969 nur gelegentlich Menschenfleisch zu sich nahm. Hochgerechnet auf die übliche Fleischmenge, die ein ausgewachsenes Löwenmännchen täglich verzehrt, kamen die Wissenschaftler dann auf eine Zahl von »lediglich« etwa insgesamt 35 Menschen, die den Löwen während ihres Terrorregimes zum Opfer gefallen waren.
    Bestätigt werden diese Untersuchungsergebnisse auch durch eine Studie, in der Wissenschaftler die unveröffentlichte Korrespondenz von John Patterson sowie historische Berichte ausgewertet haben. Diese Studie kommt ebenfalls zu dem Schluss, dass eine Zahl von rund 30 Toten, die auf das Konto der Killerlöwen geht, deutlich realistischer ist als die bisher angenommenen 135 Opfer.
    Die Geschichte von den menschenfressenden Löwen von Tsavo wurde gleich dreimal verfilmt, zuletzt 1996 mit Michael Douglas und Val Kilmer in den Hauptrollen. In Deutschland kam der Film unter dem Titel Der Geist und die Dunkelheit in die Kinos und wurde zumindest an der Kinokasse ein großer Erfolg.
    Übrigens gelten bei Experten auch die Nachfahren der »Menschenfresser von Tsavo« als deutlich gefährlicher als normale Löwen. Immer wieder attackieren die riesigen mähnenlosen Löwen Menschen, und das mit oft tödlichen Folgen. Ein amerikanisches Forscherteam vom Staatsmuseum New York in Albany vermutet in der spärlichen Behaarung der männlichen Tsavo-Löwen auch den Grund für die außergewöhnlich große Aggressivität der Tiere. Die Kahlköpfigkeit der Löwen ist nämlich sehr wahrscheinlich durch einen erhöhten Testosteronspiegel bedingt und ein Übermaß dieses Hormons ist bekanntermaßen auch oft für ein verstärktes Aggressionsverhalten verantwortlich.
    Nach einer neueren Studie von Wissenschaftlern der Universität Minnesota aus dem Jahr 2008 besteht allerdings zwischen Mähnenlänge und Testosteron kein Zusammenhang. Die Forscher führen den mangelnden Haarwuchs auf klimatische Gründe zurück. »Die Männchen stehen dauernd unter Hitze- und Futterstress. Offenbar wächst ihre Mähne daher erst gar nicht«, vermutet der Leiter der Studie Peyton West.
    Eine große Rolle spielt nach Ansicht der amerikanischen Wissenschaftler – zumindest für den Paarungserfolg – jedoch die Farbe der Mähne, die bei Löwenmännern von Hellblond bis hin zu Tiefschwarz variieren kann. Und da heißt es offenbar, je dunkler, desto besser, denn die Dunkelheit der Löwenmähne gilt bei paarungswilligen Löwinnen als sicherer Indikator für die Potenz ihrer Bewerber. Wenn sich mehrere Löwenmännchen für ein und dieselbe Partnerin interessieren, haben daher die Herren mit heller Mähne eindeutig das Nachsehen. Bluttests zeigten, dass die Löwendamen mit ihrer Wahl goldrichtig liegen: Dunkelhaarige Mähnenträger haben nämlich deutlich mehr Testosteron im Blut als ihre blonden Artgenossen.
    Seine Potenz derart offen zur Schau zu tragen hat für ein dunkelhaariges Löwenmännchen jedoch gewichtige Nachteile. Die dunkelmähnigen Herren leiden stärker unter der afrikanischen Sonne als ihre blonden Artgenossen. Infrarotaufnahmen zeigen nämlich, dass es unter schwarzen Mähnen schneller heiß wird. Einem Löwen mit dunkler Mähne fällt es nach Ansicht der Forscher deshalb schwerer, kühl zu bleiben, und das weist möglicherweise auf seine Widerstandsfähigkeit hin.
    Offenbar hat die Löwenmähne eine ähnliche Funktion wie die prächtige Schwanzschleppe beim Pfauenmännchen: Sie ist ein Zeichen für die Gesundheit des jeweiligen Herrn der Schöpfung und seine Fähigkeit, Nachkommen zu zeugen und zu beschützen. Die evolutionäre Zwickmühle, in der die Löwenmänner stecken – die dunkle Mähne ist zwar hitzetechnisch gesehen ein Nachteil, für die Fortpflanzung aber wieder ein Vorteil –, wird von den beiden israelischen Biologen Amotz und Avishag Zahavi als das sogenannte »Handicap-Prinzip« bezeichnet. Diese Theorie beschreibt den Umstand, dass derjenige, der sich ein Handicap (einen Nachteil) leisten und sich dennoch im Wettbewerb mit seinen Konkurrenten erfolgreich durchsetzen kann, von seiner Umwelt als besonders lebenstüchtig, potent und insofern – gerade auch unter sexuellen Gesichtspunkten – als äußerst attraktiv wahrgenommen wird. Anders ausgedrückt: Die Weibchen vieler Tierarten glauben, die prächtigsten Männer wären auch die robustesten und würden somit auch die besten Gene für den Nachwuchs mitbringen. Schönheit und Pracht signalisieren den Weibchen also quasi
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