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Familientherapie ohne Familie

Titel: Familientherapie ohne Familie
Autoren: Thomas Weiss
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einfach: Ich habe kein Vertrauen.«
    (Sie betont wieder die Beschwerden.)
    Therapeut: »Ist das eigentlich immer so, dass Sie kein Vertrauen haben?«
    (Übertreibt und provoziert, um die andere Seite der Beziehung zu sehen)
    Mary: »Nicht immer – aber meistens.«
    Therapeut: »Und das ist die wesentliche Frage für Sie, mehr Vertrauen zu haben?«
    (Versucht ein Therapieziel für den Moment zu konkretisieren)
    Mary: »Oh ja, aber das hängt damit zusammen, dass er mit diesen Frauen zusammen war. Ich kann das nicht akzeptieren.«
    Therapeut: »Also, wenn Sie mehr Vertrauen haben würden, dann ginge es Ihnen besser?«
    Mary: »Ja.«
    Therapeut: »Lassen Sie uns einen Augenblick überlegen: Gibt es Momente, in denen Sie Vertrauen empfinden? Wo Sie sich auf ihn verlassen können?«
    (Konzentration auf die Ausnahmen, in denen das Ziel bereits erreicht ist. Danach bleibt der Therapeut bei diesen Ausnahmen und versucht, sie möglichst exakt herauszuarbeiten.)
    Mary: »Wenn er mit den Kindern zusammen ist. Ich weiß, er liebt sie und sorgt sich wirklich gut um sie.«
    Therapeut: »Wieso können Sie da so sicher sein?«
    Mary: »Meine Tochter ist eine Klatschbase, sie erzählt alles.« (Lacht)
    Therapeut (lacht ebenfalls) : »Vertrauen hat man ja immer im Voraus, das heißt, schon bevor man etwas genau weiß. Haben Sie schon Vertrauen in ihn, wenn Sie es noch nicht genau von Ihrer Tochter wissen?«
    Mary: »Ja, habe ich.«
    Therapeut: »Wie kommt das, abgesehen davon, dass Ihre Tochter Sie informiert?«
    Mary: »Ich glaube, ich weiß es einfach.«

    Therapeut: »Gibt es andere Situationen, wo Sie sich verlassen können?«
    Mary: »Seit einem Jahr kann ich mich verlassen, dass er die Kinder abholen wird. Er hört mit seiner Arbeit eher auf als ich. Früher ist er mit seinen Freunden trinken gegangen. Wenn ich dann nach Hause kam, war niemand da, und ich musste wieder zurück und die Kinder abholen...
    Heute holt er sie immer ab, oder er ruft mich an. Am Anfang habe ich immer beim Babysitter angerufen, ob er sie denn abgeholt hat oder nicht. Anfänglich war das jeden Tag. Heute denke ich noch nicht einmal daran. Ich weiß es einfach.« Therapeut: »Wie kam das denn genau, dieses Vertrauen, diese Sicherheit?«
    Mary: »Ich glaube, einfach durch die Durchgängigkeit seines Verhaltens. Er hat es halt immer gemacht.«
    Therapeut: »Wie lange hat es gedauert, bis Sie sich entschlossen haben, nicht mehr anzurufen und es langsam zu vergessen?«
    Mary: »Hm, einen Monat, drei Wochen. Danach habe ich noch ein-, zweimal angerufen, dann nicht mehr. Da war er einfach sehr gut.«
    Therapeut: »Gibt es noch andere Dinge, auf die Sie sich verlassen können?«
    Mary: »Ja, finanziell kann ich mich total auf ihn verlassen. Das ist sehr wichtig, wir bekommen viele Rechnungen, die müssen alle bezahlt werden. Da kümmert er sich drum.
    Ich kümmere mich da überhaupt nicht drum, er sorgt auch für mein Konto. Da nimmt er mir alles ab. Ich weiß einfach, dass Strom und Gas uns nicht abgestellt werden, weil er sich darum kümmert.
    Ich gebe ihm einfach meinen Gehaltsscheck, und er macht das schon. Er wird auch keine krummen Dinge machen oder Geld leihen.«
    Therapeut: »Sie können das ohne Kontrolle einfach glauben?«
    Mary: »Ja! Er macht das schon so lange.«

    Therapeut: »Dann gibt es eigentlich doch eine Menge Vertrauen in Ihrer Beziehung. Es scheint so zu sein, als ob das Misstrauen nur in Beziehung auf andere Frauen besteht. Stimmt das so?«
    Mary: »Hm, ja.«
    Therapeut: »Was wäre wohl das erste Zeichen, das Ihnen zeigen wird, dass Sie wieder Vertrauen in ihn bekommen?« (Hier wird nun der Ablauf einer möglichen Problemlösung phantasierend vorweggenommen.)
    Mary: »Schwer zu sagen. Wenn ich das so aufzähle, dann sehe ich, dass ich doch in vielen Dingen Vertrauen habe. Ich weiß nicht, im Augenblick muss ich mich einfach auf sein Wort verlassen. Schwer zu sagen, woran ich es zuerst merken würde. Vielleicht ein Gefühl tief im Inneren, das Ja sagt.
    Wenn es anders wäre, würde ich nicht mehr so paranoid reagieren, wenn er sagt, er würde mit Freunden ausgehen oder jemand hat Geburtstag.«
    Therapeut: »Würde er – im Falle, es ist besser – irgendeinen Unterschied in Ihrem Verhalten feststellen? Wenn Sie mehr Vertrauen hätten?«
    (Das Szenarium der Besserung wird weiter ausgemalt.)
    Mary: »Ich wäre wahrscheinlich glücklicher, nicht mehr so brummig. Ich würde mich nicht mehr so schnell zurückziehen. Er zieht sich auch schnell
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