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Familienpackung

Familienpackung

Titel: Familienpackung
Autoren: Susanne Fröhlich
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Abend vor meinem inneren Auge ab. Oje, oje. War ich die, die gegen halb vier Strippoker spielen wollte? Die zu Jörn gesagt hat, du kannst dich schon mal frei machen?
    Ich möchte unter die Decke kriechen und dort bleiben. Für immer.
    Wo ist überhaupt Christoph? Pragmatisch, wie er ist, wahrscheinlich im Wohnzimmer, die Stellenanzeigen lesen. Ich traue mich kaum runter. Hoffentlich ist er nicht zu arg sauer. Aber letztlich ist es ja wohl immer noch der gute Wille, der zählt. Und habe ich »Schwachkopf« und »zu blöd zum Kopieren« gesagt oder er?
    Ich gehe erst mal ins Bad. Meine Güte. Mein Gesicht erinnert an einen Waschbären. Einen kränkelnden Waschbären. Bleich, mit schwarzer Wimperntusche rund um die Augen. Jetzt ist es gut, verheiratet zu sein. Einem One-Night-Stand so zu begegnen wäre grauenvoll. Christoph ist in dieser Hinsicht hart im Nehmen. Im Laufe der Jahre hat der mich schon in den unterschiedlichsten Verfassungen gesehen und manche waren sicher noch schlimmer als die von heute Morgen. Ich schleiche in Richtung Küche, danke im Geiste meinen Schwiegereltern, dass sie die Kinder hüten – die hätten mir jetzt noch gefehlt –, und mache mir
einen Kaffee. Ohne Kaffee ist kein klarer Gedanke möglich. Dazu zwei ›Aspirin‹. Wo ist nur mein Mann? Keine Spur weit und breit. Dafür auch keine Spuren mehr von der Party heute Nacht. Die Spülmaschine läuft, das Zimmer ist gesaugt, anscheinend sogar gewischt und alles wirkt ziemlich aufgeräumt. Das gibt eindeutig Fleißsternchen. Die Geschenke liegen fein säuberlich gestapelt auf dem Couchtisch. Durchgebrannt ist er anscheinend nicht. Da wischt man ja nicht noch vorher das Wohnzimmer und räumt auf. Merkwürdig.
    Nach dem Kaffee fühle mich gleich ein wenig menschenähnlicher. So viel getrunken habe ich schon Jahre nicht mehr. Werde ich auch Jahre lang nicht mehr, schwöre ich mir.
    Das Telefon klingelt. Heike ist dran. Wie ich Lea finde. Ich lobe Heikes exzellenten Geschmack und sie schwärmt nochmal ein Viertelstündchen von Leas Intellekt. Solche Beine und dazu noch ein messerscharfer Geist – Gott ist nicht gerecht.
    Dann ruft Sabine an. Euphorisch. Jörn ist doch nicht so fade wie gedacht und hat einen klasse Körper, mit dem er viele tolle Sachen machen kann, erzählt sie mir. So, so. »Er hat mich heimgefahren und da konnte ich nicht anders, als ihm noch was zu trinken anzubieten«, versucht sie die Situation zu erklären. »Und dann habt ihr stundenlang geredet«, sage ich ganz unschuldig. »Ne, also eher nicht. Beim Reden war er mir ja so fade vorgekommen. Geredet haben wir auf der Party schon genug. Er hat mir nur noch erklärt, warum ich viel sexyer bin als Lea, und dann hat er losgeküsst.« Sexyer als Lea. Jörn ist schon immer schlau gewesen und hat sicher sofort gemerkt, wer Sabines Partykonkurrenz
Nummer eins war, und außerdem war bei Lea ja sowieso nichts zu holen. Alter Fuchs. »Und war’s gut?«, will ich jetzt aber auch alles wissen. »Bombe«, sagt Sabine und murmelt noch was von gut bestückt, was ich aber längst wusste, denn Christoph hat das mal nebenbei erwähnt. Er nannte es »ein Ding, das einem Komplexe machen kann«. Nachdem ich Leas Beine gesehen habe, ahne ich, was er damit meint.
    Ich schnappe mir das letzte Stück Streuselkuchen und lege mich aufs Sofa. Was wird, wenn Christoph aus der Kanzlei fliegt? Vielleicht kann ich wieder was in irgendeiner Redaktion bekommen? Oder in einem Büro. Tippen kann ich recht flott, telefonieren auch und Ablage ist zwar nicht meine Leidenschaft, mir aber durchaus vertraut. Ich werde uns schon durchkriegen und Christoph hat offensichtlich Hausmannqualitäten, wenn ich mich hier so umgucke.
    Bevor ich mich auf die Suche nach meinem Mann mache, rufe ich bei meinen Schwiegereltern an. »Den Butzelschers geht’s gut«, betont Inge und sagt dann: »Ich war ja heut Moin schon bei euch un hab en bissche was uffgeräumt. Sah ja wild aus. Un de Christoph musste ja fort un da hab ich ebe klar Schiff gemacht. Er hat mir sogar noch geholfe, der Bub.« So viel zum Thema Hausmann. Hat Mutti angerufen, damit sie hilft. Das ist peinlich. Allerdings nicht nur für ihn, sondern auch für mich. Ich liege komatös im Bett und schlafe, während sich meine Schwiegermutter unten als Putzfrau betätigt. »Warum habt ihr mich denn nicht geweckt? Ich hätte das doch selbst machen können«, zeige ich Reue. »Es tut dir doch gut, ema zu schlafe, un ich hab doch Zeit. Is schon in Ordnung, Andrea.« Nichts
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