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Familienpackung

Familienpackung

Titel: Familienpackung
Autoren: Susanne Fröhlich
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Selbst zu blöd zum Kopieren und kommandiert die gesamte Kanzlei rum, dieser selbstherrliche Gockel.« Bei Gockel bin ich zurück
im Wohnzimmer. »Jetzt mach mal halblang, bisher fandst du den Doktor Langner doch immer irre sympathisch, der war doch dein großes Vorbild«, säusle ich ein paar Nettigkeiten, wohl wissend, dass man im ersten Stock jedes Wort verstehen kann. So ist das nun mal in Reihenhäusern. »Hast du was getrunken, oder was eingeworfen? Ich meine, du hast doch immer gesagt, der Langner wäre … «, beginnt er verwundert auf meine Schleimereien zu reagieren. Weiter lasse ich ihn nicht reden. Ich erinnere mich nur zu gut daran, wie ich den Langner tituliert habe. Schon jetzt würde ich am liebsten im Erdboden versinken und unser Obergeschoss ins All schießen. Ich durfte eben miterleben, wie mein Mann sich mit wenigen Sätzen ins absolute Karriere-Aus katapultiert hat. Noch zwei, drei dieser Sprüche und ab morgen bin ich mit einem Arbeitslosen zusammen. Wir werden die Hypotheken nicht mehr bezahlen können und mit Hartz IV im sozialen Abseits landen. Und eigentlich bin ich daran schuld. Wer hat denn den Langner eingeladen? Ich. Nun heißt es offensiv mit der Sache umgehen. Ich gebe Christoph ein Bier, hoffe, dass der Langner schlechte Ohren hat und rufe dann laut »Überraschung.«
    Es poltert und trampelt, als würde eine Herde Rindviecher unsere kleine Holztreppe runterkommen. Christoph ist entgeistert. Ob vor Freude oder vor Entsetzen, kann ich nicht genau sagen. Als dann auch der Langner im Wohnzimmer einläuft, kann ich es sagen: vor Entsetzen. »Andrea, sag, dass das nicht wahr ist, sag, dass ich halluziniere.« Bevor ich antworten kann, singen alle ›Happy birthday‹ und ich rufe: »Das Büfett ist eröffnet.« Essen lenkt immer schön ab.
    So richtig genießen können Christoph und ich die Party nicht. Christoph weiß nicht, wie er sich verhalten soll,
verhält sich dann einfach gar nicht oder, besser gesagt: hält Abstand zu Langner. Ich bin auch etwas durch den Wind. Schließlich ist letztlich alles meine Schuld. Ich hatte auf Anerkennung gehofft, so werde ich in die Geschichte eingehen als Frau, die ihren Mann direkt in die Arbeitslosigkeit geschubst hat. Und das bei der Lage auf dem Juristenmarkt. Schwemme ist da ja fast noch untertrieben. Obwohl die Party, bis auf die Tatsache, dass Langner, nebst Gattin, schon nach einer knappen Stunde geht, gut läuft. Seine Verabschiedung ist vielsagend. »Wir sprechen uns noch. Aber nicht hier und heute. Ich melde mich.« Klingt, als wolle er noch sagen: »Bleiben Sie erst mal zu Hause, wir schicken Ihnen Ihre Papiere.« Seine Frau lächelt nur. Kaum ist der Langner weg, geht’s rund. »Man konnte oben alles verstehen«, zischt Sabine, »und die Frau von diesem Langner, die hat geguckt, ich sage dir, als würde sie uns gleich alle auffressen. Horror. Und dann gegrinst. Ihm selbst war nichts anzumerken. Wir haben auch alle nicht darauf reagiert. So als wäre gar nichts.« Sie macht eine kleine Pause. »Meinst du, du kriegst Arbeit, wenn Christoph dann vielleicht …?«, kommt es noch zögerlich. Die kann einem ja richtig Mut machen. Bravo.
    Der Alkohol ist an diesem Abend eine nützliche Hilfe. Wir schütten uns richtig die Birne zu, leeren das gesamte Büfett von Giovanni und gegen halb drei morgens tanzt dann die schöne Lea auf dem Esstisch. »Die waren fummeln, im Schlafzimmer, als wir brav im Kinderzimmer ausgeharrt haben«, petzt Sabine noch, ein wenig Neid in der Stimme, und mustert Lea missgünstig. Mit Jörn und ihr scheint es nicht ganz so gut zu laufen. Sie findet ihn fade. Und das sagt eine Frau, die mit Mett-Mischi zusammen war.
     
    Es ist dann aber doch noch eine wirklich rauschende Party geworden. Die letzten Gäste bleiben bis gegen vier. Wir sind definitiv zu betrunken, um aufzuräumen. Christoph schafft es noch nicht mal mehr, die Geschenke aufzumachen. Ich glaube, ich könnte selbst kurz vorm Koma noch Geschenke auspacken. Ich würde die Neugier nicht aushalten, vor allem bei den Bergen von Geschenken, die hier liegen.
    Ich schminke mich nicht ab – laut Frauenzeitschriften eine Todsünde – und in Sekunden fallen wir, der Bald-Arbeitslose und ich, die Schuldige, in den Tiefschlaf.

Tag 7
    Ich wache auf und der Wecker zeigt 12 . 30 Uhr. O mein Gott, was ist mit meinem Kopf?
    Ich werde nie mehr trinken. Ich glaube, ich kann gar nicht aufstehen. Während ich versuche, mich aufzurichten, läuft wie im Zeitraffer der gestrige
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