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Familienpackung

Familienpackung

Titel: Familienpackung
Autoren: Susanne Fröhlich
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Brieftasche. Eine Qualität, die meinem Bruder, dem Studenten, auf jeden Fall noch abgeht. Aber Lea hat sowieso nicht einen Blick für auch nur einen der Kerle im Raum übrig. Sie ist komplett auf Heike fixiert. Und Heike gebärdet sich fast ein bisschen so wie diese alten, reichen Männer, die ja auch gerne ihre Beute vorzeigen. Sie hat Lea ihren Arm um die Hüfte gelegt, um endgültig klar zu machen, wem die schmucke Perle gehört.
    Um Viertel nach sieben scheuche ich die Meute, etwa 35 Personen, hoch in den ersten Stock. »Verteilt euch auf die Kinderzimmer«, rufe ich. Langner ist gerade dabei, meiner Nachbarin Anita zu erzählen, wie er Christoph so herrlich reingelegt hat, geht aber trotzdem brav in den ersten Stock. Ihm scheint dieses kleine Spielchen, genannt Überraschungsparty, richtig Spaß zu machen. Hoffentlich hält Anita die Klappe und erzählt dem Langner im Gegenzug nicht die Vibratorstory. Meine Mutter zischt mir im Vorbeigehen noch zu: »Ich hoffe, du hast oben aufgeräumt.« So, jetzt kann der Gatte kommen. Ich befestige nochmal die Geburtstagsgirlande, räume ein paar Sektgläser weg und harre der Dinge. Schon nach drei Minuten werde ich leicht ungeduldig. Die Räumlichkeiten oben sind beschränkt, und ich glaube nicht, dass die Gäste Lust haben, eine Runde Barbie zu spielen. Außerdem ist es für alle in zwei Kinderzimmern verdammt eng. Ich hoffe, sie weichen nicht aufs Schlafzimmer aus. Auch auf genauere Inspektionen des Badezimmers habe ich keine Lust. Ich kenne mich ja selbst. Man wirft eben gern mal einen Blick in den Badezimmerschrank. Ich hoffe, unsere Gäste sind weniger neugierig als ich.
    Weitere fünf Minuten später ruft Christoph an. »Schatz, ich glaube, du musst dem Giovanni absagen. Ich sehe kein Land. Es ist einfach eine Sauarbeit. Geburtstag hin, Geburtstag her. Ich brauche bestimmt noch drei Stunden. Es ist vertrackt.« Er seufzt. Ich auch. Wie soll denn das enden? Soll ich die da oben für die nächsten Stunden kasernieren? Eine Überraschungsparty ohne den, der überrascht werden soll, macht irgendwie wenig Sinn. »Liebling, ich habe mich so gefreut«, probiere ich es zunächst
auf die sanfte Tour. »Ich auch«, antwortet er, »aber du hast doch selbst vorhin gesagt, ›Was du heute kannst besorgen, das verschiebe nicht auf morgen.‹ Und wenn der Langner nochmal auftaucht und der Kram ist nicht fertig, dann kann ich mir sicherlich ganz schön was anhören. Auf den Rüffel kann ich gerne verzichten.« Soll ich alles verraten? Dass der Langner garantiert nicht auftaucht, weil er gerade im Kinderzimmer sitzt und auf Anita einredet. Nein, so schnell gebe ich nicht auf. »Ach Christoph, ich habe gar nichts zu essen im Haus«, stöhne ich in den Hörer. »Wolltest du nicht eh ein paar Pfund abnehmen?«, fragt er ziemlich uncharmant zurück. »Nicht heute«, sage ich und ärgere mich. Blöde Bemerkung. Zum Thema Gewicht gibt es generell fast nur falsche Kommentare. Auf »Findest du mich zu dick?« mit »Ja« zu antworten ist ein anerkannter Scheidungsgrund. Auch wenn man selbst sehr genau weiß, wo die Problemzonen liegen, man möchte nicht, dass der Liebste sie auch sieht. Und selbst wenn man weiß, dass sie so riesig sind, dass man fast eine einzig lebende Problemzone ist, braucht man niemanden, der einen nochmal darauf hinweist. Jetzt keine Grundsatzdiskussion, Schnidt, zügele ich mich. »Was bist du denn für ein Schleimer? Lass den Langner Langner sein und komm heim. Wer hat denn heute Geburtstag, du oder dieser Sklaventreiber?«, heize ich seinen hoffentlich noch vorhandenen Zorn an. »Hey, Andrea«, ist er überrascht, »eben hast du noch ganz anders geklungen. Ganz schöner Sinneswandel. Aber gut, zur Not fahre ich heute Nacht nochmal her. In zehn Minuten bin ich da.« Zehn Minuten, da kann ich ja nur lachen. Seit wann hat Christoph eine Concorde? Aber bitte, Hauptsache, er macht sich auf die Socken. »Versprochen,
du kommst sofort?«, hake ich nochmal nach. »Bin schon weg«, lacht er und legt auf.
    Ich gehe hoch in den ersten Stock und informiere alle. »Also, er wird in etwa fünfzehn Minuten hier sein. Wenn ihr das Auto hört, bitte absolute Ruhe und auf mein Kommando kommt ihr runter. Ich rufe dann Überraschung.« Alle nicken und wirken noch recht gut gelaunt. Vielleicht alle bis auf Langners Frau. Die sieht aus, als würde sie vor Langeweile in wenigen Sekunden dahinscheiden, aber solange sie die Einzige ist, was soll’s. Wer weiß, was da im Vorfeld der Party bei
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