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Falsches Spiel

Falsches Spiel

Titel: Falsches Spiel
Autoren: Mariano Hamilton
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Welle mich an Orte meiner Persönlichkeit trieb, die ich nicht kannte. Ich hatte mich in ein Tier verwandelt, dem es einzig und allein ums Überleben ging.
    Als wir bei Espiño ankamen, war es vier Uhr nachmittags. Die Kneipe war geschlossen. Bevor ich zu Sandra gefahren war, hatte ich ihn gebeten, unter irgendeinem Vorwand heute nicht aufzumachen, wir durften das Risiko nicht eingehen, dass unser Geheimversteck aufflog. Und falls doch, wären wir hinter dem geschlossenen Metallrollladen besser geschützt.
    Das Wiedersehen zwischen Carla und Sandra war ergreifend. Sie weinten und küssten sich. Gerührt sahen María und die anderen ihnen zu. Ich hatte zu diesem Zeitpunkt keinen Sinn für solche Sentimentalitäten, also nahm ich Espiño beiseite.
    »Carla weiß inzwischen, dass Marcelo getötet wurde.«
    Ich war ihm dankbar, dass ich es ihr nicht selbst hatte sagen müssen.
    »Wie hat sie es aufgenommen?«
    »Schlecht. Aber es ist nicht zu ändern.«
    »Hast du ihr noch mehr gesagt?«
    »Ich habe ihr alles erzählt. Es schien der beste Weg, um ihr über den Schmerz hinwegzuhelfen.«
    »Ich habe vorhin drei Polizisten in San Antonio de Padua getötet.«
    Espiño war irritiert.
    »Sie hatten schlechte Karten. Entweder sie oder ich.«
    »Du steckst bis zum Hals in der Scheiße. Wie willst du da je wieder herauskommen?«
    »Bis jetzt bin ich noch gut getarnt. Ich richte ein Massaker an, aber niemand hat mich in Verdacht.«
    »Woher weißt du das?«
    »Ich habe Gutiérrez um ein Uhr morgens in mein Büro bestellt. Ich habe mit ihm gesprochen, und das Blatt hat sich für mich gewendet. Er glaubt, ich würde mit ihm im selben Team spielen und ihm helfen, Carla und die anderen zu finden.«
    »Wenn er von den toten Polizisten in Padua erfährt, wird er misstrauisch werden.«
    »Deshalb will ich schnell zurück ins Büro, falls er anruft.«
    Ich deutete auf die beiden Frauen, die sich in den Armen hielten.
    »Ich schleppe immer mehr Gäste für die Party an, Gallego.«
    Er lächelte. Eine menschliche Geste in dem ganzen Morast. Als Espiño noch Chefredakteur bei Crónica war, hatte er immer einen kühlen Kopf bewahrt, selbst in völlig verfahrenen Situationen. Ich habe das immer der Erfahrung zugeschrieben, die er während des Kriegs gemacht hatte. Ein Mann, der im Krieg war, kann alles stemmen, sagte ich mir.
    »Und was mache ich mit der ganzen Gesellschaft? Ich habe keinen Platz mehr«, sagte er. Das war keine Klage, er suchte nach einer Lösung. Er wusste, wenn Gutiérrez und seinesgleichen auf die Kneipe stießen, waren sie alle tot.
    »Komm«, sagte ich.
    Wir gingen zur Theke, wo Sandra den Aktenkoffer mit dem Geld abgestellt hatte. Wir öffneten ihn. Es befanden sich mehr als dreißig Millionen darin.
    »Wir müssen sie außer Landes bringen. Am sichersten ist es, wenn du mit ihnen ins Tigre-Delta fährst und sie über Carmelo nach Uruguay schleust. Dann sehen wir, wie wir weiter verfahren. Ich lasse dir den Rambler da, den ich gestern geklaut habe. Zumindest sitzen sie bequem«, sagte ich.
    Espiño verzog das Gesicht. Aber am Ende lachte er und klopfte mir auf die Schulter. Das gab mir Kraft, um die Sache zu Ende zu bringen.

41
    Um halb sechs kam ich in mein Büro. Ich war erschöpft, aber nicht müde. Als Erstes lud ich die 38er und die Beretta. Ich hatte das Gefühl, ich würde sie noch brauchen. Ein paar Kugeln steckte ich vorsichtshalber noch in die Manteltasche.
    Ich versuchte, mich zu beruhigen. Ich musste mir Gutiérrez vom Hals schaffen, doch ich wusste nicht wie, ohne dass man mir etwas anhängte. Bis jetzt war alles gut gelaufen, aber ich durfte das Glück nicht überstrapazieren. Immerhin hatte ich in den letzten zwei Tagen fünf Menschen getötet. Keiner war auch nur die Kugel wert, die ich ihm verpasst hatte, aber es blieben Tote, die gegen mich verwendet werden konnten. Und eins war klar: Ich wollte nicht ins Gefängnis und schon gar nicht sterben.
    Ich nahm das Telefon und rief in der Klinik an.
    »Dr. Andrés Tudor, bitte.«
    »Wer spricht?«, fragte eine Frauenstimme.
    »Pedro Rosas.«
    »Einen Moment, bitte.«
    Dreißig Sekunden später war Tudor am Apparat.
    »Was gibt es denn so Dringendes?«, fragte er aufgebracht.
    Ich schwieg.
    »Hallo, hören Sie mich?«, hakte er nach.
    »Ja.«
    »Sagen Sie mir jetzt endlich, was los ist?«
    »Ich weiß nicht, wovon Sie reden«, sagte ich betont desinteressiert.
    »Warum rufen Sie dann an?«
    »Ich wollte fragen, ob Sie nicht noch einen Job für mich
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