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Falsche Froesche

Falsche Froesche

Titel: Falsche Froesche
Autoren: Sandra Schoenthal
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E-Mail -Text. Ein Treffen lehnt er ab.
    Sie hören auf zu essen, bewältigen mit Mühe Ihre Arbeit, den Rest der Tage verbringen Sie schluchzend bei Freunden. Tief drinnen spüren, hoffen, beten Sie, dass er zurückkommt.
    Zehn Tage später ist er wieder da. Einfach so. Klingelt, tritt ein, umarmt Sie strahlend. Die mit Spannung erwarteteErläuterung seines grotesken Verhaltens bleibt aus. Sie verzeihen ihm, weil Sie nicht anders können. Weil keiner Sie zum Lachen bringt wie er. Weil Sie solche Zärtlichkeit und Leidenschaft nie erlebt haben. Und weil Sie sehen, dass auch seine Liebe zu stark ist, als dass er ohne Sie leben könnte. Es folgt eine wunderbare Zeit. Die Trennung und der Neubeginn haben Sie beide endgültig zusammengeschweißt. Ermutigt von Glück und Harmonie, beschließen Sie, ein wenig System in den Beziehungsalltag zu bringen.
    Eines späten Abends,man liegt eng ineinander gekuschelt im Bett, deponieren Sie ganz sachte Ihre Wünsche. Er möge bitte rechtzeitig mitteilen, wenn er bei Ihnen zu übernachten gedenkt, statt Sie spontan aus dem Schlaf zu klingeln. Auch wäre es fein, wenn er die Blitz-Rendezvous im Café zum Zwecke der Koordinierung etwas früher ankündigen könnte, wodurch das Treffen nicht nur in seinen, sondern auch in Ihren Tagesablauf passen würde. Und die Unzuverlässigkeit, ja, das Wort ist Ihnen herausgerutscht, störe Sie besonders. Es sei doch nicht zu viel verlangt, eine vormittags für den Abend getroffene Verabredung einzuhalten.
    Bravo. Blitzschnell, als hätte man ihm einen Elektroschock verpasst, stößt er Sie von sich, nimmt, nunmehr auf dem Rücken liegend, eine unnatürlich steife Körperhaltung ein und beginnt zu hyperventilieren. Schlägt die Decke zurück, steht auf, schnappt sich seine Hose und verlässt stampfend das Schlafzimmer. Kurz darauf hören Sie Ihre Wohnungstüre ins Schloss fallen. Eine halbe Stunde später springt das Faxgerät an. Dem Schreiben, in wütend wirrer Schrift verfasst, entnehmen Sie, dass der Vorwurf der Unzuverlässigkeit Ihren Liebsten zutiefst erbosthat. Wenn
ein
Mensch nicht unzuverlässig sei, dann er. Sie verstünden leider nicht, Sie ignorante Egomanin, dass er als Freiberufler nicht so mir nichts, dir nichts private Pläne machen könne. Er brauche jeden Cent und müsse flexibel sein, auf Abruf bereit für den Fall eines kurzfristigen Auftrages.
    Zerknirscht gehen Sie in sich. Was Sie als kleine Bindungspanik abtaten, ist in Wahrheit massive Existenzangst. Wie konnten Sie so blind sein. Sie haben leicht ruhig leben, mit Ihrer Festanstellung und Ihrem gesicherten Einkommen, während er nicht weiß, wie er die nächste Miete bezahlen soll. Es dauert drei Tage intensivster Schuldeingeständnisse, bis der Gekränkte Ihnen verzeiht und zum Zeichen der Versöhnung seine nächtlichen Überfälle wieder aufnimmt.
    Als er neun Wochen später via E-Mail erneut den Rückzug antritt, nehmen Sie’s bereits gelassener. Er kommt zurück, sucht Nähe, trennt sich wieder. Die Phasen werden kürzer. Immer wenn Sie in Selbstmitleid zu verfallen drohen, führen Sie sich vor Augen, dass der Bedauernswerte er ist. Was wiegt ein bisschen Liebeskummer, gemessen an der inneren Zerrissenheit, die diesen Menschen quälen muss. Sie lernen, die emotionalen Wechselbäder als Härtetraining zu begreifen. Als Chance für den verwöhnten Fratz, der Sie noch immer sind, endlich erwachsen zu werden.
    HÖLLE
    Sie verändern sich tatsächlich. Leider nicht in Richtung reife, souveräne Frau. Statt des erhofften Gleichmuts ist es Frustration, die in Ihr Leben einzieht. Zwar brechen Sie nicht mehr zusammen, wenn er abtaucht, doch geht esauf Dauer an die Nieren, eine Standby-Frau zu sein. Seine Absenzen stoisch zu erdulden, fällt zusehends schwerer. Die Freude angesichts der Rückkehr schrumpft von Mal zu Mal. Humor und Charme und guten Sex, muss man sich das dermaßen schwer verdienen?
    Bei allem Respekt vor den Seelenqualen dieses Mannes, es kotzt Sie an, nichts, aber auch gar nichts Gemeinsames mit Freunden ausmachen zu können. Kein Fest, kein Abendessen, kein Konzert. Weil man nicht weiß, ob der gnädige Herr sich zum Zeitpunkt des vereinbarten Treffens wieder einmal in der Distanzphase befinden wird. So gehen Sie alleine, wie einst in Ihren Singlezeiten, und entschuldigen die Abwesenheit des psychisch Verhinderten mit Arbeit. Obwohl Sie seine Lüge längst durchschauen.
    In den neun Monaten dieser beschissenen Beziehung war es kein einziges Mal ein Job, der ihn
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