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Falsche Froesche

Falsche Froesche

Titel: Falsche Froesche
Autoren: Sandra Schoenthal
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dir.«
    Weit sind Sie gekommen. Statt einer gesunden, geselligen, partnerschaftstauglichen Frau, zu der Sie mutieren wollten, begrüßt Sie im Spiegel ein nervliches Wrack. Verkniffener Mund, dramatische Zornesfalte, der Blick leicht irre. Die einst geschätzte Mitarbeiterin ist heute ein untragbares Element, das zwangsbeurlaubt wird. Sie buchen ein Zimmer in einer Tiroler Almhütte und brechen am selben Abend zur Wanderwoche auf.
    Kaum haben Sie die Stadt verlassen, läutet das Handy. Dass der Quälgeist Ihre überstürzte Abreise nicht versteht, ist einerlei. Dass er Sie wegen beruflicher Verpflichtungen zu seinem tiefen Bedauern nicht begleitenkann, ein unverhoffter Segen. Um das zu erwartende telefonische Bombardement zu unterbinden, teilen Sie Loverboy mit, Ihre Alm befände sich leider Gottes in einem totalen Funkloch.
    Nach drei Tagen an frischer Luft und ohne Handy checken Sie gegen Abend Ihre Nachrichten. Zweiunddreißig der siebenunddreißig Anrufe in Abwesenheit gehen auf sein Konto. Mittlerweile entspannt, wagen Sie den Rückruf. Es könnte ja etwas passiert sein. Laut Telefongesellschaft, seine Stimme überschlägt sich vor Freude, liegt die Alm keineswegs in einem Funkloch, man könne nun täglich telefonieren. Bevor Sie einen Ausweg erdacht haben, fragt er nach Ihrer heutigen Wanderung. Sie schildern die Route. Bei der Kapelle, erfahren Sie, hättest du links abbiegen müssen, dann wärst du bei den Wasserfällen vorbeigekommen. Satellit!, tönt es in Ihr fassungsloses Schweigen. Er hat die Wanderwege der Gegend per Google Earth studiert.
    Auch Sie begeben sich ins Internet. Am Tag Ihrer Heimkehr suchen Sie nach einem anderen Fitnesscenter, beantragen eine neue Handynummer und freuen sich höllisch darauf, Ihr Leben als asoziale Einzelgängerin wieder aufzunehmen.

Der Paniker
    Man sollte jedem entsorgten
Liebhaber eine zweite Chance geben −
mit einer anderen Frau.

Mae West
    FALLE
    Er ist ledig.
    HIMMEL
    Na bitte. Es gibt ihn sehr wohl ungebunden, den Typ intelligenter, humorvoller, liebesfähiger Mann. Mitleid mit den frustrierten Tanten, die uns weismachen wollen, dass ein Mann um die vierzig, der weder mal verheiratet noch je fest liiert war, schlicht und ergreifend gestört ist. Wer mit Geduld und offenen Augen durchs Leben geht, der wird, so wie jetzt Sie, eines Besseren belehrt.
    Freilich fällt es ihm anfangs noch schwer, langfristig zu planen. Zum Beispiel einen Tag im Voraus. Wonach ihm morgen der Sinn stehen wird, kann er heute nicht sagen. Das macht es für Sie etwas kompliziert, Zusagen für Einladungen zu geben, Konzertkarten zu bestellen oder ein Abendessen mit Freunden zu organisieren. Ganz zu schweigen von einer gemeinsamen Reise, und sei es bloß ein klitzekleines Wellnesswochenende in der nahen Therme, das man wegen des starken Andrangs wahnwitzigerweise einen Monat vor Urlaubsantritt buchen müsste. Aber es ist okay. Wer so viele Jahre als einsamer Wolf gelebt hat, kann nicht auf Knopfdruck als Teil eines Paares denken. Es wird Ihnen ein Vergnügen sein, ihn auf diesem beglückenden Wege zu begleiten und liebevolle Zeugin seiner Verwandlung zu werden.
    Siehe da, es funktioniert. Er möchte immer mehr Zeit mitIhnen verbringen. Was allerdings ein hohes Maß an Anpassungsfähigkeit erfordert. Neunzig Prozent der Pläne, die er im Laufe des Tages begeistert für den Abend schmiedet, pflegen sich infolge einer Stimmungsschwankung zu zerschlagen. Weshalb Sie die kurzfristigen Gelegenheiten beim Schopf packen. Er ruft an, will Sie in zehn Minuten im Café treffen, bitte zwanzig, sagen Sie, nein, zwanzig geht nicht, da muss er schon weiter. Sie lassen alles liegen und stehen, dem Geliebten entgegenzurasen.
    Er läutet gegen Mitternacht an Ihrer Türe, möchte bei Ihnen schlafen. Benötigt jedoch einen Kamillentee und ein wenig Ansprache, um zur Ruhe zu kommen. Das Gähnen unterdrückend, hängen Sie am Küchentisch, lauschen den Erzählungen und hoffen, dass die Müdigkeit auch ihn bald ereilen möge. Die Sitzung abzubrechen, wäre gefährlich brüsk. Gerade jetzt, da er die Freuden der Zweisamkeit zu entdecken beginnt. Um Himmels willen den Lernprozess nicht stören.
    Umso fassungsloser stehen Sie da, als er Ihnen im dritten Monat Ihrer Liebe nach einer Woche extremer Belagerung mitteilt, dass die Beziehung der Basis entbehre und man sich trennen müsse. Die Nachricht kommt per E-Mail . Sie rufen an, stellen ihn zur Rede, verlangen eine Erklärung. Monoton wiederholt er seinen knappen
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