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Falsche Froesche

Falsche Froesche

Titel: Falsche Froesche
Autoren: Sandra Schoenthal
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sie sich selbst penibel putzen, weit reinlicher als Menschen sind.
    Das Wochenende ist beendet. Sie schleifen Herr und Hund in die Küche, servieren wortlos ein schnelles Frühstück und teilen mit, dass Sie aufgrund heftiger Kopfschmerzen Ruhe benötigen. Als die beiden RichtungPampa abziehen, stürzen Sie sich in die Reinigung von Bettwäsche, Teppichen und Küchenboden.
    Schnell verpufft die Wut. Er ist ein Naturbursche, und er liebt seinen Hund. Weder muss er Anzüge tragen, noch soll Jara einsam sein. Statt das Duo in die Großstadt zu verpflanzen, wollen Sie sich glücklich schätzen, in der Wunderwelt des Weingartens willkommen zu sein. Wonnig sehen Sie den kommenden Wochenenden und dem nahen Urlaub entgegen.
    Der Campingplatz liegt an einem atemberaubend schönen See. Sie haben nie im Zelt geschlafen und freuen sich, ein Stück verpasster Jugend nachzuholen. Dass der fruchtlose Versuch, Heringe in die Erde zu rammen, drei sorgsam manikürte Fingernägel kostet, macht nichts. Schließlich steht das schmucke Zelt, Ihr Freund begibt sich an den Gaskocher, um das Abendessen zuzubereiten. Chilibohnen aus der Dose, perfekt nach einem anstrengenden Tag. Leider ist die Kartusche leer. Kein Problem, ums Eck liegt »Peter’s Kneipe«. Wo heute Abend nebst warmen Speisen »Edi und die Schuasterbuabn« locken. Weder die grauenhafte Volksmusik noch die fetttriefenden Schnitzel schaffen es, Ihnen die Urlaubslaune zu verderben.
    Weniger tolerabel finden Sie die morgendliche Warteschlange vor dem Duschraum. Als Sie an die Reihe kommen, stehen Sie in einer Brühe aus Seifenschaum, Haaren und zwei Slipeinlagen. Ihren Freund zu warnen, war überflüssig. Er wäscht sich im See. Bei Schönwetter, wohlgemerkt. Da es an den folgenden Tagen regnet, entfällt dieser Programmpunkt. Er verdreckt zusehends. Stinkt und fühlt sich pudelwohl. Die Stechmücken, die uns nachtsim Zelt Gesellschaft leisten, sind Lebewesen wie wir. Das besoffene Gegröle der Nachbarn gehört zum Ambiente. Wie die grausame Lifemusik aus »Peter’s Kneipe«, die allabendlich den Campingplatz beschallt. Wer wollte da nicht nach Kanada?
    Jenseits von Afrika. Als Sie nach der fünften schlaflosen Nacht im Morgengrauen aus dem muffigen Zelt flüchten und barfuß in eine Glasscherbe treten, sehen Sie in der Ausfahrt ein voll bepacktes Auto mit dem Kennzeichen Ihrer Stadt. Sie winken, rufen, rasen hin, pfeifen auf Schuhe, Mann und sonstige Habseligkeiten und flehen das Ehepaar an, Sie mitzunehmen.

Der Lügner
    Die Lüge tötet die Liebe.
Aber die Aufrichtigkeit tötet sie erst recht.

Ernest Hemingway
    FALLE
    Er schuftet für die Familie.
    HIMMEL
    Sie wollten auf keinen Fall weinen. Allein wegen der Wimperntusche. Als vom Donauufer die ersten Salutschüsse in den Himmel steigen, ist Ihre Disziplin dahin. Sie lassen die Tränen fließen und auf Ihr Brautkleid tropfen. Wie viele Hochzeitsschiffe hat das kleine Mädchen, das die Sommerferien in dem verträumten Dorf in der Wachau verbrachte, kommen sehen. Genau so würde eines Tages sie, wenn sie erst groß ist, heiraten.
    Die Realität bescherte eine nüchterne Standesamtzeremonie samt bitterböser Scheidung. Ihr Jungmädchentraum verkam zur kindischen Erinnerung an eine Zeit, als die Welt heil war. Bis Sie Ihren zweiten Mann trafen. Der Ihnen die Glückstränen vom Gesicht tupft, während das Schiff anlegt. Die freudige Unruhe, die Ihrer beider Familien und Freunde erfasst, überträgt sich auf das Baby. Als wollte es heute Abend mittanzen, so heftig strampelt es in Ihrem Bauch.
    Gegen Ende der Hochzeitsfeier in dem 350 Jahre alten Hotel, das die Zeit seit Ihren Kindertagen nahezu unverändert überdauert hat, steuert Sie, sichtlich beschwipst, der Jugendfreund des Bräutigams an. Sie staunen, als der ansonsten Reservierte neben Ihnen Platz nimmt, Ihre Hand ergreift und zu einer hastig geflüsterten Rede ansetzt. Erhatte die Hoffnung aufgegeben, dass der alte Casanova doch noch zur Ruhe kommt. Das unstete Leben, von einer Frau zur nächsten, machte ihn nicht glücklich, egal wie standhaft er das Gegenteil behauptete. In Wahrheit sehnte er sich zutiefst danach, eine Familie zu gründen, zu wissen, wohin er gehört. Dass er diesen Freudentag erleben darf, sagt der mittlerweile zu Tränen Gerührte, wird er Ihnen ewig danken. Bevor Sie Worte finden, ist er nach einer linkischen Umarmung von dannen gewankt.
    Zwei Monate nach Lisas Geburt arbeiten Sie wieder. Als Werbegrafikerin können Sie Projekte großteils zu Hause
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