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Falsche Froesche

Falsche Froesche

Titel: Falsche Froesche
Autoren: Sandra Schoenthal
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Bankbetreuerin an. Ja, wussten Sie denn nicht, dass die Kreditkarte, zum Schutz der Kunden, bei einer dermaßen massiven Überziehung des Verfügungsrahmens automatisch gesperrt werde? Kein Grund zur Aufregung, bitte beruhigen Sie sich. Den Minusbetrag, den die Reisebüro-Abbuchung in Ihr Konto gerissen hat, könne man locker perÜberweisung vom Sparbuch oder, falls Ihnen das lieber sei, durch den Verkauf einiger Wertpapiere ausgleichen.
    Sie stürmen das Reisebüro, bei dem Sie nie gebucht haben. Die freundliche Dame ruft die unter dem Namen Ihres Freundes registrierten Unterlagen auf, aha Weltreise, und staunt: Aber Sie müssten doch heute auf Tahiti sein! Eine Kopie der Rechnung, per Internet mit Visa bezahlt, weist seinen Namen aus, Mr and Mrs, und beläuft sich auf 32 000 Euro.
    Nachdem Sie betäubt nach Hause getaumelt sind, rufen Sie einen alten Freund bei der Polizei an. Der Ihre Geschichte, ohne Sie verletzen zu wollen, auf den ersten Blick als klassischen Hochstapler-Fall einstuft. Er werde, erst mal diskret, ermitteln, und melde sich dann wieder.
    Sein Anruf, zwei Tage später, zerschlägt die zarte Hoffnung, es möge sich um einen Abbuchungsfehler seitens Visa oder des Reisebüros handeln. Ihr Lover befindet sich, mit einem seiner gefälschten Pässe und in Begleitung einer Frau, die ihm übrigens für vermeintliche Geschäftsreisen ihren Maserati zur Verfügung stellt, auf sechswöchiger Luxuskreuzfahrt. Weder ist er Arzt noch Mieter eines Penthouses in São Paulo, vom Strandanwesen auf Florianópolis ganz zu schweigen. Die Baufirma hat es nie gegeben.
    Dass er Portugiesisch kann, ist wahr. Die sieben Jahre, die er in São Paulo wegen Betrugs abgesessen hat, gaben ihm reichlich Zeit, die Landessprache zu erlernen.
    Nach einer schlaflosen Nacht, in der Wut und Scham miteinander ringen, beschließen Sie, ihn anzuzeigen. Peinlich, ja. Aber bevor das Schwein weiterhin sein Unwesen treibt, sitzen Sie lieber als die Idiotin, die Sie sind, im Zeugenstand.

Der Feigling
    Wer selbst nichts zuwege bringt,
kann immer noch andere beraten.

Horst-Eberhard Richter
    FALLE
    Er verbreitet Harmonie.
    HIMMEL
    Ein Notfall führte Sie ins Glück. Sie steckten in der Mitte eines halbseitigen Artikels, als Ihr Computer fünfunddreißig Minuten vor Redaktionsschluss abstürzte. Neustart, beten, fluchen − nichts erweckte den toten Bildschirm. Das ED V-Helpdesk ist sonntags unbesetzt, die Kollegen im Schreibstress, ein Anruf bei der Wochenend-Hotline sinnlos. Um den Fehler zu beseitigen, müsste sich der Techniker in Ihren PC einloggen, was bei einem Gerät, das nicht einmal startet, schwer möglich ist.
    Als Sie, fieberhaft nach einer Lösung suchend, Ihren Daumennagel fertig abgebissen haben, kommt die rettende Idee. Der Neue! Abgesehen davon, dass der Bursche, der vergangene Woche im Helpdesk-Team angefangen hat, sympathisch wirkte, läuft sein Probemonat. In dieser Zeit sind die ansonsten arroganten Herren recht hilfsbereit. Sie schnappen die Telefonliste, finden den fremden Namen und wählen seine Handynummer.
    Er hebt sofort ab. Sie schildern das Problem. Bevor Sie sich für die Unverschämtheit, Sonntagabend zu stören, entschuldigen und Phase zwei, Tränen, einleiten müssen, sagt er, er komme in fünf Minuten, er wohne gleich ums Eck. Eine Viertelstunde später funktioniert Ihr PC. Sogar den im Zuge des Absturzes verschollenen Text zaubert erherbei. Sie schreiben wie der Teufel, während Ihr Retter für den Fall einer weiteren Komplikation im Büro verharrt, und schaffen haarscharf den Redaktionsschluss.
    Ein Dankesbier muss sein. Die Combo in der Eckkneipe spielt ausnahmsweise leise, der Stress ebbt ab, und zwei Getränke später erfahren Sie, dass er fest angestellt ist. Worauf Sie Ihr kaltes Probezeitkalkül beichten. Wie ihn das amüsiert. Helfen ist sein Job. Dienstzeiten sieht er locker. Und, vor allem, wie sonst wäre er mit Ihnen hier gelandet. So kurz Sie die Pflichtübung halten wollten, so erfreulich gerät das Beisammensein. Die Stunden fliegen, während Sie staunen, wie viel Sie erzählen. Der Mann gehört ins Märchen. Herzlich, einfühlsam, sanft. Freilich fallen derlei Qualitäten nach dem Horrorjahr an der Seite eines Machos auf fruchtbaren Boden. Als Sie um drei Uhr morgens aufbrechen, wünschten Sie, Sie könnten sich verlieben. Vielleicht kann er warten. Vielleicht gibt er Ihnen die Zeit, die Sie brauchen, Ihre Wunden zu heilen.
    Um den Wunderknaben warmzuhalten, treffen Sie ihn zwei- bis dreimal
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