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Falltür - bitte klopfen

Falltür - bitte klopfen

Titel: Falltür - bitte klopfen
Autoren: Carter Brown
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dieser Nacht
lebend überstehen.
    Ich wankte ins Bad, schluckte
zwei Aspirin, um das lodernde Feuer in meiner Kehle ein bißchen zu lindern. Die
Wange, die Wanda mißhandelt hatte, war tiefrot und schmerzte hinreichend, mich
ein für allemal vom Heldenmut zu heilen. Dann klopfte es sanft an meiner Tür,
und meine Nerven vollführten aufs neue wilde Seiltänze.
    Es war wie ein neues Spiel für
Kinder: »Ei, wer pocht denn an meinem Türchen?« Und für die Antwort kam
praktisch alles in Frage, von Sexbomben bis zu Greuelfiguren, von der um
Verzeihung bittenden Wanda bis zum Glatzkopf mit der Leiche, der vielleicht
noch eine zweite für seine freie Hand suchte. Wenn ich mich nicht rührte, hörte
das Klopfen vielleicht von selber wieder auf? Ein zweites Pochen, diesmal
lauter, ließ diese Hoffnung schwinden. Zwei Sekunden lang erwog ich, ob es
eines Grafen von Monte Christo würdig sei, sich vielleicht auf dem Weg der
Abwässer aus dem Staub zu machen, aber was der Graf nicht vollbracht hatte,
schaffte ich auch nicht — nämlich wegen der modernen, viel zu geringen
Durchmesser. Was blieb mir übrig, als die Tür zu öffnen und zu tun, als sei ich
ein bißchen krank?
    Mein nächtlicher Besuch — die
Hexe aus dem Zauberwald — trat im gleichen Augenblick gelassen an mir vorüber,
als ich die Tür aufmachte. Dann wandte ich mich um und genoß den Gratisausblick
auf die blonde Dame, die mich mit lauerndem Gesicht beobachtete, was mich
erneut an einen Tiger erinnerte. Es schien, als sei die Nacht doch recht
schwül, denn Martha Westcott hatte sich ebenso wie Wanda dementsprechend an-
beziehungsweise ausgezogen. Von Babydolls hielt Martha jedoch offenbar nichts,
denn sie hatte sich in ein hauchzartes knöchellanges Nylongewand gehüllt, nur
von zwei fingerschmalen Bändchen über ihren braungebrannten Schultern
zusammengehalten. Der V-Ausschnitt reichte tief zwischen die herausfordernden
Rundungen hinab, und das Nylon war undurchsichtig, außer an wichtigen Stellen.
    »Na, edles Herz?« heiserte es
tief aus ihrer Kehle, als hätte sie Halspastillen bitter nötig.
    »Ähem ..Mrs. Westcott«,
stotterte ich. »Was führt Sie denn hierher?«
    Das war wohl eine überaus dumme
Frage. Ihre sinnlichen Lippen kräuselten sich zu einem Lächeln, das bis in ihre
letzten Winkel die verheißungsvollsten Antworten zauberte.
    »Ich bemühe mich lediglich,
eine tadellose Gastgeberin zu sein«, wisperte sie rauh. »Ich wollte nur
nachsehen, ob mein Ehrengast vielleicht noch etwas braucht zum Schlafen...«
    »Besten Dank.« Ich lächelte
blöde. »Etwas zu trinken könnte ich schon noch brauchen. Aber ich fürchte,
es...« Das kalte Glitzern ihrer Augen ließ mich verstummen. »Nein, das haben
Sie wohl nicht.«
    »Ich bin gekommen, Ihre
Herausforderung anzunehmen«, sagte sie. »Immer noch bange, Larry?«
    Sie schritt zum Bett, ließ sich
darauf nieder wie eine gestaltgewordene Symphonie aus Nylon und Kurven, und
dann zog sie den Saum so hoch, wie er bei einem Babydoll zu sein pflegt.
    »Es ist so schwül heute nacht.«
Ihre überentwickelte Unterlippe schob sich noch ein Stückchen vor. »Wie
verhalten wir uns denn jetzt Ihren Spielregeln gemäß, Larry? Wollen Sie’s mir
nicht mal zeigen?«
    »Ich...« Meine Zunge klebte am
Gaumen. »Wie ich Ihnen schon sagte«, erklärte ich heiser, »kommen verheiratete
Damen nicht in Frage, was mich betrifft.«
    »Sind Sie da ganz sicher?«
murmelte sie. Der Saum rutschte fünf weitere Zentimeter hoch und blieb kurz vor
jenem Punkt hängen, an dem es keine Umkehr mehr gibt.
    »Bei Ihnen könnte ich ja
vielleicht eine Ausnahme machen«, brachte ich heraus, »aber auch das geht heute
nicht — weil Sie doch eine frischgebackene Witwe sind.«
    »Witwe?« Sie blinzelte ein
paarmal. »Wovon, zum Teufel, reden Sie da?«
    »Es wird schmerzlich für Sie
sein, Martha«, sagte ich bedächtig. »Seien Sie auf alles gefaßt!«
    Sie holte tief Luft, wodurch
sich der V-Ausschnitt bis zum Nabel streckte. »Ich bin gefaßt!« sagte sie und
kicherte verführerisch.
    »Ihr Gatte ist tot«, erklärte
ich ihr.
    »Eugene?«
    »Wie viele Gatten haben Sie
denn?«
    »Tot?« Es klang überaus
ungläubig. »Soll das ein schlechter Witz sein, Larry?«
    »Kein Witz«, schnauzte ich. »Ich
habe gesehen, wie dieser Unmensch seine Leiche ums Haus geschleift hat — und
das ist nicht länger als eine Viertelstunde her!«
    »Unmensch?« Sie fuhr hoch und
bekam große Augen. »Meinen Sie Emile?«
    »Wie viele Unmenschen haben
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