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Falkenschwur: Die Fortsetzung des Bestsellers »Pestsiegel« (German Edition)

Falkenschwur: Die Fortsetzung des Bestsellers »Pestsiegel« (German Edition)

Titel: Falkenschwur: Die Fortsetzung des Bestsellers »Pestsiegel« (German Edition)
Autoren: Peter Ransley
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Die Peitsche knallte. Scogman zuckte und kniff die Augen zusammen, obwohl die Peitsche seine Haut kaum berührt hatte. Bennets angeborener Hang zur Gewalt wurde durch das Wissen in Schach gehalten, dass seine Kameraden zusahen. Vielleicht zog er stattdessen ein perverses Vergnügen daraus, Stalker und Challoner zu verhöhnen, indem er Scogman nicht bis aufs Blut peitschte. Die Peitsche knallte erneut, ohne großen Schaden anzurichten. Scogman spielte mit und zuckte und krümmte sich theatralisch.
    Voller Verachtung und Abscheu wendete Challoner sein Pferd.
    Ich riss Bennet die Peitsche aus der Hand und ließ sie ungeschickt auf Scogmans Rücken niedersausen. Er stieß einen erstaunten Schrei aus und verstummte dann. Ich wollte ihn schreien hören, brüllen, doch während er für Bennet gespielt hatte, tat er mir den Gefallen nicht. Nach dem ersten blutigen Streich verschwanden die Gesichter der Zuschauer, und ich sah und hörte nichts mehr, bis jemand mich am Arm packte. Ben. Verständnislos starrte ich ihn an, dann die Peitsche, dann das, was ich zuerst für ein rohes Stück Fleisch hielt. Ben zog mich fort. Ich konnte gerade noch das Erbrochene herunterschlucken, das in meiner Kehle aufstieg.
    Ich schleuderte Challoner die Peitsche entgegen.
    »Zufrieden?«

3. Kapitel
    Während der nächsten Tage bedrängte Challoner mich unablässig, ihm Scogman auszuliefern, doch ich weigerte mich. Ben erklärte mir, dass er vermutlich nicht mehr lange leben würde. Das mindeste, was ich für ihn tun konnte, war, ihn unter Daisys Obhut sterben zu lassen, denn solange auch nur ein Fünkchen Leben in ihm war, würde Challoner ihn gewisslich aufhängen.
    Ben wollte mir Entschlackungsmittel geben, sagte, meine Körpersäfte seien ernstlich aus dem Gleichgewicht, aber ich wollte nichts davon wissen. Ich erhielt einen kurzen Brief von Lord Stonehouse aus Newcastle, in dem er mich nach Hause beorderte. Colonel Wallace sei wieder genesen und würde zu seinem Regiment zurückkehren.
    Ich ritt allein von Essex nach London. Die Landschaft wirkte nackt, auf vielen Feldern wucherte das Unkraut, während die Straßen nach den ganzen Truppenbewegungen aussahen, als sei ein gigantischer Pflug darüber hinweggegangen. In einer Welt, die kopfstand, blieben nicht einmal die Jahreszeiten verschont. Der Frühling kam nicht nur spät, es sah aus, als würde er niemals kommen. Als die Royalisten Newcastle blockiert hatten, damit keine Kohlenschiffe London erreichen konnten, waren die meisten Bäume gefällt worden, um Feuerholz zu gewinnen.
    Alles, was ich vor Augen hatte, waren Scogmans roher, blutiger Rücken und die mürrischen, verbitterten Gesichter meiner Männer. Nein – es waren nicht länger meine Männer. Ich hatte sie verloren. Ich hatte mich selbst verloren. Als ich London erreichte, hatte diese Erinnerung mich in vollkommene Dunkelheit gestürzt. Meine Frau Anne kannte diese Stimmung, diese sonderbare Düsterkeit, die mich überkam, und sah sie in meinem Gesicht, als ich von meinem Pferd halbwegs in ihre Arme fiel. Ihre Umarmung war heilsamer als jede Arznei und merzte die Erinnerung an den blutigen Rücken bald aus.
    Tagelang schlief ich oder wanderte durch den Garten unseres Hauses in der Drury Lane, in dem Anne mit ihrem grünen Daumen einen Apfelbaum gepflanzt hatte. Der Apfelbaum im Half Moon Court, unter dem wir als Kinder gespielt und später unseren ersten Kuss getauscht hatten, war im letzten bitteren Kriegswinter gefällt worden. Ich ertastete die ersten, schwellenden Knospen des jungen Baumes. Sie waren noch dunkel und warteten auf die wärmende Sonne. Irgendwann würde es in diesem kleinen Garten Frühling werden, und vielleicht trug der Baum dieses Jahr zum ersten Mal Früchte.
    Cromwell lebte in derselben Straße, und ich nahm meinen ganzen Mut zusammen, um ihn zu besuchen. Doch man sagte mir, er sei krank, eine Eiterbeule am Kopf, die nicht abschwellen wollte. Die Nachricht ließ mich noch mehr verzweifeln.
    »Ihr seid nicht Ihr selbst, Sir«, sagte Jane, die Haushälterin.
    Ich versuchte, ihre Worte mit einem Lachen beiseitezuwischen. »Genau, Jane! Ich bin nicht ich selbst. Ich muss mich finden! Wo bin ich?«
    Gehörte ich zu den mürrischen, verbitterten Männern der Armee, oder gehörte ich zu Leuten wie Challoner, könnte ich überhaupt jemals zu ihnen gehören?
    »Wo bin ich?«, sagte ich zu meinem Sohn Luke, der, als ich ankam, staunend diesen fremden Mann angestarrt hatte, der vom Pferd herab seiner Mutter in die
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