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Falkenjagd: Ein Fall für Robert Walcher (Ein Robert-Walcher-Krimi) (German Edition)

Falkenjagd: Ein Fall für Robert Walcher (Ein Robert-Walcher-Krimi) (German Edition)

Titel: Falkenjagd: Ein Fall für Robert Walcher (Ein Robert-Walcher-Krimi) (German Edition)
Autoren: Joachim Rangnick
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bewunderte den Kater wegen seines grässlichen Gestanks, schnupperte und leckte den Stinker mit unsäglicher Inbrunst ab, wenn der, von einer Jauchetour zurück, auf der Suche nach einem ruhigen Schlafplatz durch das Haus strich.
    Meist nutzte Bärendreck die Wehrlosigkeit von Walcher oder Irmi aus, wenn sie schliefen. Dann schlich er sich ins Bett und kuschelte sich genussvoll in das warme, weiche Bettzeug. Die Flüche am Morgen oder auch schon mal einen unsanften Tritt nahm er billigend in Kauf, was er durch seine Wiederholungstaten eindringlich demonstrierte.
    Für Walcher und Irmi bedeutete es jedes Mal zusätzliche Wascharbeit, denn das Bettzeug stank danach unerträglich.
    Eigentlich wollte Walcher nur ein paar Gedanken notieren, aber die Tafel war voll, und auf der Rückseite stand ein Sinnspruch des ehemaligen Besitzers, mit spitzem Griffel in feinster Sütterlin geschrieben: Hausierer und Vorarlberger werden vom Hof gejagt.
    Die Schiefertafel hatte Walcher auf dem Dachboden gefunden und die beschriebene Seite mit einer Lackschicht geschützt. Irmis Einkaufsliste wollte er auch nicht löschen, also hängte er die Tafel zurück an ihren Platz an der Wand neben der Küchentür und stieg die Treppe hinauf in sein Arbeitszimmer, um sich Stift und Papier zu holen.
    Er bemühte sich, leise zu sein, es war inzwischen kurz nach 23 Uhr, und Irmi schlief schon. Walcher vergewisserte sich wegen des lauernden Katers, dass ihre Zimmertür geschlossen war.
    Rolli begrüßte ihn mit freudigem Schwanzwedeln, als Walcher wieder herunterkam. Dem Hund war das obere Stockwerk verboten, was er erstaunlich schnell kapiert hatte, weshalb er brav unten an der Treppe wartete.
    »Braver Hund«, lobte ihn Walcher und holte sich aus dem von ihm sogenannten Giftschrank im Wohnzimmer die Karaffe mit Sherry und ein Glas und setzte sich dann an den Küchentisch. Nach dem ersten Schluck betrachtete er traurig Glas und Karaffe, es würde einer der letzten Schlucke sein. Das Sherryfass im Gewölbekeller unter der Küche gab allerhöchstens noch eine letzte Füllung her. Mit einem Seufzer zückte er den Filzstift.
    Leere Blätter hatten für ihn etwas faszinierend Aufforderndes, und er begann geradezu lustvoll zum wiederholten Mal seine Strategie zur weiteren Beschaffung von Informationen zu überarbeiten. Das tat er häufig in der ersten Phase einer Recherche.
    »Haben Sie Interesse und Zeit, über Menschenhandel mit dem Schwerpunkt auf Kindesmissbrauch zu recherchieren und ein Dossier darüber zu schreiben?« Das stand vor nunmehr gut drei Monaten in der E-Mail von Rolf Inning, dem Ressortleiter »Gesellschaft« des Magazins Weltchrist , mit dem Walcher bereits seit mehreren Jahren zusammenarbeitete. Und weil er Interesse hatte, vereinbarten sie ein Arbeitsgespräch in Frankfurt, auch wenn der Verlag seinen Sitz in Hamburg hatte. Inning begründete dies mit Sparmaßnahmen sowie damit, dass Günther Auenheim anwesend sein würde. » GAU , wie wir ihn intern nennen«, hatte Inning vertraulich am Telefon erklärt, »ist der Enkelsohn des Verlagsgründers und mischt sich gelegentlich in unser Tagesgeschäft ein, vermutlich um zu demonstrieren, dass er nicht bloß ein paar Aktien geerbt hat. Sie werden ihn kennenlernen. Er wohnt in Frankfurt am Main, daher der Treffpunkt, kostengünstig, gewissermaßen auf halbem Weg zwischen Bodensee und Nordsee.«
    Walcher fuhr zu dem Treffen nach Frankfurt und nahm danach den Auftrag für die Reportage an, auch wenn er Günther Auenheim grässlich fand. Auenheim kleidete sich wie ein Verleger alter Schule: dunkler Nadelstreifenanzug mit Weste, Krawatte und Einstecktuch. Wer seine Brille stets griffbereit an einer goldenen Kette um den Hals baumeln hat, trägt vermutlich auch Sockenhalter, hatte Walcher etwas boshaft vermutet.
    Die locker nach hinten gebürsteten geölten Haare waren etwas zu lang, aber gepflegt. Der akkurate Kinnbart, der einer Ziege Ehre gemacht hätte, reichte fast bis hinab zum Krawattenknoten. Auenheim hatte sich in epischer Breite über die Verantwortung eines Verlegers ausgelassen, der Gesellschaft kulturell und moralisch auf die Sprünge zu helfen, und Walcher einen Schnellhefter mit Kopien von Statistiken, Berichten, Artikeln, Kontaktadressen und eigenen Notizen übergeben, die er selbst bereits zum Thema Menschenhandel und Pädophilie zusammengetragen hatte.
    »Ich hätte gern selbst darüber geschrieben«, erklärte er, »aber meine Zeit reicht dafür einfach nicht aus. Bitte halten
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