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Falkenhof 01 - Im Zeichen des Falken

Falkenhof 01 - Im Zeichen des Falken

Titel: Falkenhof 01 - Im Zeichen des Falken
Autoren: Rainer M. Schröder
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dem du dich festhalten und an den du eines der Tragseile der Gondel knoten kannst?«
    Tobias grinste. Das war wieder der alte Sadik, der weder Tod noch Teufel fürchtete (Ballonflüge ausgenommen!) und in gefährlichen Situationen einen kühlen Kopf bewahrte. Er sah sich um. »Ja, schräg über mir. Aber dafür muss ich aufstehen.«
    »Im Liegen steigen wir ganz sicher nicht aus diesem Affenkäfig!«, brummte Sadik.
    Tobias richtete sich langsam auf und hoffte, dass die Gondel fest zwischen den Ästen saß und nicht plötzlich in die Tiefe rauschte. Sie rutschte jedoch nur ein Stück zur Seite weg und dann hatte Tobias auch schon den dicken Ast gepackt.
    »Schneid das Seil über dir durch, schlinge es mehrmals um den Ast und verknote es gut!«
    Tobias freute sich, dass ihm Sadik wieder klare, durchdachte Anweisungen gab. Schnell hatte er die Gondel gesichert. Nun wagte auch Sadik, sich zu erheben, und zusammen knoteten sie ein zweites Seil an einen anderen, gegenüberliegenden Ast.
    »Wir werden uns abseilen«, meinte er. »Das ist das Sicherste. Sind diese Nacht genug Gefahren eingegangen.«
    Sie zerrten Teile der Gondelaufhängung und des Netzes zu sich heran, durchtrennten die Leinen und verknoteten die einzelnen Stücke zu einem Seil.
    »So, das müsste lang genug sein«, sagte Sadik schließlich und ließ das Seil in die Tiefe. Es war sehr dunkel. Der Waldboden ließ sich mit bloßem Auge nicht erkennen, denn die Hülle des Falken hatte sie in schwärzeste Dunkelheit getaucht. Kein noch so schwacher Schimmer Sternenlicht drang durch den Taft und die Ballonseide. Deshalb ruckte Sadik immer wieder leicht am Seil und überließ sich ganz seinem Fingerspitzengefühl. Dann sagte er zufrieden: »Da! Jetzt ist es unten aufgestoßen. Achtzehn Meter! Ich klettere zuerst runter.«
    »Und was ist mit unseren Sachen?«, wollte Tobias wissen.
    Das Blatt, das er für Wattendorfs Brief hielt, hatte er in seine innere Jackentasche gesteckt und dabei unwillkürlich nach Janas Holzkugel getastet, die er an einer dünnen Lederschnur um den Hals trug. Sie war noch da. Gott sei Dank!
    »Was soll schon sein? Schmeiß das Zeug runter! Wir sammeln es unten auf! Wird schon nichts davon beschädigt werden. Das Wichtigste von allem hast du ja schon in den See geworfen – nämlich unseren Proviant«, brummte Sadik, schob sich den Tragegurt seines Bündels über die Schulter und kletterte am Seil hinunter.
    Tobias dachte gar nicht daran, die kostbaren Tagebücher seines Vaters hinunterzuwerfen und durch die Äste flattern zu lassen. Sie würden dabei sehr wohl Schaden nehmen. Deshalb räumte er seinen Kleidersack aus, stopfte alle Kleider in die Hose, band die Hosenbeine zusammen und warf das Bündel dann hinunter.
    »Angekommen!«, rief Sadik. »Das nächste! Beeil dich!«
    Tobias legte alle Tagebücher in den Sack. Er zählte einundzwanzig Stück. Das konnte stimmen. Er hatte sie vorher nicht gezählt. Schnell knotete er die Öffnung zu und warf den Sack hinunter. Laut krachte er durch die Äste und schlug dann auf.
    Tobias legte den Spazierstock diagonal in die Truhe und darüber seinen warmen Umhang, der ihm beim Hinabklettern nur hinderlich sein würde. In den Umhang wickelte er das Metronom, den Walknochen und die anderen Dinge, die er noch mitgenommen hatte, verschloss die Truhe und ließ sie den Kleidern und Büchern folgen. Sie langte unten jedoch nicht an. Irgendwo auf halbem Weg blieb sie im Geäst hängen.
    Es bereitete Tobias einige Schwierigkeiten, mit dem Florett an seiner Seite aus der Gondel zu klettern und sich am Seil hinabzulassen. Immer wieder blieb die lange Waffe hängen und er musste anhalten, das Florett lösen, wieder zwischen seine Beine klemmen und dann den Abstieg fortsetzen. Die festhängende Truhe bekam er los, indem er heftig am Ast rüttelte, auf dessen Zweigen sie gelandet war.
    Und dann hatte er wieder festen Boden unter den Füßen. Er lachte unwillkürlich. »Wir haben es geschafft, Sadik! Wir haben es geschafft! Ich weiß nicht, wie weit wir vom Falkenhof weg sind, aber gleich um die Ecke sind wir garantiert nicht gelandet!«
    »Es hätte Schlimmeres passieren können«, pflichtete der ihm bei. »Aber wir wollen die Nacht nicht vor dem Tag loben. Morgen werden wir ja wohl herausfinden, wohin es uns verschlagen hat.« Er sah zu, wie Tobias Kleider und Bücher in die Truhe räumte. »Und du gehst also davon aus, dass wir diese dumme Truhe, die so überflüssig ist wie ein Kropf, gemeinsam durch den Wald
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