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Falkengrund, Schule des Okkulten - Episode 6 Tod in Kupfer

Falkengrund, Schule des Okkulten - Episode 6 Tod in Kupfer

Titel: Falkengrund, Schule des Okkulten - Episode 6 Tod in Kupfer
Autoren: Martin Clauß
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sie sich den beiden Männern als Studenten vorgestellt hatten. Im Nachhinein erschien ihm diese Entscheidung weniger glücklich.
    Eine Schule für okkulte Fragen. Nicht, dass Falkengrunds Existenz ein Geheimnis gewesen wäre! Aber ihr Name hätte in Verbindung mit dem Verschwinden dieses kleinen Mädchens nicht fallen müssen. Der Name einer solchen Schule hatte nichts zu suchen in der Gesellschaft einer Begebenheit, die in irgendeiner Weise ein Rätsel darstellte. Rätsel machten hungrig auf neue Rätsel.
    Melanie hatte kein Wort mit den Polizisten geredet. Artur war das aufgefallen.
    Jetzt sprach er die Studentin darauf an. „Du kennst das Kind auf dem Bild nicht, oder?“
    Melanie sah ihn erschrocken an. „Kennen? Nein, das nicht. Aber ich habe eine kleine Schwester, na ja, eine Halbschwester, die im gleichen Alter ist. Natalie. Sie hat denselben Vater wie ich. Ich musste einen Moment an sie denken, als ich das Bild sah. Schau nicht so finster – sie ist es nicht.“
    Eine Weile gingen sie wortlos nebeneinander her, eine Steigung hinauf. Die trockene Erde knirschte unter ihren Tritten. Es war das einzige Geräusch. Die vollkommene Windstille machte den Wald zu einem Ort tiefen Schweigens. Es war um die Mittagszeit, und die Tiere schienen eine Ruhepause eingelegt zu haben.
    „Weißt du“, begann das rothaarige Mädchen nach einigen Minuten, „ich glaube nicht, dass man sich immer Sorgen machen muss.“
    Artur blieb stehen. Er war etwas außer Atem gekommen. „Wie meinst du das?“
    „Ich meine – wie bei diesem verschwundenen Mädchen. Du hast den Zettel gesehen, und was hast du die Beamten gefragt?“
    „Ich ... erinnere mich nicht.“
    „Du hast gefragt: ‚Ist sie tot?’ Aber sie ist nur verschwunden, verstehst du? Wahrscheinlich ist sie bei einer Freundin. Wir müssen nicht immer gleich das Schlimmste annehmen. Du bist sehr ... ängstlich.“
    „Ich weiß nicht“, sagte er. „Ich weiß nicht. Wenn ein zwölfjähriges Kind verschwindet ...“
    „Denk nur mal an die letzten Tage. Was alles geschah. Madoka stürzte aus dem Fenster. Ich weiß nicht genau, was es mit dir zu tun hat, aber du scheinst dir schreckliche Vorwürfe zu machen. Dabei ist dir etwas Wichtiges entgangen.“
    Melanie lief wieder los, doch Artur blieb zurück, in Gedanken versunken. Als sie sich aus zwanzig Metern Entfernung nach ihm umwandte, rief er: „Was ist mir entgangen?“
    „Das naheliegende: Dass sie lebt, und dass sie keine Knochenbrüche und keine inneren Verletzungen davongetragen hat. Das ist fast ein Wunder, nicht wahr? Sie hatte einen Schutzengel!“
    Bei dem Wort Schutzengel fuhr er zusammen. Er betrachtete die Studentin mit zusammengekniffenen Augen, fragte sich, wie akkurat die Gerüchte sein mochten, die über ihn in Umlauf waren. Er ging weiter, bis er sie erreichte. Ihn interessierte die Fortsetzung ihres Gesprächs, aber ihm war nicht wohl dabei, es durch den Wald zu brüllen. Egal, ob sie beide hier alleine waren. Mache Dinge schrien sich nicht gut.
    „Und Donnerstag“, fuhr sie fort. „Wir dachten, Isabel hätte den Männern einen Liebestrank eingeflößt. Bis sich herausstellte, dass alles eine Farce war. Wenn du mich fragst, hattet ihr Jungs alle einen Schutzengel. Oder hättest du es vorgezogen, der Gothic-Queen zu verfallen? Und gestern – dieser verrückte Spuk. Was sagst du dazu?“
    Er überlegte. „Es war ziemlich viel los innerhalb einer Woche. Wenn das auf Falkengrund der übliche Takt an übersinnlichen Phänomenen ist ...“
    „Schön, es war ein bisschen heftig, aber was ist passiert? Wir hatten einen Spuk im Haus, der die Elektrizität kontrollieren, siedend heißes Wasser verspritzen und Stecknadeln durch die Luft fliegen lassen konnte. Es hätte locker Tote geben können, aber unter dem Strich wurden gerade mal ein paar Leute leicht verletzt. Nichts, was einem nicht auch beim Sport oder bei der Arbeit passieren könnte.“
    „Schutzengel?“, meinte Artur unsicher.
    „Genau. Wir Menschen werden beschützt, ganz gezielt. Wir müssen das nur wahrnehmen. Und Mut schöpfen. Positiv denken.“
    Er war perplex. Was Melanie da sprach, schien genau auf ihn gemünzt zu sein.
    Sie fuhr fort. „Weißt du, deshalb bin ich dir bisher kaum aufgefallen! Weil ich mich nicht ständig über alles aufrege. Ich kapsle mich auch nicht ab oder lebe in irgendeiner schwarzen Vampirwelt. Ich bin einfach ich. Manchmal glaube ich, ich bin die einzige, die sich darüber freut, diese Schule besuchen zu
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