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Falkengrund, Schule des Okkulten - Episode 3 Fluch der Liebe

Falkengrund, Schule des Okkulten - Episode 3 Fluch der Liebe

Titel: Falkengrund, Schule des Okkulten - Episode 3 Fluch der Liebe
Autoren: Martin Clauß
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ein Pulver.
    „Ein Gewürz“, riet Michael Löwe.
    „Achtung, Doktor – Michael sieht hungrig aus! Falls das Zeug kostbar ist, wäre ich vorsichtig ...“ Harald Salopek, ein sportlicher Junge mit sonnengebräunter Haut, grinste übers ganze Gesicht.
    Michael zuckte zusammen, als hätte man ihn bei etwas Bösem ertappt. Der knochige Mann undefinierbaren Alters senkte den Kopf und trat von dem Schreibtisch zurück.
    Sanjay Munda tänzelte an den männlichen Studenten vorbei und beugte sich mit einer graziösen Bewegung über die Tischplatte. Schnupperte an den beiden Gewürzhäufchen. Selbst dieses Schnuppern hatte etwas Erotisches, tat sie es doch mit dem gesamten Körper, wie eine Theaterschauspielerin. Ihre abgespreizten Arme wogten auf und ab, um zu illustrieren, wie sie den Duft inhalierte, kostete ... und wieder ausstieß.
    Alle Frauen im Raum verdrehten die Augen. Die Blicke der männlichen Studenten hingen an Sanjays wohlgeformten Hintern, der sich unter dem sari-artigen Hosenrock aus Seide abzeichnete.
    „Koriander“, sagte Sanjay. Sie war die Tochter eines Inders und einer Deutschen und abwechselnd in beiden Ländern aufgewachsen. Wie sie den Geruch aus der betörenden Süße des Parfums herauszufiltern vermochte, die ihren Leib einhüllte, war vielen im Raum ein Rätsel.
    „Ja“, meinte Mr. Hyde abwesend. „Ge- ... äh ... -nau.“
    „Lecker“, sagte Sanjay mit sinnlichem Timbre in der Stimme. „Die Königin der Gewürze.“
    „Ich wette, das sagt sie zu jedem braunen Pulverhaufen.“ Das war Harald. Von hinten kam das gluckernde Lachen eines der Mädchen.
    Dr. Konzelmann hustete, und ein Teil des Pulvers wurde weggeblasen. Peinlich berührt floh der Dozent in die Ecke des Zimmers, damit ihm das Missgeschick nicht noch einmal widerfuhr. Von dort aus beobachtete er, wie einer der Studenten nach dem anderen an den Häufchen roch.
    Elf der insgesamt dreizehn Studenten von Falkengrund nahmen an dem Seminar teil. Madoka Tanigawa, die am Vortag aus dem Fenster ihres Zimmers im ersten Stock gestürzt war, hatte vom Arzt Bettruhe für die Woche verordnet bekommen. Wie durch ein Wunder hatte sie sich keine Knochenbrüche und inneren Verletzungen zugezogen. Sie war jedoch mit Prellungen und Schnittwunden übersät.
    Artur Leik, der neue Student, der an dem Unglück nicht ganz schuldlos gewesen war, stand unter Beobachtung und wurde auf seine mögliche Gefährlichkeit hin untersucht. Es hieß, ein unsichtbares Wesen, das er seinen „Schutzengel“ nannte, habe Madoka um ein Haar in den Tod getrieben.
    „Die Bibel vergleicht die göttliche Speise Manna mit weißem Koriandersamen. In China glaubte man, das Gewürz könne Unsterblichkeit verleihen. Doch was uns heute interessiert, ist etwas anderes. Weiß jemand, welche ... äh ... besonderen Kräfte man dem Koriander in Europa und in der arabischen Welt nachsagte?“
    Irgendjemand murmelte etwas von „Abführmittel“, traute sich aber offenbar nicht, es laut auszusprechen.
    „Koriander“, begann Mr. Hyde nach einer viel zu langen Wartezeit, „wurde als Aphro- ... äh ... -disiakum und für Liebestränke verwendet.“
    Allgemeines Kichern.
    „Es wirkt schon“, witzelte Harald, streckte die Hände vor und tat so, als ziehe Sanjay ihn an wie ein Magnet ein Stück Metall. Die junge Frau stieß ihn lachend zurück.
    „Liebestränke sind in allen Kulturen belegt“, fuhr Konzelmann fort. „Obwohl oft die Grenze zu sexuell stimulierenden Medikamenten nicht klar zu ziehen ist – wie auch, äh, beim Koriander hier –, darf man die beiden nicht miteinander verwechseln. Ja, ein ... ein echter Liebestrank ist viel mehr als ein stimulierendes Mittel. Er ist, wenn man so sagen will, die Schnittstelle von magischen Praktiken zur Gewinnung intensiver Zuneigung auf der einen Seite und ... äh ... die ...“
    Er hatte den Faden verloren. Das geschah in jeder Unterrichtsstunde einige Dutzend Mal.
    „Gut ... lassen wir das. Aus dem ... äh ... Griechischen stammt der Begriff philtron , lateinisch philtrum . Im Englischen spricht man, wie Sie bestimmt wissen, von love potion . Neben bestimmten Kräutern gibt es andere wichtige Ingredienzien, die ... äh ... wer kann weitere solche Zutaten nennen?“
    „Iberische Brummer“, antwortete Harald wie aus der Pistole geschossen.
    Nach einer kurzen Pause sagte eine Frauenstimme, eher gelangweilt: „Er meint die spanische Fliege.“ Verhaltenes Lachen bei den anderen.
    „Menstruationsblut.“
    Das Lachen versiegte. In
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