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Falkengrund, Schule des Okkulten - Episode 2 Der Begleiter

Falkengrund, Schule des Okkulten - Episode 2 Der Begleiter

Titel: Falkengrund, Schule des Okkulten - Episode 2 Der Begleiter
Autoren: Martin Clauß
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bewegte.
    Eng zusammengekauert war sie durch das Fenster gekracht, die Beine an den Körper gezogen und die Arme um die Knie geschlungen, wie ein Kind, das im Schwimmbad vom Ein-Meter-Brett herunter eine „Wasserbombe“ versuchte.
    Während des Fluges streckte die Gestalt die Arme und Beine aus und begann zu schreien.
    Artur sah, dass es ein Mädchen war. Die Augen weit aufgerissen, den Mund zu einem langgezogenen, klagenden Schrei geöffnet, stürzte es in einem Bogen herab, einen Sturm aus winzigen, sirrenden Glassplittern hinter sich herziehend.
    „Mein Gott“, erfuhr es Artur. Es schien eine Ewigkeit zu dauern, bis das Mädchen den Boden erreichte. Ein, zwei endlose Sekunden, in denen die beiden Männer nichts tun konnten, um das arme Ding zu retten.
    Sechs oder sieben Schritte von Artur und dem Gärtner entfernt knallte der zierliche Körper auf den Rasen, nur knapp neben dem mit Steinplatten ausgelegten Weg zum Portal.
    Das Mädchen hatte Arme und Beine nach vorn gestreckt, wie eine fallende Katze. Mit einer Mischung aus Schreien und Stöhnen fing die zarte Person ihren Sturz ab. Ihre Arme konnten die Wucht nicht vollständig dämpfen. Sie knickten hilflos zur Seite weg, und ihr Oberkörper prallte gegen den trockenen Grasboden. Die Luft wurde hörbar aus ihren Lungen gequetscht, und ein Ruck ging durch ihren Leib, als sie sich im Gras entspannte.
    Für einen Augenblick herrschte ein überirdisches Schweigen. Die letzten Glassplitter regneten beinahe lautlos herab und verteilten sich in einem weiten Umkreis über den Rasen und die Steinplatten.
    „Madoka“, flüsterte Werner. „Nein! Das kann sie nicht überlebt haben ...“
    Zum Glück irrte sich der Gärtner.
    Das Mädchen, das er Madoka genannt hatte, wälzte sich zur Seite und ächzte wimmernd. Als Artur und Werner es erreichten, hatte es sich auf den Rücken gedreht und sah mit geweiteten Augen in den Himmel.
    Gott sei Dank – ihre Augen brechen nicht, sie bewegen sich , pulste es in Artur. Werner war neben dem Mädchen in die Knie gegangen und betastete die dünnen Arme. Artur dagegen wusste nicht, was er tun sollte. Die Haut der Verunglückten war mit Schnittwunden übersät. Ihr Gesicht hatte nur ein paar Kratzer abbekommen, aber die Außenseiten ihrer Unterarme und ihrer Hände sahen aus, als hätte sie versucht, sich durch einen Haufen Rasierklingen zu wühlen. Überall quoll Blut hervor und überzog das Gras mit bräunlichen Schlieren.
    „Sieht aus, als wäre nichts gebrochen“, flüsterte der Gärtner. „Zumindest die Arme sind in Ordnung. Aber wahrscheinlich hat sie innere Verletzungen davongetragen.“
    Artur zwang sich zur Ruhe, versuchte regelmäßig und tief zu atmen. Erst allmählich konnte er seinen Blick von den zuckenden, angstvollen Augen und den Schnittwunden lösen und das betrachten, was das Mädchen sonst noch ausmachte – außer den Spuren ihres schrecklichen Unfalls.
    Sie war eine Asiatin. Hatte langes, glattes, dunkelbraunes Haar, schmale Augen, einen kleinen Mund. So wie sie dort lag, die Haare wie ein Fächer um ihren Kopf arrangiert, wirkte sie überirdisch schön, trotz der blutigen Kratzer auf ihren Wangen. Sie trug eine enge Jeans und ein schlichtes, weißes T-Shirt. Beides betonte ihre zerbrechliche Figur. Sie konnte kaum größer als 1,55 m sein, und es hätte ihn gewundert, wenn sie viel mehr als vierzig Kilo auf die Waage gebracht hätte.
    Gott, wie konnte ein so fragiles Geschöpf einen solchen Sturz überstehen?
    „Wir müssen das Krankenhaus anrufen“, würgte Artur hervor. „Wo ist das Telefon?“
    Der Gärtner sah zu ihm auf.
    „Wo ist das Telefon?“, wiederholte Artur seine Frage. „Ich besitze kein Handy, und jede Sekunde ist kostbar.“
    Werner hob beschwichtigend die Hand. Die Handfläche war besudelt vom Blut des Mädchens. „Einen Moment“, sagte er mit erstaunlich gefasster Stimme. „Erst müssen wir wissen, was hier passiert ist.“
    „Was passiert ist?“ Artur traute seinen Ohren nicht. „Dieses Mädchen ist durch das Fenster im ersten Stock gesprungen ... oder ... oder geschleudert worden, und ...“
    „Sehen Sie?“, unterbrach ihn der Gärtner barsch. Langsam drehte er sein Gesicht, bis es dem Haus zugewandt war. Seine etwas schwammige Miene war jetzt eine Maske der Konzentration. In seinen Augen blitzte eine Intelligenz auf, die Artur dort nicht vermutet hätte. „Wir wissen gar nichts! Können Sie mir sagen, was in diesem Zimmer da oben ist? Haben Sie eine Erklärung für diesen
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