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Falkengrund, Schule des Okkulten - Episode 2 Der Begleiter

Falkengrund, Schule des Okkulten - Episode 2 Der Begleiter

Titel: Falkengrund, Schule des Okkulten - Episode 2 Der Begleiter
Autoren: Martin Clauß
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ihn völlig unvorbereitet.
    Es war kaum vorstellbar, dass sie ein Teil desselben Gebäudes sein sollte!
    Erker, Terrassen und Balkone reihten sich nebeneinander und übereinander, die Fenster waren von kunstvollen Stuckarbeiten eingerahmt und mit feinen floralen Gittermustern verziert. Französische Fenster öffneten sich in blühende Beete. Unter dem Dach kauerten drachenartige Gargoyles, und die kupfernen Dachrinnen liefen in den Köpfen winziger Fabelwesen aus. Wenngleich an ein paar Stellen die Farbe abzublättern begann, war die Rückseite des Schlosses nicht nur um ein Vielfaches schöner und verspielter als die Vorderseite – sie war auch wesentlich besser in Schuss.
    Dahinter schloss sich ein Park mit einem Wechsel von Rasenflächen und Blumenbeeten, sowie einem kreisförmigen Labyrinth sauber gestutzter Hecken an. An den Rändern wurde der Park von einer etwa drei Meter hohen Mauer eingesäumt, die sehr alt aussah.
    Die Dämmerung hatte eingesetzt, und auf den ersten Blick schien die traumartige, unerwartete Szenerie kein menschliches Leben zu enthalten. Als Artur jedoch auf die Hecken zu schlenderte, änderte sich das Bild.
    Hinter einer Reihe von Rosensträuchern erhob sich ächzend eine Gestalt. Es war ein Mann, nicht mehr ganz jung und recht füllig. Hätte ihm jemand eine Zigarre in den Mund gesteckt, hätte er ganz passabel als Imitation von Winston Churchill durchgehen mögen. Allerdings war es fraglich, ob der für seine sportfeindliche Haltung bekannte britische Staatsmann eine solche Gelenkigkeit an den Tag gelegt hätte, denn der Mann machte einen erstaunlich weiten Schritt über die dornigen Gewächse hinweg und kam forsch auf Artur zu. Er trug einen grünen Overall, dessen Knie und Ellbogen Erdflecken aufwiesen, und auf dem Kopf einen nicht mehr ganz neuen, breitkrempigen Strohhut. Strohhalme standen nach allen Seiten davon ab, und an einer Stelle hatte sich ein dorniges Aststück von den Rosen verfangen. Der Mann sah aus, als hätte er den größten Teil des Tages hier draußen verbracht. Etwas abseits lag eine große leere PET-Flasche auf dem Rasen. Mineralwasser.
    „Sie sind bestimmt Artur Leik.“
    „Ja, ich ...“ Artur zögerte, dann unterdrückte er ein Schmunzeln und sagte, ganz wie ihm aufgetragen worden war: „Ich bin eingetroffen.“
    „Das sehe ich. Das sehe ich wirklich. Sie sehen nicht aus, wie jemand, der noch nicht eingetroffen ist.“ Der Mann stieß ein hohes, wieherndes Lachen aus und stemmte die dreckverschmierten Hände in die Hüften.
    „Und Sie sind ... Werner?“ Artur mochte es nicht, fremde Menschen mit dem Vornamen anzureden, noch dazu, wenn sie eine Generation älter waren als er. Aber er hatte nur diesen einen Namen erfahren.
    Nicken. „Der Gärtner.“
    „Aha.“
    Frau Maus hat keinen Gärtner erwähnt , ging es ihm durch den Kopf. Eine Köchin und eine Putzfrau, ja, aber keinen Gärtner. Bestimmt hatte sie Werner bei der Aufzählung einfach vergessen. Als die Rede auf den Garten kam, musste sie sich schließlich an ihn erinnert haben.
    Merkwürdig, was einem an der Rede anderer Menschen alles auffiel, wenn man auf jedes Wort lauschte, weil man fremd und unsicher war und so gut wie nichts über den Ort wusste, an dem man sich aufhielt. Den Ort und die Menschen, die dort lebten.
    Zum Beispiel fragte man sich unwillkürlich, warum der Gärtner den neuen Studenten mit Namen kannte, während er Michael Löwe erst vorgestellt werden musste ...
    „Gehen wir rein“, schlug Werner vor. „Sind Sie gerade erst angekommen? Haben Sie schon ein paar von hier kennen gelernt? Hier treiben sich eine erstaunliche Menge Leute herum. Studenten hauptsächlich, und Lehrer.“
    „Frau Maus hat mich empfangen.“
    „Oh ja, das kann sie am besten. Sie ist eine vorzügliche Empfangsdame.“
    Artur wollte etwas Höfliches erwidern, doch sein Gegenüber war noch nicht fertig. „In den ersten drei Minuten macht sie einen wunderbaren Eindruck auf Menschen. Danach geht sie leider jedem nur noch auf die Nerven. Hören Sie, das bleibt natürlich unter uns.“
    „Versteht sich“, erwiderte Artur ernst. Die Vertraulichkeit berührte ihn unangenehm.
    „Noch keinen der zukünftigen Kommilitonen getroffen?“
    „Ich war noch nicht oben in den Zimmern“, erklärte Artur. „Aber ich bin Michael ... Michael ... äh ... Löwe begegnet.“
    „Ach, wirklich?“
    Mehr sagte Werner nicht. Für einen Augenblick erwog Artur, ihm eine Frage über Löwe zu stellen. Wenn er jemanden ganz
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