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Faith (German Edition)

Faith (German Edition)

Titel: Faith (German Edition)
Autoren: Ursula Tintelnot
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schnell. Die Erkenntnis, dass dies hier Wirklichkeit ist, lässt ihn trotz der Hitze vor Entsetzen erschauern. In der Höhle, in der er sich befindet, ist es heiß und trocken. So trocken, dass seine Lippen aufplatzen, seine Haut sich rötet und löst.
    Robert kennt die Wüste, hat Orte in der Welt gesehen, in der die Luft glüht, aber das hier übertrifft alles bisher Erlebte. Die Angst erdrückt ihn beinahe. Nur wenige Meter vor ihm steht oszillierend und blendend eine blau glühende Feuersäule.
    Gespeist wird sie aus einer Öffnung oben unter dem Dach, die pures, gleißendes Licht nach unten schießt. Seine Augen schmerzen.
    Er kann da nicht hindurchgehen.
    Niemals!
    Das Zischen der Flammen.
    Robert schwinden die Sinne, sein Geist bewegt sich in andere Dimensionen. Gestern noch ist er in seiner Welt gewesen. Alles dort ist für ihn klar und übersichtlich, fassbar. In der Anderswelt ist nichts, wie es scheint.
    Was hatte er gerade gedacht?
    Oh, er ist so müde. Aber er muss diesen Gedanken festhalten. Er ist wichtig. Was war es noch gewesen? Reiß dich zusammen, verdammt.
    Tu es für Faith, für Magalie.
    Denk nach! Los, schlaf nicht ein. Nicht einschlafen.
    Der Gedanke. Welcher Gedanke? Alles ist hier anders, als es scheint. Da ist er wieder, der Gedanke. Was hat er mit dem Feuer zu tun. „Alles ist anders, alles ist anders, Robert.“
    Er hört die Stimme in seinem Kopf, versucht die Augen zu öffnen, es gelingt ihm nicht. „Robert!“
    Wieder und wieder. „Robert!“ Lass mich schlafen, Magalie, ich kann nicht mehr. Sein Kopf fällt zur Seite. Schlafen. Lass mich schlafen, träumen.
    „Bitte, Liebster!“
    Ihre Stimme lockend, verführend.
    Robert hebt die schweren Lider. Er ist müde, so müde.
    Kein Feuer, nein, nicht durch das Feuer. Seine Gedanken werden schwer, er wehrt sich nicht mehr.
    „Vater!“
    Robert öffnet die Augen.
    Seine wunderschöne Tochter.
    Er versucht, zu sich zu kommen. Der Gedanke. Was war das noch: „Alles ist anders, als es scheint.“
    Robert stöhnt und zwingt sich, wach zu bleiben. Denk nach, los, denk nach. Was, wenn das Feuer nur ein Trugbild, nur Schein ist?
    Als er die Augen wieder öffnet, sieht er sie ganz deutlich. Sie steht auf der anderen Seite der Feuersäule und streckt sehnsüchtig die Arme nach ihm aus.
    „Komm!“
    Ganz langsam stemmt er sich hoch, taumelt vorwärts. „Lass nicht zu, dass ich sterbe, Magalie.“ Die Flammen glühen noch einmal auf, verzehren sich.

Unter Wasser
    Faith rannte. Sie flog geradezu über den Schotter am Rande des Canyon. Corone musste sie stehen lassen. Am Ufer des gewaltigen Sees hatte Leathan sie gestellt. Sie sprang. Der einzige Ausweg, der ihr blieb.
    Kühles Wasser.
    Faith drehte sich auf den Rücken. Leathans wutverzerrte Fratze über ihr, undeutlich, verschwommen. Durch die sich kräuselnden Wellen noch sardonischer.
    Er schwebte über der dunklen, unruhigen Wasseroberfläche, versuchte etwas zu erkennen, sie zu finden. Leathan streckte die Hände nach ihr aus. Sie erschauerte, spürte den Sog.
    Er zog an ihr.
    Fieberhaft drehte sie den Stein auf dem Ring an ihrem Finger. Zeit, sie brauchte Zeit. Leathan erstarrte für einen Moment.
    Eine Muschel, aufgeklappt, stachelig, länglich und durchsichtig wie grünes Glas, bewegte sich auf Faith zu. Sie öffnete den Mund zum Schrei. Schluckte Wasser, als die riesige Muschel sich schloss.
    Im Inneren herrschte grünliches, fahles Licht.
    Sie war Leathan entkommen, aber an was für einen Ort!
    Chimären in sich ständig wandelnder Gestalt, fischköpfig mit gigantischen Zähnen. Nixen mit schuppigen Fischschwänzen. Langes grünes Haar. Glänzende Lianen. Bleiche Leiber. Breitgedrückte Nasen, tellergroße blinde Augen an der Muschelwand.
    Meeresbewohner, ungeahnte Schreckgestalten.
    Faith lag, die Arme eng um sich geschlungen, zusammengerollt wie ein Embryo in der weichen Wärme. Die Augen weit aufgerissen, starrte sie durch die hauchdünne Perlmuttschale.
    Sie konnte atmen, bekam Luft im Inneren der Muschel.
    In allen Regenbogenfarben glitzernd, schossen draußen Fischschwärme vorbei, vereinten sich, zogen auseinander, wie ein am Himmel explodierendes funkelndes Feuerwerk.
    Kraken, orangerot und mit meterlangen Tentakeln, umarmten Faiths schützende Muschel, zogen sie weiter in die Tiefe. Hier unten wurde es dunkler und das böse Gesicht Leathans verschwand. Milchige Quallen hoben sich aus schwefelgelben Nebeln. Sie schwebten, aufgespannten Schirmen gleich, lautlos an Faiths
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