Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Fähigkeiten unbekannt

Fähigkeiten unbekannt

Titel: Fähigkeiten unbekannt
Autoren: K. H. Scheer
Vom Netzwerk:
be­stimmt nicht an­ge­ru­fen.«
    »Okay, ich ma­che mich auf den Weg. Füh­ren Sie den Mann in mein Ar­beits­zim­mer. En­de.«
    Ich schal­te­te lang­sam ab und ver­such­te, mei­ne plötz­lich be­ben­den Fin­ger­spit­zen vor dem Blick des Rus­sen zu ver­ber­gen.
    »Schlech­te Nach­rich­ten?« frag­te er. Auf sei­ner Stirn bil­de­ten sich Fal­ten. Ka­pi­tän Tronss­kij war der Ver­bin­dungs­of­fi­zier zum rus­si­schen Haupt­quar­tier auf Lu­na.
    »Kei­ne Ah­nung. Ein Ku­ri­er aus Wa­shing­ton. Man wird mich doch nicht end­lich ab­lö­sen wol­len?«
    Tronss­kij lach­te und mein­te:
    »Ein Mann soll­te ab­ge­löst wer­den, wenn er län­ger als drei Mo­na­te in die­ser Höl­le war. Wir le­ben hier in ei­nem Flui­dum aus Ver­gan­gen­heit und Ge­gen­wart. Das kann ein nor­ma­ler Mensch nur dann auf die Dau­er aus­hal­ten, wenn die er­wähn­te Ver­gan­gen­heit le­dig­lich aus Rät­seln be­steht. Das ist zwar schon zer­mür­bend ge­nug, aber wenn noch al­le Au­gen­bli­cke un­be­greif­li­che, un­vor­her­seh­ba­re Ge­fah­ren hin­zu­kom­men, dreht man lang­sam durch.«
    Sei­ne Lip­pen zuck­ten. Der Aus­druck sei­ner Au­gen woll­te mir nicht ge­fal­len. Tronss­kij war schon zu lan­ge auf dem Mond. Es wur­de Zeit, daß er für min­des­tens sechs Mo­na­te zur Er­de zu­rück­kehr­te.
    »Über­neh­men Sie hier das Kom­man­do, Ste­pan«, bat ich. »Ach­ten Sie um Him­mels wil­len dar­auf, daß die Leu­te recht­zei­tig die Raum­hel­me schlie­ßen. Ich möch­te nicht wie­der ei­ni­ge Un­fall­to­te ha­ben. Die ein­ge­spreng­ten Kam­mern in den Stol­len­wän­den wer­den wohl vor dem vor­aus­sicht­li­chen Sog schüt­zen. Nur die schwe­re Ma­schi­ne bleibt drau­ßen, okay?«
    Er er­hob wort­los die Hand. Ich wand­te mich zum Ge­hen.
    »Gun­son …!«
    Das war mein of­fi­zi­el­ler Na­me. Ich ver­harr­te im Schritt und dreh­te lang­sam den Kopf. Tronss­kij war et­was blaß, je­doch auf­fal­lend ru­hig.
    »Dre­hen Sie mir nicht durch«, warn­te ich has­tig. »Wir brau­chen Sie hier noch.«
    Sein Lä­cheln wirk­te ge­küns­telt, die Hal­tung sei­nes Kopf­es war anor­mal.
    »Kei­ne Angst«, ent­geg­ne­te er. »Wis­sen Sie, wor­auf ich schon seit Mo­na­ten war­te? Viel­leicht ah­nen Sie es. Wir al­le den­ken dar­an; ei­ni­ge in der Form laut­star­ker Dis­kus­sio­nen, an­de­re grü­beln still­schwei­gend dar­über nach. Gun­son, es wä­re nicht gut, wenn wir ei­nes Ta­ges einen Mar­sia­ner fin­den wür­den. Auch wenn er längst tot ist, se­he ich ge­wis­se Ge­fah­ren für das See­len­le­ben un­se­rer Leu­te. Die Ver­gan­gen­heit ist zu groß und zu ge­wal­tig, ver­ste­hen Sie. Ich möch­te kei­nen fin­den! Ich möch­te nie­mals in die er­lo­sche­nen Au­gen ei­nes Le­be­we­sens se­hen, das un­se­re Vor­fah­ren noch als Ne­an­der­ta­ler kann­te.«
    Ich ver­stand ihn nur zu gut. Wir al­le fürch­te­ten die­sen Au­gen­blick; die Wis­sen­schaft­ler bil­de­ten kei­ne Aus­nah­me. Be­son­ders die Bak­te­rio­lo­gen wa­ren be­un­ru­higt. Wir hat­ten kei­ne Ah­nung, wel­che Mi­kro­le­be­we­sen auf dem un­ter­ge­gan­ge­nen Mars hei­misch wa­ren. Auch un­ser Wis­sen über die Kör­per­che­mie der frem­den In­tel­li­gen­zen war äu­ßerst dürf­tig. Wir kann­ten sie von Fil­men her, aber das war auch al­les.
    »Sie wer­den schät­zungs­wei­se Glück ha­ben«, sag­te ich be­tont forsch. »Wahr­schein­lich wer­den wir wie­der Ma­schi­nen oder gar ei­ne Wohn­stadt fin­den. War das al­les, Tronss­kij?«
    »Al­les«, be­stä­tig­te er und dreh­te sich um. Ich pas­sier­te weit hin­ten die pro­vi­so­ri­sche Luft­schleu­se. Wir hat­ten sie aus Pan­zer­plast quer zum neu­en Stol­len ein­ge­gos­sen, doch war es frag­lich, ob sie dem Sog und dem Druck ge­wach­sen war.
    Ei­ne wirk­lich sta­bi­le Schleu­se gab es erst dort, wo wir mit dem neu­en Durch­bruch be­gon­nen hat­ten.
    Ich klet­ter­te auf mei­nen klei­nen Elek­tro­wa­gen und fuhr los. Der Tun­nel war zwei Ki­lo­me­ter lang. Schnur­ge­ra­de ver­lief er nach Sü­den, hin­über zu den be­reits be­kann­ten Ab­tei­lun­gen der un­ter­lu­na­ren Stadt.
    Ich pas­sier­te die schwe­re Schleu­se aus
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher