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Fado Alexandrino

Fado Alexandrino

Titel: Fado Alexandrino
Autoren: António Lobo Antunes
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verlor dabei das Gleichgewicht, machte ein paar Schritte zurück, fand mit beiden Händen die rettende Stütze der Garderobe. Leute, die ich lange nicht gesehen habe, du weißt, wie das ist, man redet über dies, redet über das, Erinnerungen an Mosambik, Freunde vom Militär.
    – Ein echtes Verbrechen von Amateuren, antwortete der Dicke verächtlich: Tausende von Indizien, jede Menge Fingerabdrücke, der Idealfall für einen Anfänger bei der Polizei. In zwei oder drei Tagen bekommen Sie die komplette Geschichte von mir.
    Mich auf irgendeinen Stuhl setzen, dachte voller Beklemmung der Leutnant, während er sich die Bauchmuskeln mit den Handflächen stützte, mich schnell auf irgendeinen Stuhl setzen, bevor mir stoßweise der ganze Frühling aus dem Mund kommt: er ging um den Plattenspieler herum (Gleich falle ich), ein Sofa kam rasend schnell auf ihn zu und entfernte sich wie ein Pfosten bei einem fahrenden Zug, er berührte wie ein Blinder eine Sessellehne, krallte die ängstlichen Fingernägel in den Stoff, rutschte erleichtert, wobei er sich wie ein Wasserfall fühlte, auf das geblümte Kissen, lockerte den Kragen, senkte die brennenden Augenlider, hörte in weiter Ferne die Zwergin um ihn herumkreischen, sein Herz, das sich langsam beruhigte, die Galle, die wieder zu funktionieren
schien, nur Kopfschmerzen, nur die Nackenknochen zersplittert, nur die Müdigkeit von Jahrhunderten in den Beinen, aber ich falle nicht mehr, ich übergebe mich nicht mehr, der Körper levitierte in der Vormittagshelligkeit, wenn die Alte mal fünf Minuten den Mund hält, kann ich bestimmt einschlafen.
    – Spielst du nun, oder was? empörte sich der Stumme. Wenn du die Steine so wie ein Bauer bewegst, macht es mir nicht mal Spaß zu gewinnen.
    – Keine Fotos, die die laufenden Ermittlungen gefährden könnten, winkte freundlich der Dicke ab, indem er dickliche Maulwurfsschaufeln in die Luft hielt. Ich werde Ihnen später Fotos des Mörders, der Mieters, des Opfers liefern. Aber falls Sie das Gebäude, den Príncipe-Real-Park, die Concierge, die Nachbarn, den Toilettenwärter aufnehmen wollen, bleibt Ihnen das unbenommen: die Leser amüsieren sich immer einstweilen mit so was.
    Ich nehme eine Mütze Schlaf von ein oder zwei Stunden, dachte der Leutnant, dusche, schlucke ein Aspirin, wechsle die Wäsche, erkläre in der Gesellschaft, daß mein Vater aus Frankreich gekommen ist, daß ich dringend zum Arzt mußte, daß ich heute nacht plötzlich wahnsinnige Zahnschmerzen bekommen habe. Die Empörung der Zwergin entfernte sich, ihr winziger Leib wand sich im Nebel, der Sessel erhob sich im Licht, Melissa, die Göttin des Striptease, lag auf dem Bett, rollte träge einen Strumpf hoch, die Assistentin des Zauberers frischte ihr Make-up auf, die Mulattin barg die riesigen Brüste in den bretonischen Hauben ihres Büstenhalters, fünf Minuten, Scheiße, fünf Minuten schlafen, bis die Übelkeit sich legt, bis das Blut wieder im normalen Rhythmus pulsiert, bis die Eingeweide sich beruhigen, bis die Zwillingsschwester mit dem Kaiserschnitt sich angezogen hat, Du Saftsack, keifte die Zwergin, was hast du gestern gemacht?, die Schenkel von Melissa, der Göttin des Striptease, scheuerten sich an meinen, ein heftiges Parfüm hüllte mich ein und erregte mich, Fünf Minuten, flehte der Leutnant im Geiste, fünf kleine, lächerliche Minuten, ihre Vagina sonderte eine dicke Flüssigkeit ab, haarige, rosige
Membranen zogen sich zurück, das Fleisch um ihren Bauchnabel kam ihm eßbar, zart, weich vor, er schob sein Schambein auf dem geblümten Sofa nach vorn, lächelte, suchte ungeschickt den Hosenstall, Was soll das denn, was soll das denn? meckerte die Stimme der Zwergin schreckensstarr, die Titten der Assistentin des Zauberers, die tiefschwarze Brustwarzen hatten, schwollen an und zitterten, Nur fünf Minuten, bat er, nur anfassen, nur kommen, und dann stehe ich auf, die Mulattin zog den Reißverschluß am Rock hoch, die andere Zwillingsschwester bürstete eilig ihr Haar, endlos viele Schuppen breiteten sich auf ihren Schultern aus, fielen im Wohnzimmer wie dichter Schnee, Was ist denn das für ein Schweinkram, was sollen diese Ungehörigkeiten? empörte sich die Zwergin, Wenn ich die Augen öffne, sehe ich den Clown aus Emaille an der Wand hängen, sehe den Strauß künstlicher Blumen auf dem Schrank, der Kopfschmerz quälte ihn nicht mehr, die Knochen am Nacken waren festgeklebt und vibrierten nicht mehr, Melissa, die Göttin des Striptease,
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