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Exponentialdrift - Exponentialdrift

Titel: Exponentialdrift - Exponentialdrift
Autoren: Andreas Eschbach
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Klimax zu«, und wiewohl man in der Redaktion »nach wie vor der Ansicht« sei, daß das »ein ausgezeichnetes Projekt« sei, habe man »aber auch überlegt, daß dieses Projekt nun zu einem guten Abschluß finden« müsse.
    Wirklich überraschend kam das freilich nicht. Die Monate davor hatten das Ende etlicher Kolumnen und Rubriken gesehen, die ich mit Interesse gelesen hatte, man hatte den Wissenschaftsteil um zwei Seiten gekürzt, mein Fortsetzungsroman war von der letzten auf die nicht ganz so vorteilhafte zweite Seite verlegt worden, und imBlätterwald raunten Stimmen von finanziellen Engpässen im Zeitungsmarkt, des allgemeinen Rückgangs der Werbeetats wegen.
    Und schließlich mußte man zugeben, daß mein Fortsetzungsroman kein wirklich großes Echo gefunden hatte.
    Ich verfaßte ein Antwortmail des Inhalts, daß ich mich dem Beschluß der Redaktion selbstverständlich beuge, wenngleich ich noch locker vier, fünf Jahre so hätte weitermachen können. Und von wegen Klimax: Die Auflösung der Verschwörungsgeschichte sei doch als Abhebepunkt in den nächsten Erzählbogen gedacht gewesen! Bedauernd erbat ich mir den Raum, zumindest die wichtigsten Erzählstränge zu einem befriedigenden Ende zu führen.
    Ich hatte auch einen Vorschlag. In meinem Kalender stand noch die »Bioastronomy 2002« vom 8. bis 12. Juli in Australien, von der die FASZ listig als einziges Blatt in Deutschland zu berichten hoffte. In der Ausgabe vom 14. Juli, rechnete ich mir aus, und zeitgleich mit einem Beitrag über den wirklichen Stand der SETI-Forschung den Fortsetzungsroman abzuschließen, schien mir ein würdiges Ende. Zumal die Folge die Zahl 42 tragen würde, seit dem legendären Roman »Per Anhalter durch die Galaxis« bekanntlich die Antwort auf die Frage nach dem Sinn des Lebens.
    Dieses Mail schrieb ich – und versäumte, es abzuschicken!
    Tatsächlich habe ich das erst entdeckt, als ich daranging, die Unterlagen für diesen Bericht hier zusammenzutragen. Wenn ich es heute lese, kommt es mir vor, als hoffte sein Verfasser, jemand in der Redaktion der FASZ würde es lesen und erwidern: »Ach so!? Die Geschichte ist noch gar nicht zu Ende?! Kommando zurück, Herr Eschbach – machen Sie weiter!« Doch daß mein Unterbewußtsein dafür sorgte, daß ich es in einem falschen Ordner meines Mailprogramms ablegte und mich trotzdem der festen Überzeugung sein ließ, ich hätte es abgesandt, scheint mir ein deutliches Zeichen,daß ich unter aller hektischen Geschäftigkeit bereits ahnte, daß es an der Zeit war, das Experiment zu beenden.
    Ich wunderte mich, das weiß ich noch, daß keine Reaktion kam, kümmerte mich aber nicht weiter darum und schickte nach wie vor allwöchentlich meine Folgen. Wahrscheinlich hat man sich auch in Frankfurt nicht wenig gewundert. Drei Wochen später vergewisserte ich mich, daß ein Ende mit Folge 42 in Ordnung gehe, ich hätte nichts Gegenteiliges gehört? Die Antwort war eine Entschuldigung, da sei wegen Urlaubs möglicherweise etwas durcheinandergeraten, und selbstredend werde man sich auf Folge 42 als Ende einstellen.
    Ich verwarf meine Entwürfe für den zweiten Handlungsbogen und konzipierte eilig einen Abschluß, der die offenen Fragen klären und alle laufenden Handlungsstränge einigermaßen verknoten sollte. Wie sich dabei zeigte, hatte ich mir mit der Begrenzung auf 42 Folgen unabsichtlich einen ziemlich engen Rahmen gesetzt, so daß manches nur Knall auf Fall machbar war. Trotzdem verbot ich mir, auch nur darüber nachzudenken, um ein oder zwei Folgen Verlängerung zu bitten: Ich hatte damit geprahlt, anpassungsfähig zu sein, nun wollte ich es auch beweisen!
    So gerieten die letzten Episoden des Fortsetzungsromans zu einer tour de force durch die Vorratskammern, in denen ich Stoff für viele Monate des Erzählens angesammelt hatte, und all das schöne Zeug wurde nun auf wenigen Seiten abgefackelt. Für Effekt blieb wenig Raum, ich mußte das Hauptaugenmerk darauf richten, einigermaßen verständlich zu sein. Nemezirs Berechnung – ich hatte vorgehabt, allein diesen Zusammenhang über mindestens zehn Folgen zu entblättern; nun mußte eine reichen. Die reizvolle Thematik um die Meme konnte ebenfalls nur kurz angerissen werden; zweifellos hätte man auch daraus noch eine Menge machen können.
    So ging mit Folge 42 am 14. Juli 2002 der Fortsetzungsroman »Exponentialdrift« schließlich zu Ende. Der Bericht von der »Bioastronomy 2002« in Australien, den ich für diese Ausgabe erhofft
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