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Exponentialdrift - Exponentialdrift

Titel: Exponentialdrift - Exponentialdrift
Autoren: Andreas Eschbach
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ist es, was ein Autor meint, wenn er Ihnen erzählt, er könne nichts machen gegen das, was seine Figuren anstellen.
    Der Fortsetzungsroman stellt für solche Probleme natürlich die Hürde auf, daß man – anders als in einem normalen Roman, wo bis zur Drucklegung grundsätzlich alles geht –nicht mehr zurückgehen und irgend etwas ändern kann. Denn die bisherigen Kapitel sind ja bereits erschienen und damit unabänderlich geworden. Ändern läßt sich nur das, was noch kommen soll.
    Ich hatte, vor allem, um die Suche Arpas nach Bernhard Abel nicht unnötig in die Länge zu ziehen, den Außerirdischen eine Art telepathischer Fähigkeit verliehen, den »Kanal«. Das erschien mir für Wesen, die imstande sind, in Körper und Bewußtsein fremder Lebensformen zu schlüpfen, durchaus plausibel. Leider war damit vorgebahnt, daß Arpa beim Zusammentreffen mit Abel dessen enorme Schwierigkeiten mit seinem Zustand sofort erkennen würde, und Arpa war ab Folge 7 so geschildert worden, daß er den Kontakt daraufhin wieder abbrechen mußte.
    Ich tüftelte eine Weile an alternativen Handlungsabläufen und kam schließlich auf die Idee, daß Jürgen Röber, der Arzt, der Bernhard Abel behandelt hatte, Arpa erkennen würde, so daß eine Spur blieb, auf die ich zurückgreifen konnte. Zum Glück kam mir diese Idee so rechtzeitig, daß ich noch in Folge 8 die Grundlage dafür legen konnte: das Muttermal an Arpas Hals.
    Um das Wochenende vom 18. November herum – eine kurze Pause nach einer randvollen Lesungswoche – kam mir auch der Gedanke, die Geschichte sich nicht einfach wildwuchernd weiterentwickeln zu lassen, sondern sie bewußt in größere Handlungsbögen zu strukturieren. Es schien mir eine gute Idee zu sein, vor der Aufdeckung der ganz, ganz großen Verschwörung der Aliens, die uns Menschen ausrotten möchten – etwas, das ich sorgsam vorbereiten mußte, wollte ich die Geschichte nicht ins Absurde abkippen lassen –, Bernhard Abel mit einer anderen, naheliegenderen Verschwörung zu konfrontieren. Ich hatte nur keine Vorstellung, worum es dabei gehen könnte.
    Eine weitere Woche voller Lesungen folgte, in der ich vieldarüber nachdachte und die bisher erschienenen Folgen daraufhin durchlas, was sich an Details finden ließ, die man zu Andeutungen irgendwelcher Machenschaften umdeuten konnte. Wenig genug. Einmal mehr zeigte sich die Herausforderung eines Fortsetzungsromans: Man ist auf das angewiesen, was schon da steht, ohne Möglichkeit, nachträglich Hinweise einzubauen oder Spuren zu legen, die man gerade bräuchte.
    Am Wochenende darauf entspann sich bei uns zu Hause beim Essen ein Gespräch, von dem ich nicht mehr genau weiß, wie es begann, nur, daß es schließlich um die zunehmende Virtualität unseres täglichen Lebens ging und irgendwann die Idee aufkam, die Entwicklung könnte vielleicht schon so weit sein, daß der nächste schlaue Hacker nicht mehr einfach nur einen Virus bastelt, sondern eine derartige Kontrolle über die Computersysteme erlangt, daß er uns irgend etwas Erfundenes als Tatsache vorgaukeln kann. Die ganze Familie besteht aus Fans des Films »Contact«, und so waren wir im Nu bei der Frage, ob man auf diesem Weg nicht die von vielen lang ersehnten Funksignale Außerirdischer vortäuschen könnte.
    »Angenommen, es gäbe eine Verschwörung von Radioastronomen ...«, begann ich, und im gleichen Moment wurde mir klar, daß das die Idee für meinen Fortsetzungsroman war, nach der ich die ganze Woche gesucht hatte.
    So kommen Romanideen zustande, und nicht einmal selten.
    Außergewöhnlich war in diesem Fall lediglich, daß die Idee kam, nachdem der Roman zum Teil schon veröffentlicht war. Aber das faszinierte mich, zeigte es doch, daß jedenfalls an Ideen kein Mangel herrschte. Ich ging beschwingt daran, die neue Idee in das erst grob umrissene Konzept der nächsten Folgen einzuweben. Auf einmal war ich zuversichtlich, den Fortsetzungsroman über jede beliebige zeitliche Streckezu bringen, selbst über mehrere Jahre hinweg, falls Leser und Herausgeber das wollten.
    Es war höchste Zeit gewesen, die Handlung in eine konkrete Richtung zu lenken. Mir war zu dem Zeitpunkt noch nicht im Detail klar, wie alles laufen sollte, nur, daß Abel auf irgendeine Weise vor seinem Schlaganfall Teil dieser Verschwörung gewesen sein mußte. Nach eingehendem Studium der veröffentlichten Teile kam ich darauf, daß sein ehemaliger Chef auch in die Sache verwickelt sein konnte; das paßte von den bisherigen
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