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Expect nothing!: Die Geschichte einer ungezähmten Frau (German Edition)

Expect nothing!: Die Geschichte einer ungezähmten Frau (German Edition)

Titel: Expect nothing!: Die Geschichte einer ungezähmten Frau (German Edition)
Autoren: Uschi Obermaier
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wunderschönen Busbahnhof waren, der wie eine Moschee aussah mit seiner großen Marmorkuppel, ohne die Möglichkeit, irgendetwas zu essen oder zu trinken zu kaufen, weil es schon nach zwei Uhr nachts war, da mussten wir lachen. Entweder du wirst in solchen Situationen stinksauer, weil es nicht weitergeht, oder du lachst. Wir haben gelacht, nur gelacht. Saßen am Boden und lachten uns fast kaputt. Dann fiel mir ein: In dem Ort, in dem wir nun zufällig durch unseren Umweg gelandet sind, ist doch die Kinza. »Da rufen wir jetzt an.« Ich habe zwar gemeint, dass ich nachts um drei Uhr niemanden anrufen kann, aber Abdul hat es trotzdem gemacht.
    Kinza hat sich total gefreut und meinte: »O ja, kommt doch her! Setzt euch in ein Taxi und kommt!«
    Nachts um halb vier kamen wir also dort an. Ihre Schwester war da und hat uns das einzige Zimmer gegeben, das sie noch hatte. Es war total lustig, und wir waren noch ein paar Tage dort und haben schöne Feste gefeiert. Dann sind wir ab nach Chefchaouen in die Berge. Das ist ein Glück, Freunde in aller Welt zu haben … Es war wie so oft in meinem Leben. Wenn ich jemanden gebraucht habe, dann war er da. Das macht mich sehr dankbar.
    Ein Jahr später trafen wir uns dann noch mal in Istanbul, weil Abdul schon von Marokko aus keine Papiere für eine Reise in die Staaten bekommen hatte. Wir hätten uns auch nicht in Deutschland oder einem anderen europäischen Land treffen können. Er als Marokkaner ohne connections bekommt keinen Pass, um nach Europa oder sogar nach Amerika zu reisen. Istanbul ging, weil die Ausreise in ein muslimisches Land für ihn erlaubt war. Später sind wir auch noch einmal zusammen nach Thailand gereist, das zum Teil auch muslimisch ist.
    Auf dieser Reise haben sich dann die 27 Jahre Unterschied herausgestellt. Abdul war manchmal so ein Kindskopf, da kam ich mir schon vor wie seine Mutter. Einmal waren wir auf einem Fluss unterwegs in einer dieser Dschunken. Er musste sich natürlich ganz nach vorne setzen. Da höre ich mich schon rufen: »Abdul, jetzt komm mal her. Ich sehe schon, als Nächstes liegst du im Wasser.« Denn so sportlich und trainiert, wie er gerne tat, war er wirklich nicht. Er war dünn und drahtig. Na ja, wie ein großes Kind eben, das seiner Mama imponieren will.
    Dann waren wir auf Koh Phangan und sind in den Norden, der noch schön ist. Da gibt es die kleinen Hütten, die sehr günstig sind, und wunderschöne Strände. Hier auch nettere Leute, eben die »richtigeren« Hippies noch. Einmal haben wir uns ein Motorrad gemietet, und mir war dabei schon vorher mulmig, weil dort jedes Jahr so schlimme Motorradunfälle passieren. Ich habe mit Motorrädern ja schon lange kein gutes Gefühl mehr. Abdul gibt also Gas, und ich schreie: »Abdul, the fuck, slow down!« Die Straßen sind schmal und steil, plötzlich kommen scharfe Kurven, die du vorher nicht siehst, du kommst auf die verkehrte Straßenseite, weil hier ja auch Linksverkehr herrscht. Viele Touristen verunglücken da tödlich, und du siehst auch viele mit Verbänden, weil eben so viele Unfälle passieren. Oft sind sie auch noch betrunken. Das ist wirklich mörderisch. Abdul fährt also prompt los, und es haut uns beide hin. Für ihn war es ziemlich schlimm, weil er sich die Füße eingeklemmt hatte. Ich hatte nur ein paar Abschürfungen, war aber unglaublich sauer auf ihn, weil er uns so in Gefahr gebracht hatte. Das hat er auch zu spüren gekriegt. Er durfte nicht mehr bei mir im Zimmer schlafen. Irgendwann nachts hat er mir aber leidgetan wegen der vielen Moskitos im anderen Zimmer. Doch er hatte auch seinen Stolz und kam nicht zurück. Lieber hat er sich von den Moskitos zerstechen lassen.
    Danach ging es dann langsam den Bach hinunter, und unsere Geschichte lief aus. Uns trennte einfach mehr als nur der Altersunterschied. Da war die Sprachbarriere, weil er nicht so gut Englisch konnte, auch wenn er sehr schnell lernte. Und das nervte mich dann schon, und mir wurde langsam alles zu viel. Und seine Mama wollte ich auch nicht sein. Ich weiß, dass das manche Frauen mögen, auch mit gleichaltrigen oder älteren Partnern. Meins ist das wirklich nicht. Da war die romance dann vorbei.
    Es war eine schöne kleine Liebe, die mir und ihm eine Weile gutgetan hat. Noch heute ruft er gelegentlich an und möchte, dass ich zurückkomme. Aber auf Dauer würde das einfach nicht klappen. Jetzt sind wir gute Freunde.
    Zusammen mit Uschis Freund Paul sind wir abends auf dem Weg nach Downtown zum Artwalk,
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