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Expect nothing!: Die Geschichte einer ungezähmten Frau (German Edition)

Expect nothing!: Die Geschichte einer ungezähmten Frau (German Edition)

Titel: Expect nothing!: Die Geschichte einer ungezähmten Frau (German Edition)
Autoren: Uschi Obermaier
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Schön-in-deinem-Stall-Bleiben und »Du machst gefälligst das, was dir vorgegeben ist und was deine Eltern und Großeltern schon gemacht haben«.
    Gut, das ist heute nicht mehr ganz so mit den Eltern. Denn heute wird vor allem in Amerika von den Jungen absolute Flexibilität verlangt. Die springen ja überallhin. Außerdem sind viele Eltern sehr liberal und verstehen auch alles, weshalb viele Kinder zu Hause wohnen, bis sie dreißig oder fünfunddreißig Jahre alt sind und in der Zwischenzeit auch alles dafür tun, um konform zu bleiben, so zu werden wie Mama und Papa. Ich will ja nicht ständig angeben mit dem tollen Vorbild, was wir abgegeben haben. Aber, im Ernst: Wir konnten ja gar nicht so schnell raus aus unseren Ställen, wie es ging. Und das war gut so, da hat sich etwas getan, vom ersten Moment an, von dem du unabhängig lebst, fühlt sich das Leben ganz anders an. Du lebst ja erst dann.
    Ich sehe natürlich schon, dass die Mieten teuer sind und es mit Jobs auch nicht leichter wird. Außerdem will ich mich nicht anhören wie die Stimmen der Leute, die mich in meiner Jugend wütend gemacht haben: Bei uns war alles besser … Nein, wirklich nicht. Aber irgendwie, doch irgendwie war es trotzdem besser. Es lebe der Widerspruch!
    Vielleicht ist es schwer für die Jungen heute, dass sie gar nicht rebellieren müssen. Es ist ja alles so bequem. Und die Eltern nerven nicht so. Die Kids können leben, wie sie wollen, und Mama wäscht die Wäsche. Food steht abends auf dem Tisch, da kann man sich darauf verlassen und muss nichts dafür zahlen. Klar hat man da nicht den Drang, unbedingt wegzugehen. So lernt man aber auch nicht, sich etwas zu trauen.
    Wir aber mussten rebellieren, sonst wären wir an unserer Wut erstickt. Wir hatten Eltern, die unsere Negermusik, unsere Urwaldmusik als Untergang des Abendlandes gesehen haben und uns Junge eben auch. Die hatten Angst vor uns. Vor unserer Lust, alles auszuprobieren, das Leben zu testen. Und da kam bei mir einiges zusammen. Das war Sturm und Drang und Exzess und Heroin. Vieles, wonach du erst mal auf den Arsch fällst, aber du hast es an deiner eigenen Haut gespürt und gelernt. Denn warum haben wir denn Drogen genommen? Weil wir in anderen Bereichen sein wollten. Du willst ja gerade in diesem Alter nicht so das normale Ding. Du willst abheben, fliegen, willst in anderen Sphären sein, willst, dass sich alles verändert. Es war toll, als ich damals das erste Mal merkte, wie sich meine Wahrnehmung nach Dope-Rauchen veränderte: Ich hörte ganz andere Musik, hatte andere Bilder im Kopf, war in einer anderen Welt. Heute scheint es ja in erster Linie darum zu gehen, sich zuzuknallen, damit man gar nichts mehr spürt. Diese neuen Drogen, diese synthetischen, die wären bei uns nicht gegangen. Die machen nur kaputt so wie Heroin auf Dauer. Das hat auch nichts mit Rebellion zu tun meinerseits, sondern mit stumpf werden und nichts mehr fühlen. Und das kann kein Leben sein.
    Aber ich möchte so kurz vor Schluss noch einmal bekräftigen: Das war und ist mein Weg, die Achterbahn einer Lebenserfahrung und nicht unbedingt zum Nachahmen. Heute fühle ich mich mit meinen ups and downs wirklich blessed. Ich habe so gute Geschichten hinter und noch vor mir.
    Anna: Was bedeutet für dich ein geglücktes Leben?
    Uschi: Die große Kunst ist wahrscheinlich, alles das anzunehmen, was einem im Leben gegeben wird, und zwar aus vollem Herzen, das Tragische und das Wunderbare …
    Anna: Du nimmst, was du kriegst.
    Uschi: Du bist zufrieden mit dem, was du kriegst, das ist es, und das Vergleichen sein lassen. Das ist ermüdend und auf Dauer einfach langweilig. Tu alles, was du tust, mit Liebe und schaffe jeden Tag etwas Kreatives, das kann eine Winzigkeit sein …
    Anna: Es geht immer ums Lieben?
    Uschi: Und ums Geliebtwerden. Und darum, dass man beweglich bleibt, immer wieder seinen eigenen Weg zu finden, und nicht stehen bleibt und sagt: »Das habe ich immer so gemacht.« Das geht gar nicht. Es gibt keinen Masterplan, und das Leben ist unberechenbar. Deshalb geht es, glaube ich, auch darum, sich immer wieder neu zu definieren, zu gucken, was um dich herum los ist, und zu sehen, wo dein Platz ist, wo du stehst, was du fühlst, was du denkst und wo du von da aus hinwillst.
    Anna: Aim high.
    Uschi: Expect nothing.

Danksagung
    Ganz besonders danke ich all den Freunden, die meinem Buch ihre Stimme geliehen haben. Dadurch ist es noch runder geworden! Anna, Bella, Doug, Halko, Mewi und Mikee, DANKE.
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