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Exit Mosel

Exit Mosel

Titel: Exit Mosel
Autoren: Mischa Martini
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rein.«
    »Absolute Todeszone«, sagte Grabbe mehr zu sich selbst.
    »Was?«, fragte Gabi.
    »So viel hätte ich gar nicht trinken können, um auf so eine bescheuerte Idee zu kommen.« Bei Grabbe begann selbst in öffentlichen Bädern einen Meter vom Beckenrand die Todeszone.
    »Kannst du überhaupt schwimmen?«, fragte sie.
    »Natürlich«, entrüstete er sich.
    »Manchmal frage ich mich, wie du überhaupt die Aufnahmeprüfung in unseren Verein geschafft hast, so unsportlich, wie du bist.«
    »Ich habe halt andere Qualitäten.«
    »Welche?«
    Grabbe blieb keine Zeit mehr, sich aufzuregen. Hinter ihnen hupte es, als Gabi den Wagen, ohne den Blinker zu setzen, von der Uferstraße nach rechts quer über den Radweg lenkte. Auf der Rampe, die runter zum Fluss führte, kam der Wagen zum Stehen. Gabi stieg aus.
    Weiter unten erwartete Stadler sie bereits an der Anlegestelle. Grabbe stieg ebenfalls aus und machte sich auf den Weg zur Fahrerseite.
    »Willst du nicht wissen, was Stadler über den Fortgang zu berichten hat?«, fragte Gabi.
    »Doch, doch.« Grabbe hob beschwichtigend die Hände und folgte seiner Kollegin über den Hang zum Ufer hinunter.
    »Du hast schon besser ausgesehen«, begrüßte sie Stadler.
    »Danke, sehr charmant, Günther. Du hast das gut erkannt, ich fühle mich heute nicht besonders.« Ihr Blick streifte von der akkurat liegenden Frisur des Wasserschutzpolizisten über das glatt rasierte, lächelnde Gesicht und die wie frisch gebügelte Uniform mit den glänzenden Knöpfen bis hinunter zu den sorgfältig polierten Schuhen. »Du hingegen wirkst nach einer Nachtschicht noch wie aus dem Ei gepellt.«
    »Danke.« Stadlers Grinsen wurde noch etwas breiter.
    »Hallo«. Grabbe reichte dem Wasserschutzpolizisten die Hand mit ausgestrecktem Arm und leicht schräger Körperhaltung, als wollte er den weit möglichsten Abstand zu seinem Gegenüber halten. Umso überraschter war er, als Stadler seine Hand festhielt. »Wir hatten ja schon lange nicht mehr das Vergnügen miteinander.« Er nickte Gabi zu. »Dann bis zum nächsten Mal und gute Besserung!«
    »Aber …« Grabbes Hand war zwar wieder frei, aber er sah zu seinem Entsetzen, wie Gabi den Uferhang hoch in Richtung Auto ging. »Das war nicht abgemacht!«, rief er ihr nach.
    »Du kannst doch schwimmen!«, rief sie zurück, ohne sich noch einmal umzudrehen.
    Kaum hatte Grabbe das Deck betreten, machte Stadler die Leinen los und sprang über den zum Landesteg schnell breiter werdenden Spalt an Bord, während das Boot mit aufheulendem Motor flussaufwärts Fahrt aufnahm und dann in einem weiten Bogen auf die Flussmitte zuhielt. Grabbe brauchte ein paar Sekunden, um zu realisieren, was geschah. Von einem Moment zum anderen war er von festem Boden inmitten der Todeszone gelandet. Er, der schon Schwierigkeiten mit jeglicher Art von motorbetriebener Fortbewegung an Land hatte, befand sich auf einmal an Bord des Polizeibootes. Am Ruder stand Stadlers baumlanger Kollege, der bereits vor Jahren das Boot gesteuert hatte, als Grabbe zum ersten und, wie er gehofft hatte, auch zum letzten Mal auf dieser Nussschale durch die aufgewühlte Mosel hatte fahren müssen. Das Boot schaukelte nicht nur vom Bug zum Heck, sondern auch von backbord nach steuerbord. Auch wenn er sich nicht ganz sicher war, ob steuerbord nun links oder rechts war. Das aufgewühlte graubraune Wasser zog Grabbes Blick magisch an.
    »Sie müssen nur in Fahrtrichtung sehen und die Bewegungen des Bootes mitmachen«, sagte Stadler, der sich offenbar noch an Grabbes Problem erinnerte, während er seinem Fahrgast die Tür zum Steuerhaus aufhielt. Grabbe nickte dem Mann am Steuer und dessen Kollegin, die er nicht kannte, zu und suchte vorne am Armaturenbrett Halt, wo er die Hände vor zwei kleinen Monitoren auf dem polierten Holz aufstützte. Der Schlacks im kurzärmeligen weißen Hemd am Ruder schob einen Hebel nach vorn. Das Boot sauste unter der Römerbrücke hindurch und schien dahinter in dem breiten Flussbett langsamer zu werden. Grabbe schaute nur kurz nach rechts zu den beiden historischen Moselkränen und lenkte den Blick gleich wieder in Fahrtrichtung.
    »Wo fahren …«, Grabbe musste sich räuspern. Der Schreck hatte seinen Mund trocken werden lassen. »Wo fahren wir überhaupt hin?«
    »Der Wagen wurde zwischen Quint und Schweich etwa bei Stromkilometer 179 gefunden. Wir konnten die Schifffahrt wieder freigeben. Es gibt dort eine Warnboje, und an den Staustufen Detzem und Feyen und über Kanal eins
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