Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Exil im Kosmos: Roman (German Edition)

Exil im Kosmos: Roman (German Edition)

Titel: Exil im Kosmos: Roman (German Edition)
Autoren: Robert Silverberg
Vom Netzwerk:
gestürzt, wenn sie durch Zone D zu den inneren Bereichen vorgedrungen waren. Er stellte sich die Frage, ob er diese Abwehrmittel auch gegen Menschen gebrauchen würde, wenn sie so weit vorstießen, und hatte keine Antwort. Er hasste die Menschen nicht wirklich; er wollte nichts mit ihnen zu schaffen haben und zog es vor, allein zu sein. Wollten sie ihm diesen bescheidenen Frieden nicht lassen, so fühlte er sich imstande, Eindringlinge auch mit Waffengewalt abzuwehren, obgleich das Moment persönlicher Bedrohung hinzukommen musste.
    Er saß in einer sechseckigen Kammer mit niedriger Decke, wo eine Wand mit aquarienartigen Behältern ausgerüstet war, in denen er verschwommene, dreidimensionale Bilder der äußeren Umwelt sehen konnte. Er hatte länger als ein Jahr gebraucht, herauszufinden, welche Teile des Labyrinths von den einzelnen Bildschirmen wiedergegeben wurden; aber indem er geduldig an immer neuen Orten Markierungen aufgestellt hatte, war es ihm nach und nach gelungen, die trüben Wiedergaben mit der sonnengrellen Wirklichkeit abzustimmen. Die sechs untersten Bildschirme entlang der Wand zeigten ihm Ausschnitte von bestimmten Örtlichkeiten in den Zonen A bis F; die Kameras, oder was immer sie waren, umfassten einen Bereich von 180°, so dass man die gesamte Region um jeden der Zoneneingänge beobachten konnte. Weil jeweils nur ein Eingang Zutritt zur dahinterliegenden Zone gewährte und alle anderen in Sackgassen und tödlichen Fallen endeten, gestatteten die Bildschirme eine wirksame Überwachung des Vordringens jedes umherstreifenden Lebewesens. Was sich bei den falschen Eingängen abspielte, war unwichtig; wer dort Zugang suchte, musste sterben.
    Die Bildschirme sieben bis zehn, in der oberen Reihe, gaben Bilder wieder, die vermutlich aus den Zonen G und H kamen, den äußeren, größten und tödlichsten Zonen des Labyrinths. Müller hatte auf die gefährliche Mühe verzichtet, in diese Zonen zurückzukehren und seine Theorie durch Vergleiche mit der Wirklichkeit nachzuprüfen; er gab sich damit zufrieden, dass die Bilder Aufnahmen von bestimmten Punkten in den äußeren Zonen waren. Die Bildschirme elf und zwölf zeigten offensichtlich die flache Ebene außerhalb des Labyrinths – wo nun ein Raumschiff von der Erde gelandet war.
    Nur wenige der anderen von den verschollenen Erbauern des Labyrinths hinterlassenen Vorrichtungen waren von ähnlich einleuchtender Verständlichkeit. Auf einer steinernen Plattform in der Mitte des zentralen Platzes, geschützt von einem Kristallgewölbe, war ein zwölfseitig geschliffener Stein, ein regelmäßiger Dodekaeder von der Farbe eines Rubins, in dessen Tiefen ein Mechanismus tickte und pulsierte. Müller vermutete, dass es sich um eine Art Uhr handle, die vielleicht mit Sonnenenergie betrieben wurde. Der Stein erfuhr periodisch vorübergehende Veränderungen: dann wurden seine Außenflächen wolkig, nahmen eine dunkelblaue oder sogar schwarze Tönung an, und er drehte sich auf seinem Sockel. Müllers sorgfältige Aufzeichnungen hatten ihm noch keinen Aufschluss über die Bedeutung dieser Veränderungen geben können. Er konnte nicht einmal die Periodenfolge bestimmen und so die nächste fällige Veränderung voraussagen. Die Metamorphosen waren zwar nicht willkürlich, aber das Schema, dem sie folgten, blieb außerhalb seines Verstehens.
    In den acht Ecken desselben Platzes waren metallische Pfosten, die in einer Höhe von etwa sieben Metern spitz zuliefen. Diese überdimensionierten Stacheln drehten sich langsam im Jahreszyklus, also waren sie anscheinend Kalender, die sich in verborgenen Lagern drehten und von einer unbekannten Energiequelle betrieben wurden. Müller wusste, dass sie mit jedem dreißigmonatigen Umlauf des Planeten um seinen orangefarbenen Zentralstern eine ganze Umdrehung machten, aber er glaubte an einen tieferen Sinn dieser schimmernden Masten. Die Suche nach ihm nahm einen großen Teil seiner Zeit in Anspruch.
    In den Straßen der Zone A gab es in regelmäßigen Abständen Käfige mit Deckplatten und Gitterstäben, die allem Anschein nach aus Blöcken eines alabasterartigen Gesteins gehauen waren. Müller sah keine Möglichkeit, diese Käfige zu öffnen; doch zweimal während seiner neun Jahre hier war er morgens hinausgekommen und hatte die Käfige auf jeweils zwei Seiten offen gefunden. Die Gitterstäbe waren von einer unbekannten Kraft in das Steinpflaster abgesenkt worden. Das erste Mal waren die Käfige drei Tage und Nächte offen
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher