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Exil im Kosmos: Roman (German Edition)

Exil im Kosmos: Roman (German Edition)

Titel: Exil im Kosmos: Roman (German Edition)
Autoren: Robert Silverberg
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dass allem Anschein nach er allein das Herz des Labyrinths erreicht hatte; aber es heiterte ihn nicht auf, an die Vielfalt intelligenter Wesen im Universum zu denken. Er hatte genug von denkender Intelligenz, ob sie der Erde oder einer anderen Welt entstammte.
    Die Unstimmigkeit, dass diese Knochen und Skelette innerhalb des Labyrinths auf den Straßen und Plätzen herumlagen, war ihm erst nach Jahren zu Bewusstsein gekommen. Er wusste, dass die unterirdischen Mechanismen der Stadt unablässig arbeiteten und alles wegräumten, von Sandkörnern und Staubpartikeln bis zu den Gerippen der Tiere, die seine Nahrung waren. Doch die Skelette der erfolglosen Eindringlinge blieben liegen, wo sie waren. Warum diese Verletzung der Regel? Warum wurde der Kadaver eines elefantengroßen Tiers, das in eine Energiefalle getappt war, fortgeräumt, während die Reste eines toten Drachens vor derselben Falle liegenblieben? Müller glaubte die Antwort zu wissen: weil der Drache Schutzkleidung trug, also intelligent war. Die Leichen intelligenter Wesen wurden absichtlich liegengelassen.
    Als Warnung. DIE IHR HIER EINTRETET, LASST ALLE HOFFNUNG FAHREN!
    Diese Skelette waren Teil der psychologischen Kriegführung dieser diabolischen Stadt gegen alle intelligenten Eindringlinge. Sie waren Mahnmale der überall lauernden Gefahren. Wie der Straßenkehrmechanismus zu der subtilen Entscheidung gelangte, welche Körper liegenbleiben und welche fortgeschafft werden sollten, wusste Müller nicht; aber er war überzeugt, dass in jedem einzelnen Fall eine solche Entscheidung getroffen wurde.
    Er beobachtete seine Bildschirme. Er betrachtete die winzigen Gestalten, die sich auf der Ebene vor dem Schiff bewegten.
    Lass sie kommen, dachte er. Die Stadt hat seit Jahren kein Opfer gehabt. Sie wird sich ihrer annehmen. Ich bin sicher, wo ich bin.
    Und er wusste, dass sie, selbst wenn sie wunderbarerweise zu ihm vordrängen, nicht lange bleiben würden. Seine spezielle Krankheit würde sie vertreiben. Sie mochten schlau genug sein, mit einigen Verlusten die Tücken des Labyrinths zu meistern, aber sie konnten das Leiden nicht aushalten, das Richard Müller für seinesgleichen unerträglich machte.
    »Verschwindet!«, sagte er laut.
    Er hörte das Schwirren von Rotorblättern und trat aus seiner Behausung, um zu sehen, wie ein dunkler Schatten über den Platz huschte. Sie versuchten das Labyrinth aus der Luft auszukundschaften. Eilig zog er sich wieder zurück und lächelte dann über seinen Impuls, sich zu verstecken. Sie konnten ihn natürlich ausmachen, wo immer er sich aufhielt. Ihre Detektoren und Bildschirme würden ihnen sagen, dass ein menschliches Wesen im Labyrinth hauste. Und dann würden sie selbstverständlich versuchen, Kontakt mit ihm zu bekommen, obwohl sie nichts von seiner Identität wissen würden. Danach …
    Müller erschrak über ein plötzliches Verlangen sie zu sehen. Wieder mit Menschen zu sprechen. Seine Isolation zu durchbrechen.
    Er wollte sie hier.
    Nur für einen Augenblick. Auf den momentanen Durchbruch der Einsamkeit folgte die Rückkehr der Vernunft – die ernüchterte Erkenntnis, wie es sein würde, noch einmal seinesgleichen gegenüberzutreten. Nein, dachte er. Bleibt draußen. Macht euch fort.

Kapitel 5
     
    »Hier unten muss er sein, Ned«, sagte Boardman. »Die richtige Masse, die richtige Dichte, alles stimmt. Ein lebendiger Mensch, und das muss Müller sein.«
    »Im Zentrum des Labyrinths«, sagte Rawlins sinnend. »Er hat es also wirklich geschafft!«
    »Irgendwie«, meinte Boardman, über die Anzeigen des Detektors gebeugt. Aus tausend Metern Höhe war die Struktur der inneren Stadt klar zu überblicken. Er konnte acht verschiedene Zonen ausmachen; jede mit ihrer eigenen charakteristischen Architektur; die Plätze und Promenaden, die verwinkelten Häuser und Mauern, das unübersichtliche Gewirr der Straßen und Gassen und Passagen. Die Zonen lagen wie unregelmäßig konzentrische Ringe ineinander, und im Zentrum der Kernzone war ein großer Platz. In einer niedrigen Gebäudereihe am Ostrand dieses Platzes hatte er Müller ausgemacht. Was Boardman nicht entdecken konnte, war irgendeine offenkundige Passage zwischen den verschiedenen Zonen. An Sackgassen mangelte es nicht, aber selbst aus der Luft war die wirkliche Route nicht einmal annähernd zu verfolgen; wie mochte es erst sein, wenn man sich auf dem Boden des Labyrinths durcharbeiten musste?
    Die Luftinspektion ließ Boardmans erste Hoffnungen zuschanden
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