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Exil im Kosmos: Roman (German Edition)

Exil im Kosmos: Roman (German Edition)

Titel: Exil im Kosmos: Roman (German Edition)
Autoren: Robert Silverberg
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Hinterhalt zu schießen, damit er in seiner Konzentration auf das Beutetier nicht einem anderen, gefährlicheren Lebewesen zum Opfer fiele. Mit dem Stoßsporn an der Ferse seines linken Stiefels untersuchte er die Mauer hinter sich. Sie war solide, keine Falle, die plötzlich zurückklappte, um ihn zu verschlingen. Gut. Müller lehnte sich an den kühlen, polierten Stein. Sein linkes Knie ruhte auf dem Pflaster. Er kauerte geduldig und völlig entspannt in seinem Winkel. Vielleicht drei Minuten vergingen. Der Massendetektor fuhr fort zu summen, was bedeutete, dass seine Beute innerhalb eines Radius' von hundert Metern blieb; allmählich verstärkte sich das Summen mit der Zunahme thermischer Ausstrahlung. Müller war am Rand eines weiten, von Mauern, Bögen, Vorsprüngen und Einmündungen unübersichtlich eingegrenzten Platzes, und alles, was auf die freie Fläche herauskäme, würde ein leichtes Ziel für ihn sein. Müller jagte an diesem Abend in Zone E des Labyrinths, dem fünften Sektor vom Zentrum auswärts – und einem der gefährlichsten. Er ging selten über die relativ harmlose Zone D hinaus, aber irgendeine leichtsinnige Anwandlung hatte ihn heute in Zone E gelockt. Seit er seinen Weg ins Labyrinth gefunden hatte, hatte er nie wieder G oder H riskiert und war nur zweimal bis F vorgedrungen. Nach Zone E kam er vielleicht fünfmal im Jahr.
    Voraus und zu seiner Rechten erschien ein dreigeteilter Schatten, und der Summton des Detektors näherte sich maximaler Intensität. Einen Augenblick später sah Müller sein Opfer. Das Tier hatte die Größe eines Schäferhundes, war von graugelber Farbe, gebuckelt und hässlich, ein unverkennbarer Fleischfresser. In seinen ersten Jahren hier hatte Müller die Fleischfresser nicht gejagt, weil er geglaubt hatte, ihr Fleisch würde nicht schmackhaft sein. Er hatte sich auf die einheimischen Gegenstücke zu Rindern und Schafen spezialisiert – sanftmütige Huftiere, die auf grasüberwucherten Plätzen und verwilderten Grünflächen weideten. Erst als er dieser gleichförmigen Kost überdrüssig geworden war, hatte er eins von den zähnestarrenden, krallenbewehrten Wesen erlegt, die den Pflanzenfressern nachstellten, und zu seiner Überraschung war das Fleisch ausgezeichnet gewesen. Er sah das Tier auf den Platz hinausschleichen. Die spitze Schnauze zuckte; Müller konnte die schnüffelnden Geräusche in seinem Hinterhalt hören. Aber die Witterung des Menschen sagte diesem Tier nichts.
    Mit ausgreifenden, doch irgendwie plump wirkenden Schritten tappte der Fleischfresser hierhin und dorthin, immer wieder den Kopf hebend und geräuschvoll schnüffelnd. Müller drehte am Einstellring seiner Energiewaffe, bis die Ausschussöffnung nadelfein verengt war, dann zielte er sorgfältig auf die Stelle, wo die Halswirbel in den Schädel eintraten.
    Ein Schuss genügte. Das Tier brach zusammen. Müller verließ seinen Winkel und ging mit raschen, vorsichtigen Schritten zu seiner Beute. Er zog sein Messer und löste ein saftiges Stück Fleisch aus dem Buckel über den Schultern. Die Hinterkeulen lieferten ihm zwei weitere bevorzugte Stücke. Er tat alles in seinen Rucksack und steuerte die Zickzackstraße an, die den einzigen sicheren Zugang zum Kern des Labyrinths darstellte. In etwas weniger als einer Stunde konnte er in seinem Quartier im Herzen der Zone A sein.
    Er war halb über den Platz, als er ein ungewohntes Geräusch hörte.
    Er verhielt, blickte zurück. Drei merkwürdig hoppelnde kleine Geschöpfe liefen auf den verlassenen Kadaver zu. Aber das Krabbeln der Aasfresser war nicht, was er gehört hatte. Bereitete das Labyrinth eine neue Teufelei vor? Das Geräusch war ein tiefes Grollen gewesen, begleitet von einem heiseren Dröhnen in den mittleren Frequenzen, zu anhaltend für das Gebrüll eines großen Tieres. Es war ein Geräusch, das Müller bisher nicht gehört hatte.
    Nein: ein Geräusch, das er hier noch nicht gehört hatte. Sein Gedächtnis registrierte es als irgendwie bekannt. Er grübelte. Das Geräusch war vertraut. Dieses doppelte, sich allmählich in der Ferne verlierende Dröhnen – was war es?
    Das Geräusch war rechts hinter ihm gewesen, so schien es.
    Müller spähte in die Richtung und sah nur die dreifache Kaskade des inneren Walls mit ihren stufenförmigen Rängen aus bräunlich glitzerndem Quarz. Über diesem Wall? Er sah in den sternklaren Himmel: der Affe, die Kröte, die Waage.
    Müller erinnerte sich jetzt an das Geräusch.
    Ein Schiff; ein
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