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Exil im Kosmos: Roman (German Edition)

Exil im Kosmos: Roman (German Edition)

Titel: Exil im Kosmos: Roman (German Edition)
Autoren: Robert Silverberg
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werden. Er begriff jetzt, dass ein Durchkommen so gut wie unmöglich war. Er kannte die Berichte der früheren Entdecker und Forscher, die am Labyrinth gescheitert waren. Er hatte jede verfügbare Information gesammelt und mitgebracht, und keine von ihnen war ermutigend, wenn man von der einen unwahrscheinlichen, doch unumstößlichen Tatsache absah, dass Richard Müller den Weg ins Innere gefunden hatte.
    Rawlins sagte: »Vielleicht finden Sie meine Frage naiv, aber warum gehen wir nicht einfach hier über dem Zentralplatz nieder und landen die Maschine?«
    »Ich werde es Ihnen zeigen«, sagte Boardman.
    Er drückte eine Taste. Eine Spionsonde löste sich vom Bauch der Maschine und segelte auf die Stadt herab. Boardman und Rawlins folgten der Flugbahn des grauen Metallkörpers, bis er zwanzig oder dreißig Meter über den Dächern der Stadt angelangt war. Durch das Facettenauge der Sonde hatten sie einen scharfen Blick auf einen Sektor der näherrückenden Stadt, sahen Mauerwerk und die feinen Fugen zwischen den Steinplatten des Pflasters. Plötzlich verschwand die Sonde. Es gab einen kurzen Lichtblitz, eine grünliche Rauchwolke – und dann nichts mehr.
    Boardman nickte. »Nichts hat sich geändert. Es gibt immer noch ein schützendes Feld über dem ganzen Ding. Alles verpufft darin zu Rauch.«
    »Sogar ein Vogel, der zu nahe …«
    »Auf Lemnos gibt es keine Vögel.«
    »Regentropfen, dann. Was immer auf die Stadt fällt.«
    »Lemnos kriegt keinen Regen«, antwortete Boardman missmutig. »Jedenfalls nicht auf diesem Kontinent und in diesen Breiten. Das einzige, was dieses Feld am Eindringen hindert, sind Fremde. Wir wissen es seit der ersten Expedition. Ein paar tapfere Männer verhalfen uns auf Kosten ihres Lebens zur Kenntnis über dieses Feld.«
    »Haben sie es nicht zuerst mit einer Sonde versucht?«
    Lächelnd sagte Boardman: »Wenn Sie inmitten einer Wüste auf einer absterbenden Welt eine tote Stadt finden, dann erwarten Sie nicht, bei der Landung in ihrem Innern zu explodieren. Es ist ein verzeihlicher Fehler gewesen – nur verzeiht Lemnos keinen Fehler.«
    Die Maschine ging tiefer und folgte eine Weile den Ringen der Außenwälle; dann stieg sie wieder und überflog langsam die Stadt, während Aufnahmen gemacht wurden. Das fehlfarbene Sonnenlicht blitzte auf einem von Spiegeln eingefassten Platz. Boardman fühlte Müdigkeit und Ungeduld. Wieder und wieder überflogen sie das Labyrinth in einem programmierten Muster, und er wünschte sich verdrossen, dass ein plötzlicher Blitzstrahl von diesen Spiegeln hochschießen und sie auf der Stelle einäschern würde, damit ihm die Mühe erspart bliebe, diesen Auftrag auszuführen. Er hatte die Lust an Detailarbeit verloren, und zu viele Details standen zwischen ihm und seinem Ziel hier. Es hieß, dass Ungeduld ein Zeichen von Jugend sei, dass alte Männer bedächtig und überlegt ihr Garn spinnen und ihre Pläne vorbereiten könnten, aber irgendwie fand Boardman, dass er sich nach einer raschen Erledigung dieses Auftrags sehnte. Am liebsten hätte er irgendeinen metallenen Transportroboter auf Schienen durch das Labyrinth sausen, Müller ergreifen und herauszerren lassen. Dem Mann sagen, was von ihm verlangt wurde, und ihm die Zustimmung abringen. Dann rasch zur Erde zurück.
    Kapitän Hosteen, der das spätere Vordringen ins Labyrinth leiten sollte, kam nach achtern. Er war ein kleiner, dicklicher Mann mit flacher Nase und kupferbrauner Haut und ging so schlampig gekleidet, dass es aussah, als würde die offene Uniform ihm jeden Moment von den Schultern rutschen. Aber Boardman wusste, dass er ein guter Mann war, bereit, sein eigenes Leben zu opfern, um in dieses Labyrinth zu kommen.
    Hosteen gab Boardman einen Blick und fragte: »Neuigkeiten?«
    »Keine.«
    »Die Aufnahmen sind gemacht. Sollen wir umkehren?«
    »Ich bin dafür«, seufzte Boardman. Er sah Rawlins an. »Oder haben Sie noch etwas, das Sie gern nachprüfen würden, Ned?«
    »Ich? Ah – nein. Das heißt, ich dachte eben, ob wir überhaupt in dieses Labyrinth hineingehen müssen? Ich meine, könnten wir Müller nicht irgendwie herauslocken und außerhalb der Stadt mit ihm reden?«
    »Nein.«
    »Würde es nicht zu machen sein?«
    »Ausgeschlossen«, sagte Boardman. »Erstens würde Müller nicht herauskommen, wenn wir ihn darum bäten. Er ist ein Misanthrop. Er hat sich hier vergraben, um von der Menschheit nichts zu sehen und nichts zu hören. Warum sollte er sich mit uns unterhalten? Zweitens
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