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Ewiglich die Hoffnung

Ewiglich die Hoffnung

Titel: Ewiglich die Hoffnung
Autoren: B Ashton
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er mich losließ, waren an meinem Arm weiße Abdrücke von seinen Fingern zu sehen. Ich konnte nicht fassen, wie stark er war. Ich hatte mir immer vorgestellt, wie er all die Jahre in den Tunneln schwächer und schwächer wurde. Aber bis auf den kleinen Schwächeanfall vorhin wirkte er jetzt kräftiger denn je.
    Und massiger.
    Ich konnte mir das nicht erklären. In der Oberwelt war nichts passiert, das ihn so hatte werden lassen. Er war schon so zurückgekommen. Was war in den Tunneln geschehen?
    Ich schüttelte den Kopf angesichts der vielen unbeantworteten Fragen. Immerhin hatten wir jetzt Zeit, über einiges nachzudenken. Ich holte rasch einen Waschlappen, ein Handtuch und eine Schüssel heißes Wasser und eilte zurück in mein Zimmer. Jacks Augen waren noch immer geschlossen. Ich setzte mich auf die Bettkante, tauchte den Lappen ins Wasser und fing mit seiner Stirn an. Allmählich kamen seine Gesichtszüge zum Vorschein.
    »Hallo, da bist du ja wieder«, sagte ich.
    Er lächelte. »Hi.«
    »Ich kann noch immer nicht richtig glauben, dass du wieder da bist. Gestern war ich mir sicher, dass nichts je wieder gut werden würde. Und jetzt bist du da.«
    »Was ist denn gestern passiert?«
    Ich schüttelte den Kopf, scheute mich, ihm von Mrs Jenkins’ furchtbarem Tod zu erzählen. »Das kann warten. Aber eines ist wirklich dringend.«
    »Was denn?«
    »Deine Mom. Sie hat einen Privatdetektiv engagiert, der dich finden soll. Du musst zu ihr. Damit sie weiß, dass es dir gut geht.«
    »Wir gehen zusammen zu ihr.«
    Ich dachte an meine letzte Begegnung mit seiner Mom. Auf Jacks Abschlussfeier. Es kam mir vor, als wäre es eine Ewigkeit her, aber sie konnte sich bestimmt noch gut daran erinnern. »Du solltest besser allein gehen. Ich glaube, sie würde dich lieber … ohne mich sehen.«
    »Ich lass dich nicht allein.«
    »Ehrlich, es wäre besser –«
    Er packte meine Hand, so schnell, dass ich die Bewegung kaum mitbekam. »Ich. Lasse. Dich. Nicht. Allein.«
    Ich verzog das Gesicht. »Okay. Aber … drück nicht so fest.« Ich zog seine Finger von meiner Hand weg, um die Blutzirkulation wieder in Gang zu bringen.
    »Entschuldige, Becks.«
    Ich lächelte. »Wie gesagt, du bist um einiges kräftiger.«
    Ich rief Will an und fragte, ob seine Mom zu Hause sei. Als er bejahte, sagte ich, ich würde gleich zu ihnen rüberkommen. Mehr verriet ich nicht.
    Sobald wir vor dem Haus ausgestiegen waren, ging Jack auf die Vordertür zu. Ich blieb zurück und lehnte mich gegen meinen Wagen.
    »Komm schon, Becks.«
    Er streckte mir seine Hand entgegen. Ich schüttelte den Kopf. »Deine Familie hat dich erst mal allein verdient. Glaub mir. Ich warte hier.«
    Er blickte unsicher, klopfte dann aber trotzdem an. Die Tür schwang auf, und dann umarmte Will seinen kleinen Bruder stürmisch. Jack war schon immer etwas größer als Will gewesen, doch jetzt überragte er ihn mindestens um einen Kopf.
    Mrs Caputo kam an die Tür, und als sie ihren verlorenen Sohn in die Arme schloss, liefen ihr Tränen übers Gesicht.
    Will hob die Hand in meine Richtung, und ich winkte zurück. Die drei standen im Kreis, die Arme umeinander gelegt. Es war ein unglaublich rührender Anblick. Ich wusste nicht, was Jack seiner Mom sagen würde, wo er gewesen war. Das lag ganz bei ihm.
    Ich ging ein paar Schritte die Straße hinunter und bog dann um die nächste Ecke. Die drei sollten sich nicht dadurch gestört fühlen, dass ich da draußen stand.
    Ich spazierte durch die Nachbarschaft und ließ mir die Ereignisse der letzten zwei Tage durch den Kopf gehen. Wie hatte das alles passieren können? Warum war es so ausgegangen?
    Gestern hatte ich gedacht, meine Welt wäre völlig aus den Fugen geraten. Und jetzt … Ja, Mrs Jenkins war tot. Aber ich hatte nichts damit zu tun. Vielleicht hatte sie wegen ihrer Verbindung zu den Töchtern Persephones sterben müssen. Aber dafür konnte ich nichts. Ich war keine Bedrohung für die Königin. Ich war ein Mensch, und ich würde auf unabsehbare Zeit nicht mehr ins Ewigseits gehen.
    Nur was war mit Cole? Wo war er hin? Hatte er das Ganze so geplant?
    Und falls ja, wo war er jetzt? Wusste er, wie sich alles entwickelt hatte? Nein. Dann wäre er schon längst in meinem Zimmer aufgetaucht, um sich damit zu brüsten, wie viel er für mich geopfert hatte, und um eine Art Rückzahlung zu verlangen.
    Oder nicht?
    Was, wenn sein Verschwinden ein Anzeichen für etwas Schlimmeres war? Ich hatte ihn zuletzt in den Tunneln gesehen.
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