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Ewige Schreie

Ewige Schreie

Titel: Ewige Schreie
Autoren: Jason Dark
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Unten lag die kleine Küche. Die betrat er zuerst. Aufgeräumt war sie wie immer. Nur die nachträglich eingebaute Schiebetür zum Wohnzimmer stand offen. Durch das Fenster an der Nordseite fiel ein langer Streifen des abendlichen Sonnenlichts und malte ein helles Muster auf die Möbelstücke. Eine Vase mit frischen Blumen stand auf dem Tisch. Es war aufgeräumt und eigentlich wie immer.
    Nur eine fehlte - seine Frau!
    Wo konnte sie stecken? Das war die große Frage, die ihn quälte. Vielleicht bei der Nachbarin, oder war sie einkaufen gegangen? Nein, da hatte sie den Tag über Zeit, denn sie arbeitete nicht, und Kinder hatten sie auch keine.
    Gladys' Fehlen war schon ungewöhnlich.
    Ob etwas passiert war? Als der Mann daran dachte, wurde ihm kalt. Er schüttelte sich und merkte, daß seine Hände heftig anfingen zu zittern. Die Schweißausbrüche wurden stärker, und er warf mit Schwung seine Jacke über einen Sessel, wo sie liegenblieb.
    Egal, was geschehen war, er mußte Gladys suchen.
    James McMullogh machte sich augenblicklich an die Arbeit. Im Wohnraum steckte sie nicht. Auch nicht auf der kleinen Toilette links neben der Eingangstür, dann konnte sie, falls sie sich im Haus aufhielt, eigentlich nur oben sein.
    Dort wollte er jetzt nachschauen.
    Die Treppe war aus Holz. Er hatte sie nicht abreißen lassen, als er das Haus nach dem Kauf umbaute. Gladys hatten die alten Stiegen so gut gefallen.
    Etwas schwerfällig stieg James McMullogh die Stufen hoch. Seine linke Hand lag auf dem Geländer und hinterließ dort, wo sie das Holz berührt hatte, einen Schweißfilm.
    Als er die erste Etage erreichte, sah er die offenen Türen. Aus den Zimmern strömte das Sonnenlicht bis in den winzigen Flur und traf auch die ausgefahrene Leiter, die nach oben zum Dach führte. Das war seltsam.
    James McMullogh blieb neben der Leiter stehen und fuhr mit seiner rechten Hand über das Kinn, wo sich die bläulichen Bartstoppeln im Lauf des Tages kräftig vermehrt hatten. Die Leiter war an sich nie ausgefahren. Sollte sich seine Frau oben auf dem Speicher aufhalten? Wenn ja, warum hatte sie sich dann nicht gemeldet, schließlich hatte er laut genug gerufen.
    Er rief noch einmal den Namen seiner Frau. So laut wie zuvor, aber er bekam keine Antwort.
    James McMullogh beschloß, sich persönlich zu überzeugen. Wenn er seine Frau auf dem Speicher nicht fand und auch nicht im Keller, dann wußte er nicht, wo er noch suchen sollte.
    Entschlossen stieg er die Leiter hoch.
    Diese Stufen waren nicht so stabil wie die der Treppe, sie bogen sich unter seinem Gewicht durch, das Holz bewegte sich und knarrte. Schon auf halber Höhe spürte McMullogh die Hitze. Als Schwall kam sie von oben und drang gegen ihn. Als er weiter ging, nahm sie ihm fast die Luft.
    Auf dem Speicher war es noch heißer. Hier hatte sich die Wärme gestaut, sie stand wie eine Wand. Dem Mann fiel es schwer, Luft zu holen und die letzten beiden Sprossen hinter sich zu lassen. Er mußte noch den Kopf einziehen, um nicht gegen die ersten schräg stehenden Balken zu stoßen.
    Ein letztes Nachziehen seines rechten Beins, dann stand er auf dem Speicher und schaute sich um.
    Seine Frau und er hatten das Haus zwar nach dem Kauf umgebaut, doch den Speicher so gelassen, wie er war. Das Geld reichte einfach nicht mehr, und von der Bank wollten sie nicht extra etwas aufnehmen. Deshalb fehlte die Isolierung, und es waren auch noch die alten Fenster vorhanden.
    Kleine Fenster, mehr als Luken zu bezeichnen. Vier gab es insgesamt davon, allerdings ließen sie nicht die Menge an Licht durch, die nötig war, um den Speicher auszufüllen.
    Es gab noch eine ziemlich dunkle Ecke. An der Nordostseite, wo ein Giebel ausgebaut worden war.
    Die Luft kam ihm vor wie flüssiges Blei. McMullogh riß den Mund auf, atmete schwer und bog seinen steifen Rücken durch. Der Schweiß strömte aus seinen Poren, er war naß bis auf den letzten Hemdfetzen, und er drehte sich langsam auf der Stelle, damit er in jeden Winkel des Speichers schauen konnte.
    Leere Regalbretter, ein altes Sideboard, ein paar Übertöpfe für Blumen, die verschlissenen Koffer, das war alles.
    Oder?
    Er schaute genauer in die Ecke, die am wenigsten Licht bekam. Bewegte sich dort nicht etwas? Eine Gestalt vielleicht?
    Sein Herz klopfte plötzlich schneller. Er hörte die Echos im Hirn. James wollte den Namen seiner Frau rufen, die Laute erstarben aber auf seinen Lippen.
    Langsam ging er näher.
    Jeden Schritt hörte er. Obwohl er die
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